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Umweltschutz

TStaderin revolutioniert Fanartikel: Werder-Netze werden Accessoires

Einst Fischer- oder Tornetz, heute Armband.

Einst Fischer- oder Tornetz, heute Armband. Foto: Bracenet

Ein Stück Werder am Handgelenk: Bracenet-Gründerin Madeleine von Hohenthal aus Stade macht aus Fischer- und Tornetzen nachhaltige Fan-Armbänder.

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Von Lars Wertgen
Dienstag, 10.06.2025, 05:50 Uhr

Hamburg. Viele große Namen, Tore und Gefühle: Das Abschiedsspiel von Diego war ein Meer aus Emotionen. Für den „Mágico“ schloss sich an diesem Abend ein Kreis. Seine Geschichten wird der 40-Jährige künftig außerhalb des Bremer Weserstadions schreiben.

Auch für die beiden grün-weißen Tornetze des Spiels geht die Reise in neuer Rolle weiter: Sie werden zu Armbändern und Andenken für die Fans. Die limitierte „Diego-Edition“ fertigt das Hamburger Unternehmen Bracenet, dessen Gründerin Madeleine von Hohenthal aus Stade ist.

Fischernetze werden zu Tornetzen und Accessoires

Seit 2016 hat sich Bracenet mit nachhaltigen Armbändern und anderen Accessoires, die aus alten Fischernetzen bestehen, einen Namen gemacht. Diese herrenlosen Netze, die als tödliche Fallen in den Meeren treiben, holt Bracenet mit Meeresschutzorganisationen wie Healthy Seas und Ghost Diving aus bis zu 50 Meter Tiefe. Ohne diese Bergungsaktionen würden die Netze bis zu 800 Jahre im Wasser treiben, bevor sie sich zu Mikroplastik zersetzen.

Vom Tauchgang bis zur Fertigstellung - alles Handarbeit.

Vom Tauchgang bis zur Fertigstellung - alles Handarbeit. Foto: Bracenet

Zusätzlich erhält Bracenet alte, aussortierte Netze direkt von Fischereien, die diese früher mitunter illegal entsorgten. Die Netze werden aufwendig gereinigt und verarbeitet. „Das ist 100 Prozent Handarbeit“, erklärt von Hohenthal. Der gesamte Prozess sei kostspielig, aufwendig und nicht mit maschinell erstellten Armbändern zu vergleichen, die in Fernost in der Produktion nur wenige Cent kosten.

Online gibt es verschiedene Bracenet-Armbänder, Schlüsselanhänger und Halsketten, deren Ursprung weltweit liegt - gefischt etwa aus der Nordsee, dem Mittelmeer und dem Atlantik.

Von den nachhaltigen Accessoires gibt es zahlreiche Sondereditionen für Sport-Fans, darunter vom FC St. Pauli, dem THW Kiel und den Los Angeles Lakers. Die Netze sind immer in den Vereinsfarben gehalten. „Die Farben sind original, wir färben nicht“, so von Hohenthal.

Die Armbänder für Fans sind in Vereinsfarben.

Die Armbänder für Fans sind in Vereinsfarben. Foto: Bracent

„Das war ein unfassbarer Aufwand“

Bracenet wurde für sein Engagement und seine Idee mehrfach ausgezeichnet. Das Tageblatt und viele andere Medien berichteten über das Projekt, darunter 2018 der Weser Kurier. Den Text bebilderte die Redaktion mit einem leuchtend grünen Netz, das die Aufmerksamkeit von Werder Bremen erregte.

Das Bremer Marketing-Team kontaktierte Bracenet. Zu diesem Zeitpunkt setzte Werder kaum nachhaltige Themen um, interessierte sich aber dafür.

Es folgten viele Gespräche und gemeinsame Aktionen, darunter das Abschiedsspiel von Claudio Pizarro. In den Toren hingen echte Fischernetze - ein Novum im deutschen Fußball.

Das recycelte Meeresplastik hatte Co-Gründer Benjamin Wenke gemeinsam mit einem Hersteller für Tornetze so aufgewertet, dass es den hohen Anforderungen von DFB und Sky entsprach. „Das war ein unfassbarer Aufwand“, so von Hohenthal über eine einmalige Aktion.

Benjamin Wenke und Madeleine von Hohenthal auf einem Berg aus Fischernetzen.

Benjamin Wenke und Madeleine von Hohenthal auf einem Berg aus Fischernetzen. Foto: Bracenet

Win-Win-Win für Werder, Fans und Bracenet

Fans konnten sich die ehemaligen Fischer- beziehungsweise Tornetze als Armband und als Erinnerung an einen besonderen Tag sichern. Zudem kaufen viele bewusst die upgecycelten Bänder und denken anschließend vielleicht auch im Alltag nachhaltiger. „Es entsteht ein Stolz, an einer Stelle, wo vorher keiner war“, sagt Madeleine von Hohenthal.

Bracenet führte Werder als Dienstleister mit Workshops und Prozessoptimierungen in die nachhaltige Welt ein. Der Bundesligist hat mittlerweile ein eigenes Team dafür. Der Shop ist überarbeitet: Plastik wurde durch Pappverpackungen ersetzt und Billigartikel verschwanden zugunsten bewusster Produkte. „Bei Werder ist es keine Kampagne, sondern eine Einstellung geworden“, sagt von Hohenthal.

Upcycling von Tornetzen

Bracenet tauchte dank Werder in ein neues Geschäftsfeld ein und wollte nicht mehr nur ein Statement für Meeresschutz setzen, sondern auch für Nachhaltigkeit im Sport. Werder Bremen hat rund 150 Tornetze im Einsatz, die der Verein früher immer wieder austauschte und im Plastikmüll entsorgte. Mittlerweile bekommt das Hamburger Unternehmen die Netze, die zu Accessoires werden.

NBA-Legende Robert Horry bei einer Bergungsfahrt.

NBA-Legende Robert Horry bei einer Bergungsfahrt. Foto: Cor Kuyvenhoven/Ghost Diving

Sport und Meeresschutz? Das geht

Auch im Volleyball und Hockey war Bracenet bereits in ähnliche Projekte involviert und hat in den USA einen der größten Märkte gewonnen. Der nächste Türöffner sollen die Los Angeles Lakers sein.

NBA-Legende Robert Horry und der US-Sender Fox News begleiteten eine Bergung. Bei Freundschaftsspielen der Lakers hingen bereits aus dem Meer gefischte Netze am Korb.

Das Ehepaar Benjamin Wenke und Madeleine von Hohenthal haben Bracenet gegründet.

Das Ehepaar Benjamin Wenke und Madeleine von Hohenthal haben Bracenet gegründet. Foto: Maximilian Baier

Ob diese die extremen Standards für NBA-Pflichtspiele erfüllen, ist derzeit unklar. Die Vision ist aber, dass die upgecycelten Fischernetze erst Basketballnetze und später Armbänder werden. „Wir wollen unser Statement in einer Sektion platzieren, die noch nicht nachhaltig ist und auf den ersten Blick nicht zusammenpasst“, sagt von Hohenthal.

Auch dank des Weges auf internationale Sportbühnen hat Bracenet sich in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft stärker positionieren können. Im vergangenen Sommer sprach von Hohenthal auf dem Wirtschaftsgipfel Eurominds über den Klimaschutz. „Es ist surreal, dass Madeleine aus Stade für die EU reden durfte“, sagt sie.

Die Taucher suchen in bis zu 50 Meter Tiefe.

Die Taucher suchen in bis zu 50 Meter Tiefe. Foto: Derk Remmers/Ghost Diving

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