TSpätzle und Co.: Gastwirt überzeugt in der Region mit süddeutscher Küche

Sie sind der Klassiker in der schwäbischen Küche - die Spätzle. Heinz Armbruster bereitet sie am liebsten selbst zu. Foto: rp
Wer hätte gedacht, dass süddeutsche Küche im Kreis Cuxhaven so begeistern kann? Heinz Armbruster trotzt Skeptikern und überzeugt seit 25 Jahren mit Kreativität und regionalen Zutaten.
Bad Bederkesa. Ein eigenes Restaurant im Norden? Hätte man Heinz Armbruster das vor Jahren erzählt, hätte er vermutlich mit dem Kopf geschüttelt und gelacht. Inzwischen führt er seit mehr als 25 Jahren gemeinsam mit seiner Frau Astrid Irlacher das Restaurant Dobbendeel in Bad Bederkesa. Und er genießt jeden Tag aufs Neue den Blick auf den Beerster See – und seinen Beruf.
„Koch ist noch immer der beste Beruf der Welt“, betont Armbruster mit Nachdruck in der Stimme. „Man kann so viel ausprobieren und sich immer weiterentwickeln.“ Dabei war es anfangs keineswegs sein Traumberuf.
Aufgewachsen ist Armbruster im Schwarzwald. „Dort hat man drei Möglichkeiten: Man geht in die Automobilindustrie, ins Handwerk oder in die Gastronomie“, sagt der 54-Jährige. Sein Vater war Maurer: „Bei einem Praktikum auf dem Bau habe ich schnell gemerkt, dass ich das auf keinen Fall möchte“, erinnert sich Heinz Armbruster an die körperlich harte Arbeit. Auch die Automobilindustrie sollte es nicht sein. „Also blieb die Gastronomie.“
Im Öko-Hotel in Freiburg lernte er seine Frau kennen
Mit 15 Jahren begann Heinz Armbruster die Lehre in einem kleinen Gasthof direkt im Ort. Gutbürgerlich habe er dort gekocht, bevor er später in Freiburg auch die Haute Cuisine kennenlernte. In einem Öko-Hotel in Freiburg lernte er seine heutige Frau, Astrid Irlacher, kennen: Sie stammt aus Bad Bederkesa, machte während ihres Studiums ein Praktikum an der Rezeption. Er arbeitete in der Küche – und entwickelte nicht nur zunehmend Spaß am nachhaltigen Kochen, sondern verliebte sich auch. Das Paar zog erst nach München, später wieder nach Freiburg, bekam zwei Kinder.
„Irgendwann fragten die Schwiegereltern, ob wir nicht nach Bad Bederkesa kommen möchten.“ Und da der Wohnungsmarkt in Freiburg zu dieser Zeit schwierig war, folgte das Paar dem Ruf in den Norden. „Mein Schwiegervater hat gesagt: Du kannst das Restaurant sofort übernehmen. Also haben wir den Schritt gewagt.“
Sein Schwerpunkt: die süddeutsche Küche
1997, da war Heinz Armbruster 27 Jahre alt, übernahm er das Restaurant des Schwiegervaters: „Mir war sofort klar, dass ich mich der süddeutschen Küche widmen möchte“, sagt Armbruster. Sofort schaffte er eine Nudelmaschine an, die bis heute in der Küche steht. „Nudeln machen glücklich“, heißt es dazu heute in der Speisekarte. Auch die Spätzle schabt er selbst: Den schwäbischen Klassiker bereitet er traditionell mit dem Spätzle-Brett zu.
Für die Gäste war die süddeutsche Küche anfangs „gastronomisches Neuland“, weiß Armbruster heute. Ja, er habe angesichts der Reaktionen der Einheimischen anfangs gezweifelt, nicht gewusst, ob es funktionieren kann: „Die Gäste waren skeptisch, gar geschockt, wenn ich ihnen etwa Fisch mit Nudeln serviert habe“, erinnert sich Armbruster. „Man hat damals schon einen großen Unterschied zwischen den Süddeutschen und den Norddeutschen gemerkt…“
Doch Armbruster ließ sich nicht beirren: „Mein Schwiegervater hat mir freie Hand gelassen, darüber war ich sehr froh“, sagt er. „Heute kommt er gelegentlich und schaut, was wir machen. Aber das ist eine völlig andere Welt als früher.“
Gekocht wird mit regionalen Produkten
In der Küche setzte der Koch von Anfang an auf regionale Produkte. „Damals war es schwierig, Zulieferer zu finden.“ Heute bezieht er Ziegenkäse aus Neubachenbruch, Pilze aus Midlum und Fleisch vom Metzger in Sandstedt, der das Fleisch von Tieren aus der näheren Umgebung verarbeitet.
