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Versorgung

TStatt Gas: Auf diese Energien setzen die Stadtwerke Stade in Zukunft

Flammen am Gasherd gehören noch zum gewohnten Bild in Deutschlands Haushalten. Das wird sich ändern müssen. Aber wie?

Flammen am Gasherd gehören noch zum gewohnten Bild in Deutschlands Haushalten. Das wird sich ändern müssen. Aber wie? Foto: Marijan Murat/ dpa

Ein Großteil der Wohnungen wird mit Gas beheizt. Das galt mal als umweltfreundlich. 2045 soll damit Schluss sein. Die Stadtwerke Stade stellen sich darauf ein, bieten ihren Kunden einen Mix an Möglichkeiten. Welche genau?

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Von Lars Strüning
Freitag, 26.07.2024, 11:50 Uhr

Stade. Bei ihrer Reise in eine noch etwas ungewisse Zukunft scheinen die Stadtwerke Stade auf einem guten Weg zu sein. Gerade wurden sie vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen EUPD Research mit dem bundesweiten Energiewende-Award 2024 ausgezeichnet. Das Siegel holten sich die Stadtwerke bereits in den beiden Vorjahren ab.

Gelobt werden die „konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Innovation“, die entsprechenden Produkte und Dienstleistungen und das „umfassende Angebot an nachhaltigen Energielösungen“. Hört sich nett an - doch was steckt dahinter?

Die Rolle der Stadtwerke wird sich deutlich ändern

Dahinter stecken vor allem die Bemühungen, die Energieversorgung der Bevölkerung in und um Stade auch in CO2-freien Zeiten sicherzustellen, aber auch, neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Die Stadtwerke werden sich immer mehr vom Lieferanten zum Kümmerer verändern, vom Versorger zum Dienstleister.

Dessen sind sich Geschäftsführer Christoph Born und Vertriebschef Frank Bünte durchaus bewusst. Im TAGEBLATT-Gespräch geben sie einen Einblick in ihre Werkstatt. Spannend wird vor allem sein, wie sich der Markt der Möglichkeiten bei der Wärmeversorgung entwickelt.

Schon jetzt setzen die Stadtwerke auf Nahwärmenetze mit Blockheizkraftwerken. Die werden vorwiegend mit Holzhackschnitzeln befeuert und versorgen einzelne Stadtviertel wie zum Beispiel Hahle. Insgesamt zählen die Stadtwerke knapp 4000 Anschlüsse an Nahwärmenetze. 18.000 Haushalte werden im Stader Bereich klassisch übers Gasnetz versorgt.

Kleine Kraftwerke als Powerriegel fürs Quartier

Die Lösung mit den kleinen Kraftwerken solle vorangetrieben werden, dann versorgt mit grünem Strom oder mit Abwärme von Betrieben, dem Klärwerk oder auch nur der Schwinge. Voraussetzung: Genügend Haushalte müssten sich bereiterklären, sich an das Netz anschließen zu lassen. Wenn es laufe, sei das eine bequeme Sache, sagt Born.

Eine angedachte Fernwärmelösung zieht größere Kreise: Sollte das Holzheizkraftwerk auf Bützflethersand gebaut werden, könnte eine zwölf Kilometer lange Leitung Flugzeugbauer Airbus mit Energie versorgen; und dann vielleicht auch gleich Ottenbecker Betriebe mit. Nahe liegen Abzweiger nach Bützfleth oder Schölisch. Die Stadtwerke haben eine Absichtserklärung mit den Investoren des Holzkraftwerks abgeschlossen.

Dazu werden sich viele individuelle Lösungen gesellen. Photovoltaik mit Wärmepumpen für Einfamilien- oder auch Mehrfamilienhäuser zum Beispiel. Was noch keiner weiß: Wie entwickeln sich die Preise?

Erdgas wird teurer - was ist die Alternative?

Klar ist, dass die CO2-Zulage steigen, Erdgas also eher teurer als heute wird. Wie sich die Preise für Nah- und Fernwärme entwickeln, weiß so recht heute keiner. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung hängt auch von den Investitionen ab.

Die Stadtwerke werden die Energie durchleiten, Leitungen warten - und als Berater auftreten. Gerade bei alleinstehenden Häusern müsse individuell gecheckt werden, was möglich und sinnvoll ist. Wie viel Strom liefern mögliche Photovoltaik-Anlagen, wie viel Wärme die Pumpen? Wird eine Wallbox zum Laden der E-Autos benötigt? Die Stadtwerke rechnen das aus, empfehlen, bauen ein, betreiben, finanzieren. Dienstleister eben.

Bereits jetzt bieten sie als städtisches Unternehmen Verträge (Contracting) an über Mietkäufe für Wärmepumpen, PV-Anlagen oder Wallboxen. Meistens ist bei aller Selbstversorgung noch Reststrom zu liefern - dann selbstredend von den Stadtwerken.

Frank Bünte rät Verbrauchern, Ruhe zu bewahren, die Entwicklungen auch am Wärmepumpen-Markt abzuwarten. Wer mit einer relativ neuen Gastherme heize, müsse sich noch keine Gedanken machen.

Die Technik für die Energiewende steht bereit

Insgesamt unterstützen die Stadtwerke den offiziellen Kurs. Die fossilen Energien seien halt endlich. Und die Techniken für die Energiewende stünden parat. Jetzt sei alles eine Frage der Zeit, der Investitionen, des Fachpersonals und des vorhandenen Materials.

Nachholbedarf gibt es noch bei Grünstromverträgen. 1800 laufen rein über Ökostrom, den Mix aus Atom, Kohle, Gas und Erneuerbaren haben dagegen gut 21.000 bestellt. Die Stadtwerke bieten sogar grünen Strom aus der Region an, 200 Haushalte beziehen diese Variante.

Ratgeber

Die Stadtwerke selbst, die über den Energieverbund Thüga auch schon regenerativen Strom produzieren lassen, wollen ihre Photovoltaik-Anlagen ausbauen und sind interessiert an einem Windpark bei Haddorf mit Bürgerbeteiligung.

An Spitzentagen, im Februar zum Beispiel, müsse bundesweit eine Leistung bis zu 80 Gigawatt vorgehalten werden. Das geht nicht alles über die schwer im Voraus zu berechnenden erneuerbaren Energiequellen Wind und Sonne. Im Hintergrund müssen immer Gaskraftwerke einsatzbereit sein. Die vorzuhalten kostet, selbst wenn sie nicht laufen. Die Verbraucher werden es zahlen müssen.

Verbraucher mit Gasheizungen sollten Ruhe bewahren.

Frank Bünte, Vertriebsleiter Stadtwerke Stade

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