TStreit ums Holzkraftwerk Bützfleth: Scharfe Kritik auch aus der Politik

Die Ruine der einst geplanten Müllverbrennungsanlage direkt an der Elbe ist auf dem AOS-Gelände noch gut zu erkennen. Hier soll jetzt ein Holzkraftwerk entstehen. Foto: Martin Elsen
Nach den positiven Stellungnahmen der Fraktionsvorsitzenden im Stader Rat und Ortsrat Bützfleth zum Holzkraftwerk melden sich kritische Stimmen zum Projekt zu Wort - und teilen ordentlich aus.
Stade. Die Firma Hansekraft will auf dem Gelände direkt neben der AOS für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag ein Kraftwerk bauen, das aus nicht verwertbarem Altholz Strom, Dampf und Wärme erzeugt. Das Grundstück an der Elbe ist 82.000 Quadratmeter groß.
Hansekraft will pro Jahr 500.000 Tonnen verfeuern
Das Holz, das hier verfeuert wird, soll per Schiff kommen und im Stader Seehafen gelöscht werden. Das Unternehmen rechnet mit 50 Schiffsladungen pro Jahr. Das sind etwa 500.000 Tonnen jährlich. Das Holz komme vorwiegend aus den Niederlanden, aus Belgien, Frankreich, England oder Polen.
Aus dem Rohstoff will Hansekraft pro Jahr 1,2 Millionen Megawattstunden Prozessdampf und 300.000 Megawattstunden Strom erzeugen. Hinzu kämen 150.000 Megawattstunden Wärme.

Eine schematische Darstellung illustriert die Abläufe im Holzkraftwerk. Foto: Hansekraft
Der Wirkungsgrad der Anlage liege wegen der Kraft-Wärme-Kopplung mit der Industrie und der Nah- und Fernwärmenutzung bei deutlich über 80 Prozent. Das Unternehmen verspricht, dass durch den Einsatz von moderner Technik wie Rauchgaswäsche und Filtertechnik weder Lärm- noch Geruchsbelästigungen entstehen.
„Kleine Gruppe versetzt Menschen in Angst und Schrecken“
Daniel Friedl, CDU-Fraktionsvorsitzender im Stader Rat, spricht von der „schweigenden Mehrheit“, die das Projekt positiv sehe. Ähnlich ordnet es SPD-Fraktionschef Kai Holm ein: „Ein Großteil ist von dem Konzept überzeugt, eine kleine Gruppe haut auf die Sahne und versetzt die Menschen in Angst und Schrecken.“ Damit meint er die Bürgerinitiative (BI). Etwas gnädiger geht Karin Aval von den Grünen mit den Kritikern um.
Sie könne die Skepsis der Nachbarn zum Industriegebiet verstehen, gerade auch nach der Vorgeschichte mit der gescheiterten Müllverbrennungsanlage. Aval war lange Jahre Mitarbeiterin der Umweltbehörde Hamburg, kennt sich mit der Materie aus. Sie sagt: „Ich teile die Bedenken der BI nicht.“
„Das ist ein gutes Konzept von vorn bis hinten“, sagt Holm. Es bestehe durch das Holzkraftwerk die einmalige Chance, in Stade eine Fernwärmeleitung zu bauen, die nicht nur Ortschaften wie Bützfleth und Schölisch, sondern auch das Stader Airbuswerk mit Energie beliefern könnte.
Linke: „Von alt her wird gerne einfach verbrannt“
Eine „größtenteils ignorante Haltung des Stader Rates gegenüber der Bürgerinitiative Bützfleth (BI)“ sieht Tristan Johrde, der für die Linke im Rat der Stadt sitzt. Unter dem „beschönigenden Titel Altholzkraftwerk“ werde auf Bützflethersand „eine Verbrennungsanlage für gefährliche Sonderabfälle“ geplant, die aus ökologischer Sicht, aus der Sicht des Klimaschutzes und der Ressourcen-Schonung „höchst schädlich“ sei.Der Markt in Deutschland für die Abfallentsorgung solch problematischer Hölzer sei mehr als gedeckt, so Johrde. Maßnahmen der Wiederverwertung, Schadstoffentfrachtung oder des ressourcenschonenden Bauens zeichneten sich nicht ab. Stattdessen wird „wie von alt her gerne einfach verbrannt“. Die Gefahr des Einsatzes von Frischholz oder global importierter Abfälle sei hoch.
Auch wenn Bützfleth der „Geldgenerator“ für die Stader Stadtkasse sei, rechtfertige das nicht den schrankenlosen und niederqualitativen Einsatz höchst umstrittener Anlagen, so Johrde.
Schelte für die Ratsmitglieder
„Von der Ratspolitik wird den Plänen zum Holzkraftwerk vorbehaltlos zugejubelt“, kritisiert auch Dr. Jochen Witt von der Wählergemeinschaft Bützfleth. Er sitzt im Rat der Stadt Stade. Es sei kein Wunder, dass die Vertreter von Hansekraft es nicht nötig hätten, das von der BI gemachte Gesprächsangebot anzunehmen. Kein Stader Politiker habe sich auf den Treffen der BI blicken lassen. Witt: „Man müsste sich dann ja inhaltlich mit den Sorgen der BI auseinandersetzen.“ Stattdessen werde der Hansekraft eine weitere Veranstaltung in der Sporthalle Bützfleth eingeräumt (siehe unten).
Karin Aval von den Grünen kann das so nicht stehen lassen. Ihre Fraktion habe der BI Bützfleth ihre Position mitgeteilt, Mitglieder des Ortsverbandes Stade hätten an öffentlichen Sitzungen der BI teilgenommen. Aval: „Dieses wurde wohl seitens der BI entweder nicht wahrgenommen oder ignoriert.“
Die BI habe Ratsmitglieder aufgefordert, eine Stellungnahme in einer bestimmten Frist abzugeben und angekündigt, diese auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. „Das lehnen wir ab“, sagt Aval. Es sei legitim, politische Positionen zu hinterfragen – jedoch sollte dies sachlich und ohne Druck auf Einzelpersonen erfolgen. Derartige Methoden erinnern sie an eine öffentliche Anprangerung. Aval: „Sie tragen nicht zu einem konstruktiven Dialog bei.“
WG: „Industrie profitiert - Bützfleth nicht“
Alle Ratspolitiker sähen die Vorteile des Holzkraftwerkes für die gesamte Industrie und die sprudelnden Steuereinnahmen, wettert dagegen Witt. Und weiter: „Meines Wissens ist keine Ratsfraktion mit den Vertretern der Industrie in ein Brainstorming gegangen und hat überlegt, was können wir als Kompensation für die zusätzlichen Belastungen für die Bützflether tun?“ Die Industrie profitiere, nur die Bützflether nicht? „Wo ist der Mehrwert für die Bützflether?“, fragt er.
Die Bützflether hätten viele Ideen: Bereitstellung von Industrieflächen für den seit den 70er Jahren geplanten Grüngürtel, Kompensationen von Eingriffen in die Natur auf industrieeigenem Gelände, mehr Investitionen in den Umweltschutz, als es der Gesetzgeber verlangt. Eine weitere Frage: „Warum müssen wir Bützflether seit 50 Jahren mit dem Bauxitstaub der AOS leben?“ Der rote Staub sei mehr geworden, seitdem das Bauxit aus Gruben in Afrika nach Bützfleth transportiert wird. Das Material sei trockener und die Halden seien höher geworden.