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Handwerk

TSt.-Petri-Kirche in Buxtehude: Turmretter arbeiten in 40 Meter Höhe

Innerhalb des Turms der St.-Petri-Kirche arbeiten die Zimmerer Uwe Heitkämper (links) und Thorben Wiegard in 40 Meter Höhe. Das ist die Ebene, auf der sich die Uhr befindet.

Innerhalb des Turms der St.-Petri-Kirche arbeiten die Zimmerer Uwe Heitkämper (links) und Thorben Wiegard in 40 Meter Höhe. Das ist die Ebene, auf der sich die Uhr befindet. Foto: Sulzyc

Zimmerleute tauschen marodes Holz an wichtigen Bauteilen des Buxtehuder Wahrzeichens aus. Warum sie sich zweimal am Tag den Wecker stellen.

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Von Thomas Sulzyc
Donnerstag, 23.10.2025, 17:50 Uhr

Buxtehude. Eine derart außergewöhnliche Baustelle werde er in seiner Karriere als Zimmermann nur ein Mal erleben, ist Uwe Heitkämper überzeugt. Seit drei Wochen erledigt der Zimmermanngeselle demnach den Job seines Lebens: in 40 Meter Höhe, im Turm der St.-Petri-Kirche.

Der rote Pfeil markiert die Stelle in etwa 40 Meter Höhe am Turm der St.-Petri-Kirche, an der Handwerker Hauptauflager des Turms instand setzen.

Der rote Pfeil markiert die Stelle in etwa 40 Meter Höhe am Turm der St.-Petri-Kirche, an der Handwerker Hauptauflager des Turms instand setzen. Foto: Ley

Sein Kollege Thorben Wiegard widerspricht der Aussage nicht. Dabei haben die beiden Mitarbeiter des Buxtehuder Handwerksbetriebs Peters Zimmerei Erfahrung mit der Sanierung im Denkmalschutz. Eine Kate in Moorburg haben sie saniert. Mit jahrhundertealtem Fachwerk bekamen es die beiden Zimmerleute dabei zu tun.

Die Aufgabe an der St.-Petri-Kirche, am Buxtehuder Wahrzeichen, ist aber einige Nummern größer. Immerhin gilt es, das zerstörerischen Kräften ausgesetzte Turmdach für viele Jahrzehnte zu stabilisieren.

Nach Bränden durch Blitzeinschläge in den Jahren 1674 und 1853 wurden der achteckige Turmschaft und das Dach des Turmes völlig neu errichtet.

Eine Bauanleitung für den Kirchturm gibt es nicht

Detaillierte Konstruktionspläne haben die alten Baumeister nicht hinterlassen - zumindest sind sie nicht bekannt. Nur so viel ist sicher: Das Bauwerk der alten Meister und Ingenieure funktioniert hervorragend.

Warum genau aber, ist für heutige Handwerker und Bauingenieure nicht bis ins Detail nachvollziehbar. „Man muss sich herantasten. Das muss mit Gefühl passieren“, erklärt Uwe Heitkämper die Vorgehensweise.

Über die Jahrzehnte hinweg hat durchsickerndes Regenwasser Tropfen für Tropfen den sogenannten Turmauflagern aus Kiefernholz zugesetzt. „Das Wasser ließ das Holz verrotten“, erklärt Dr. Judith Ley, Architektin und Mitglied des Bauausschusses der St.-Petri-Kirchengemeinde.

Architektin Dr. Judith Ley, Mitglied des Bauausschusses der St.-Petri-Kirchengemeinde, möchte ein von Feuchtigkeit zerstörtes Stück Holz eines Auflagerbalkens aus dem St.-Petri-Turm aufbewahren. „Als Anschauungsstück für Studierende“, sagt sie.

Architektin Dr. Judith Ley, Mitglied des Bauausschusses der St.-Petri-Kirchengemeinde, möchte ein von Feuchtigkeit zerstörtes Stück Holz eines Auflagerbalkens aus dem St.-Petri-Turm aufbewahren. „Als Anschauungsstück für Studierende“, sagt sie. Foto: Sulzyc

Ein Auflager bei einem Kirchturm ist ein Bauteil, das die Last des Turms aufnimmt und an den Baugrund darunter weitergibt. Nimmt der Auflager zu stark Schaden, kippt irgendwann der Turm.

„Die Windlast auf die 35 Meter hohe Turmspitze ist enorm groß“, sagt Judith Ley. Der achteckige Turmschaft der St.-Petri-Kirche ist 40 Meter hoch, das sitzförmige Turmdach misst noch einmal 35 Meter. Insgesamt 75 Meter hoch ist der Turm der gotischen Backsteinkirche.

An den Auflagerbalken tauschen die Zimmerleute von Feuchtigkeit zerfressenes, marodes Holz aus und setzen sie auf diese Weise instand.

Der Turmauflager ist instand gesetzt: Morsche Holzteile sind ersetzt worden.

Der Turmauflager ist instand gesetzt: Morsche Holzteile sind ersetzt worden. Foto: Ley

An den Arbeitstagen steigen die beiden Handwerker am Morgen eine enge, steile Wendeltreppe hinauf. Anschließend klettern sie auf Holzleitern zu der Baustelle in 40 Meter Höhe. Auf der Ebene befindet sich die Uhr am Kirchturm.

Jeweils kurz vor 8 Uhr und vor 12 Uhr lassen sich Uwe Heitkämper und Thorben Wiegard von einem Ton auf ihren Smartphones warnen. Anschließend setzen die Zimmerleute einen Ohrenschutz auf - für die Dauer von fünf Minuten. Denn um 8 Uhr und um 12 Uhr setzt das automatische Läuten der Kirchglocke ein. Ohrenbetäubend sei das, sagt Uwe Heitkämper.

Die Ebene im Turm der St.-Petri-Kirche, auf der sich die Uhr befindet, ist eine Baustelle.

Die Ebene im Turm der St.-Petri-Kirche, auf der sich die Uhr befindet, ist eine Baustelle. Foto: Ley

Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Das Ergebnis nennt Judith Ley angesichts des Baufortschritts bereits jetzt: „Wir haben wieder einen sicheren Turm.“

Die Gesamtkosten für die Arbeiten an den Turmauflagern werden voraussichtlich rund 80.000 Euro betragen, teilte der leitende Architekt, Julian König, auf Anfrage dem TAGEBLATT mit.

Dachbauarbeiten enden am 30. Oktober

Die umfangreichen Sanierungsarbeiten an der St.-Petri-Kirche haben im Frühjahr begonnen. Seitdem umgibt ein imposantes Gerüst das Kirchenschiff. Dass der Dachstuhl instand gesetzt werden muss, war damals schon klar. Das Ausmaß der Schäden an den Turmauflagern wurde aber erst später deutlich.

Seit dem Frühjahr hat die St.-Petri-Kirche ein neues Dach erhalten. Pastor Chris Hasemann plant, den Abschluss der Dachbauarbeiten am Donnerstag, 30. Oktober, mit allen Gewerken zu feiern.

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