TStader Bürger appellieren: Hier können Böller gefährlich werden

Kein Silvester mehr wie im vergangenen Jahr: Manfred Wilhelmi (von links), Petra Aumann, Elke Wilhelmi, Christoph von Schassen, Hilke Ehlers und Andrea Rowe vor einem der zehn Plakate ihrer Kampagne. Foto: Bisping
Am liebsten wäre ihnen ein komplettes Böllerverbot. Sie rechnen aber nicht damit, dass es das geben wird. Bützflether Reetdachhaus-Besitzer und der Ortsrat wollen ein Zeichen setzen und bewusst machen, wie gefährlich Feuerwerk sein kann - im gesamten Landkreis.
Landkreis. Die einen wollen mit Feuerwerksraketen, Böllern und sogenannten Batterien lautstark das neue Jahr begrüßen, die anderen sehen der Silvesternacht mit Sorge entgegen. Vor allem Besitzer von Reetdachhäusern gehören im Landkreis Stade zur zweiten Kategorie. Sie hoffen, dass die Knallerei glimpflich abgeht, dass keine Feuerwerkskörper Brandschäden an ihren Häusern verursachen.
Elke und Manfred Wilhelmi hoffen und bangen auch. Das vergangene Jahr sei sehr schlimm gewesen, sagen sie. Manfred Wilhelmi berichtet: „Es war sehr windig. Dadurch flogen Funken wild durch die Gegend und Papierfetzen entzündeten sich leichter.“
Die Wilhelmis wohnen in der Stader Ortschaft Bützfleth. Reetdachhäuser sind hier keine Seltenheit. In einem Umkreis von 200 Metern dürfen dort keine Böller gezündet werden. Eine DIN-A4-große Karte weist Böllerverbotszonen aus. Sie hängt in Bützfleth zum Beispiel in den Wartehäuschen der Bushaltestellen. Die Karte gebe es schon lange, sagt Ortsbürgermeister Christoph von Schassen. Sie sei überarbeitet worden. Viele kreisförmig eingezeichnete Areale kennzeichnen die Verbotszonen. Lücken gibt es kaum.
Ein Bewusstsein schaffen für Böllergefahr
Wie viele Böllerfreunde sich die Karten anschauen, ist ungewiss. Der Bützflether Ortsrat und Besitzer von Reetdachhäusern wollen das Problem vor Silvester weiter in den Fokus rücken. Dazu haben sie Plakate aufgehängt und Banner aufgestellt, insgesamt zehn Stück in der Ortschaft. „Brandgefährlich! Schützt unsere Reetdachhäuser und Tankstelle!“ steht darauf. „Die Banner gibt‘s in diesem Jahr zum ersten Mal, ab jetzt aber immer“, sagt Ortsratsmitglied Hilke Ehlers.
Der Ortsrat hat beim Landkreis Anträge eingereicht. Am besten wäre ein komplettes Böllerverbot - oder zumindest ausgewiesene Plätze, an denen geböllert werden darf. Es sind in Bützfleth nur noch wenige. Manfred Wilhelmi spricht von „kleinen Randbereichen“, hinter der Feuerwehr, hinter dem Friedhof. Ausgewiesene Plätze, sagt Christoph von Schassen, seien ein Lösungsansatz. Ob sich alle daran hielten, sei fraglich. Darum der dringliche Appell, beim Böllern vorsichtig zu sein und Rücksicht zu nehmen.
Mit Betrunkenen diskutieren? Sinnlos
Wer sich traut, Böllerzündende anzusprechen und um Abstand zu bitten, kommt nicht weit. Reetdachhaus-Bewohnerin Petra Aumann spricht aus Erfahrung. „Mit Betrunkenen auf der Straße zu diskutieren, bringt gar nichts“, sagt sie. „Dann wird erst recht auf Reetdachhäuser gezielt.“ Vergangenes Jahr sei auch mit Leuchtraketen geschossen worden. Elke Wilhelmi sagt, sie sei „ums Haus gerannt“, um nachzusehen, ob sich irgendwas entzündet, wenn von allen Seiten Funken fliegen.
Im Grunde müsste jemand kontrollieren, dass Abstände eingehalten werden. „Da haben wir ein Vollzugsproblem“, wirft Hilke Ehlers ein. „Wer soll es machen?“ Würde ein Verkaufsverbot helfen? Wohl nicht. Böllerfans würden in einen anderen Landkreis ausweichen - oder online bestellen. Wie es in diesem Jahr tatsächlich in Stade und Umland aussieht, wird der Landkreis in ein paar Tagen bekanntgeben.
Allgemeinverfügung des Landkreises kommt bald
Fest steht, dass das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände der Kategorie F2, also dem klassischen Silvesterfeuerwerk, im Umkreis von 200 Metern zu besonders brandempfindlichen Gebäuden verboten ist: zu Reetdach- und Fachwerkhäusern, Tankstellen, Kirchen und Altersheimen. Widerrechtliches oder fahrlässiges Handeln kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Darüber informiert auch ein Flyer der Gemeinde Jork. Aufgrund der zahlreichen Reetdachhäuser sieht man dem Jahreswechsel dort ebenfalls besorgt entgegen.
Während die Samtgemeinde Lühe ein generelles Feuerwerk-Verbot verhängt und Bürgermeister Timo Gerke angekündigt hat, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes „hart durchgreifen“ würden (das TAGEBLATT berichtete), gibt es in Jork keinen Böller-Stopp. Dafür jedoch „richtig große Sorgen“, sagt Bürgermeister Matthias Riel. Er wirbt für gegenseitiges Verständnis, Rücksichtnahme und die Einhaltung des Abstandes. Auf der Seite der Gemeinde (www.jork.de) können weitere Infos und der Flyer abgerufen werden.
Reste von Böllern & Co. entsorgen
Am Neujahrsmorgen liegen nicht selten Flaschen, Korken, Plastikbecher, Böllerreste, Raketen und sonstiger Silvestermüll am Straßenrand und auf Gehwegen. Die Abfallberatung des Landkreises Stade appelliert an die Feuerwerk-Fans, ihre Abfälle nach dem Feuerwerk zu entsorgen. Es ist kein Kavaliersdelikt, ausgerechnet Silvestermüll liegenzulassen. Häufig stößt man noch Wochen später auf Silvester- und Feuerwerk-Müll. Das ist ein Ärgernis - auch vor dem Hintergrund der weltweiten Umweltverschmutzung durch Plastik und anderen Abfall. Außerdem können Feuerwerk-Reste zur Gefahr für Kinder und Tiere werden.