Die Kartoffeln wachsen im Ebersdorfer Boden, das Gemüse wächst in Nordleda oder Bremen. Regionalität und Nachhaltigkeit sind ihm wichtig. „Spargel gibt es nur, wenn wirklich Spargelzeit ist. Nicht, wenn jemand seinen 80. Geburtstag im November feiert“, betont Armbruster.
Vegetarische und vegane Köstlichkeiten
Inzwischen stehen im Dobbendeel viele vegetarische und vegane Gerichte auf der Karte. Eines ist dem Küchenchef aber wichtig: „Der Gast soll sich immer entscheiden können. Ich möchte niemandem etwas vorschreiben“, betont der Koch. Im Dobbendeel essen Familien, weil die Oma ihren Limandes, der Opa sein Schnitzel und die Enkelin ihr veganes Essen bekommt, erläutert er.
Ein schmackhaftes veganes Gericht auf den Teller zu bringen, verlange Kreativität. „Das gibt mir die Chance, auch mal was ganz anderes auszuprobieren. Da kann man sich weiterentwickeln“, sagt Heinz Armbruster, während er Gemüse-Couscous an Curry-Kokos-Creme mit eingelegtem Rettich, gegrillter Ananas und Kräuterseitlingen auf dem Teller drapiert.
Auf dem nächsten Teller richtet sein Kollege unterdessen Rosmarinkartoffeln, Rotkohlsalat, Edamame-Bohnen, gebackenen Blumenkohl, Rucola und Rote-Bete-Hummus an. Fehlt nur noch der eingelegte Tofu. „Mit Tofu kann ich persönlich nicht viel anfangen“, gesteht Armbruster, während er den Fleischersatz mit Öl, Zitrone und Rosmarin kurz anbrät. „Aber das Wichtige ist, dass es dem Gast schmeckt.“
Den selbst gemachten Rote-Bete-Hummus isst auch der Koch selbst gerne: „Den finde ich wirklich lecker. Das hätte ich vor Jahren auch nicht gedacht“, schwärmt Armbruster. Genau das sei die schöne Herausforderung: „Ich kann mich weiterentwickeln“, sagt Armbruster.
Ein wenig bedauert er, dass sich viele Gäste nicht trauen, mal etwas Neues zu wagen. „Oft bestellen sie das, was sie schon zigmal gegessen haben und kennen. Dieser Sicherheitsaspekt ist ein wenig schade“, sagt der Koch, während er Rucola-Salat mit gebackenem Ziegenkäse, Schnittlauch-Schmand und gehobeltem Heumilchkäse auf einem Teller anrichtet. Er hofft auf „mehr Lust auf Genuss“ bei seinen Gästen.
Leckere Alternativen ohne tierische Produkte
„Leckere Alternativen ohne tierische Produkte herzustellen, ist gar nicht so schwierig“, ist Armbruster überzeugt. „In der klassischen Kochausbildung spielt so etwas aber keine Rolle.“ Von einer rein veganen und vegetarischen Kochlehre hält er wenig: „Man bekommt große Probleme im Ausbildungsbereich, wenn gewisse Dinge nicht gelernt werden“, sagt der Küchenchef, der auch ausbildet.
Während seiner Lehre hat er selbst in der Schlachterei im Dorf mitgeholfen – um sich etwas dazuzuverdienen: „Vor allem wollte ich aber wissen, wie alles funktioniert. Ich fand es spannend, die Zusammenhänge zu verstehen.“
Ein Faible für Spielereien
Der nächste Teller ist bereit: Der Gast hat sich für Fisch mit Rosmarinkartoffeln, zweierlei Pesto und Karottenschaum entschieden. „Ich habe ein Faible für Spielereien wie Gemüseschaum“, gesteht Heinz Armbruster mit einem Augenzwinkern.
Und so wird das ein oder andere Gericht auch mal mit Kartoffelscheiben dekoriert, die zuvor mit Asche bei 75 Grad sechs Stunden lang im Dörrautomaten gegart wurden – und als schwarzes Objekt auf dem Teller landen. „Die Kartoffeln schälen, kochen und braten wir für alle Gerichte selbst“, betont Armbruster. Ihm ist auch die Handarbeit sehr wichtig. Er weiß aber auch: „Viele Betriebe können sich das nicht mehr leisten, weil sie nicht genügend Leute haben.“
Kreativität und Handarbeit
Auf dem Herd köchelt unterdessen eine Rahmsuppe aus Krabben: „Bevor ich hierhergezogen bin, war mir klar, dass man Krabben essen kann. Aber dass man eine geile Suppe daraus machen kann…Das ist schon toll“, schwärmt Armbruster, während er die Suppe abschmeckt.
Der Koch hat noch immer Spaß bei der Arbeit: „Wenn ich etwas schön anrichte und drapiere und der Teller dann völlig leer zurückkommt, dann ist das für mich das Entscheidende. Dann bin ich sehr zufrieden. Das ist für den Koch besser als jedes ausgesprochene Lob.“