„Es könnte auch ihr Haus sein“: Kampagne und Kontrollen zum Böllerverbot in Lühe

Bei diesem Brand eines Reetdachhauses in Neuenkirchen vor Jahren war wohl eine Rakete Schuld. Foto: Archiv
2023 war es besonders schlimm: Daher werden Polizei und Ordnungsamt gemeinsam das Böllerverbot in der Samtgemeinde Lühe kontrollieren. Mit einer groß angelegten Informationskampagne will die Kommune alle Anwohner informieren - und sensibilisieren.
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Altes Land. „Nehmen Sie Rücksicht auf Ihre Nachbarn. Es könnte auch Ihr Haus sein“, steht auf den Bannern geschrieben, die die Samtgemeinde an mehreren Orten aufgestellt hat. Darauf zu sehen: ein abgebranntes Reetdachhaus. Es wäre das Worst-Case-Szenario an Silvester, falls eine Rakete oder anderes Feuerwerk ein Feuer auslöst.
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Deshalb hatte die Samtgemeinde Lühe bereits 2018 ein Böllerverbot beschlossen - um die traditionellen Bauten zu schützen. Denn an die 200-Meter-Schutzgrenze um Reetdachhäuser halten sich erwiesenermaßen nicht alle: Im vergangenen Jahr sei das Böllerverbot massiv missachtet worden, berichteten Feuerwehr und Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke.
Kontrollen werden verstärkt
Mit Öffentlichkeitsarbeit und Kontrollen will die Kommune jetzt Abhilfe schaffen. „Wir haben alle 35 Vereine und alle Unternehmen angeschrieben, damit wirklich jeder Bescheid weiß“, so Gerke. Der Verwaltungschef kündigt an: Das Ordnungsamt wird gemeinsam mit der Polizei quasi patrouillieren, das Verbot kontrollieren und auch vor Ort „erhebliche Bußgelder“ verhängen.

Mit diesen Plakaten, hier nahe dem Lühe-Anleger, weist die Samtgemeinde auf das Böllerverbot um Silvester hin. Foto: Vasel
Außerdem hofft die Verwaltung, dass Bürger Verstöße auch nachträglich im Rathaus melden unter 04142/ 8990 oder per E-Mail an info@luehe-online.de.
Ministerpräsident gegen allgemeines Böllerverbot: „Ich mag die Raketen“
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hält nichts von einem allgemeinen Böllerverbot zu Silvester. „Es wäre schade, wenn man diejenigen, die sich an die Regeln halten, in Mitleidenschaft ziehen müsste, weil es andere gibt, die das nicht tun“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Kommunale Böllerverbote in besonders gefährdeten Bereichen finde er dagegen ausdrücklich richtig.
„Für eine große Mehrheit in unserer Gesellschaft gehören das Böllern und das Zünden von Feuerwerk zum Jahreswechsel dazu“, sagte Weil. Das gelte nicht nur für die, die selbst Feuerwerk zünden. „Ich beteilige mich daran auch nicht, aber ich mag die Raketen, die um zwölf Uhr aufsteigen.“ Er finde es schön, wenn zum Jahreswechsel bunte Lichter am Himmel auftauchen, auch wenn er selbst nicht mitmache.
Befürwortet wird ein Böllerverbot unter anderem von der Deutschen Umwelthilfe und der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Sie verweisen auf die Zahl der Verletzten an Silvester, den Aufwand für die Einsatzkräfte, Schadstoffe in der Luft und Panik bei Tieren. In der vergangenen Silvesternacht war die Polizei in Niedersachsen zu 3245 Einsätzen ausgerückt. Dabei wurden 34 Angriffe auf Angehörige der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste festgestellt. (dpa)