TSpektakel: Wie dem Schloss Agathenburg ein echter Clou gelungen ist

Nach der Montage geht es für Künstler Christian Jankowski mit dem Steiger zu seinem Luftschloss, das jetzt auf dem Dach des einstigen Adelssitzes in Agathenburg thront. Foto: Weselmann
Die Ausstellungseröffnung am Sonnabend auf Schloss Agathenburg steht im Zeichen eines weithin sichtbaren Luftschlosses. Schon die Montage war ein spektakuläres Ereignis und alles andere als ein Kinderspiel.
Agathenburg. Zwei Tage vor der Ausstellungseröffnung ist das ganze Schloss schon morgens früh in Aufregung. Auf dem Vorplatz parkt ein großer Steiger und an einem Transporter lehnt die aus roten Neonröhren geformte Schloss-Silhouette von Künstler Christian Jankowski.
Bis in die Nacht hat Licht- und Neonglasbläser Uwe Winderlich von der Berliner Firma Kaiser-Brockmann an dem 2,50 mal 2,50 Meter großen Werk noch zu tun gehabt. Nun sichert er die auf einem Edelstahlgerüst montierten Lichtröhren - wegen Gewicht und Empfindlichkeit in diesem Fall aus Kunststoff - noch mit Silikon. Er arbeitet schon lange für Christian Jankowski und hat alle Neon-Installationen des international renommierten Künstlers gefertigt.
Künstler Jankowski ist zum Aufbau-Spektakel angereist
Bei der Montage von seinem Luftschloss kann er nur zuschauen, aber das Spektakel lässt sich Christian Jankowski nicht entgehen und ist extra früh aus Berlin angereist. Denn seine Lichtkunst bekommt einen wahrlich herausragenden Platz hoch oben auf dem Schlossdach.
In dem historischen Gebäude wurde manch außergewöhnliches Werk präsentiert. Aber so etwas gab es hier tatsächlich noch nie, und die Umsetzung war alles andere als ein Kinderspiel.
Die drei beteiligten Gewerke mussten ihre Arbeit aus der Ferne koordinieren, dazu brauchte es eine enge Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz. Dessen Zustimmung und großzügige Mittel von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung in Kombination mit der Kreissparkasse Stade haben das Vorhaben überhaupt erst ermöglicht.
Leuchtendes Luftschloss ist 35 Kilo schwer
Bevor das 35 Kilogramm schwere Neon-Schloss in Richtung Dach abheben kann, sind noch einige Vorarbeiten zu erledigen. Auf dem Dachboden prüft Stahlbauer Christoph von der Baresel die an zwei Querbalken angebrachten Stahlbaukonsolen, die das Kunstwerk am Ende tragen. Dann können seine Dachdecker-Kollegen Jens Mähl und Achmed Chkair vom Steiger aus das Dach wieder verschließen.

Für die Anbringung des Luftschlosses braucht es einen Steiger mit 35 Metern Höhe. Foto: Weselmann
Es ist zwar ihr täglich Handwerk in der Stader Firma, „aber auf so einem 35 Meter hohen Steiger sind wir nicht jeden Tag zugange und mit dem ganzen Drumherum ist das doch etwas anderes“, sagt Jens Mähl. „Ob es am Ende passt, entscheidet sich erst auf dem Dach.“
Scherz mit dem Team vom NDR-Fernsehen
Mit einem Lächeln mischt Christian Jankowski sich sofort unter die Handwerker und zollt ihnen Anerkennung. Während sein Lichtschloss an der Hebebühne befestigt wird und am Steiger in die Höhe fliegt, filmt und fotografiert er.
Wie fast zu erwarten war, macht der für ungewöhnliche Aktions- und Videokunst bekannte Künstler aus dem Spektakel seine ganz eigene Performance und treibt dabei seinen Scherz mit dem Film-Team vom NDR.

Christian Jankowski macht Fotos vom Abheben seines Luftschlosses. Foto: Weselmann
Überhaupt gehört es zu seinem Konzept, fremde Menschen in seine Kunst einzubeziehen. „Andere Professionen schreiben sich so in meine Werke ein“, erklärt er. Dabei lotet er die Grenzbereiche der Kunst immer wieder aus.
Wo die Diskussion anfängt, setzt er an. Das ist bei seiner Luftschloss-Idee nicht anders. Die von ihm zu Leuchtobjekten verarbeiteten Schloss-Silhouetten stammen von Arbeitern auf dem Bau, die er zum Zeichnen einer Schlossskizze aufgefordert hat. Diese Skizzen werden ebenfalls präsentiert, und ein Video zeigt weitere Luftschloss-Entwürfe.
Das zweite Luftschloss leuchtet grün
Ein Prototyp thront bereits auf einem Gebäude in Berlin. Jetzt leuchten die nächsten in Agathenburg. Neben dem roten Luftschloss wandert ein grünes Pendant auf das frühere Pferdewaschhaus. Jankowski gefällt, nicht nur dem Schloss „oben noch einen drauf zu setzen“, sondern auch „das unscheinbare Nebengebäude damit in den Dialog zu bringen".

Zitterpartie beim Verankern: Kuratorin Claudia Rasztar, Künstler Christian Jankowski und Licht- und Neonglasbläser Uwe Winderlich können nur zuschauen. Foto: Weselmann
Das Wetter spielt mit und der Aufbau läuft ohne Probleme. „Ich kann es gar nicht abwarten, das Schloss da oben leuchten zu sehen“, sagt Jankowski mit Blick auf das schwebende Objekt. Als das Luftschloss vorsichtig auf die Verankerung gesetzt wird, gibt es doch noch eine Zitterpartie. Beim Hinablassen verkeilen die Teile, und die Handwerker müssen zum Hammer greifen. Der Künstler bleibt trotzdem entspannt, nur durch den Körper des Glasbläsers geht bei jedem Schlag ein leichtes Zucken.
Als Hausmeister Malte Silkenstedt den Strom anstellt, tönt der Jubel „Es leuchtet!“ über den Vorplatz. Christian Jankowski ist zufrieden: „Wie es da über allem thront, hat es genau die richtige Position.“
Kuratorin Claudia Rasztar kann es noch kaum fassen. „Am Anfang schien die Idee völlig waghalsig, aber dann nahm das Projekt immer weiter Formen an.“ Schlossleiterin Ruth Meyer zeigt sich beeindruckt vom Ergebnis. Sie sagt, was es ist: „Ein Geniestreich.“