T„Freund“ versehentlich totgeschlagen: Stader Richter fällt Urteil

Die Stader Richter sahen nur die Schläge des Angeklagten als todbringend an. Foto: dpa
Vier Männer treffen sich zum Besäufnis. Die Situation eskaliert. Nach den tödlichen Schlägen ist ein 44-jähriger Mann jetzt schuldig gesprochen worden – trotz aller Unschuldsbekundungen.
Stade. In einer Umgebung, in der Alkohol und andere Rauschmittel konsumiert wurden, entstanden Konflikte. Und unter deren Einfluss eskalierten Diskussionen, Emotionen entluden sich teilweise gewalttätig, bevor sich die Situation wieder entspannte. Das war das Umfeld eines Falls, der jetzt vor dem Stader Landgericht zu Ende ging. Vier Männer hatten in Stade zusammen Alkohol getrunken, viel Alkohol, es kam zu einem Streit. Familienangehörige fanden einen der vier Männer zwei Tage nach diesem Vorfall tot in seiner Wohnung.
Die Ermittlungen der Polizei brachten einen 44 Jahre alten Mann vor Gericht, der zugegeben hatte, seinem „Freund“ am Tag des Gelages ein paar Ohrfeigen gegeben zu haben, weil der im Rausch ständig rumkrakeelte und provozierte. Ernüchtert und mit glasigen Augen saß er still neben seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Rainer Mertins, auf der Anklagebank, nachdem das Gericht ihn schuldig gesprochen hatte, auch wenn das Rechtssystem zunächst eine Unschuldsvermutung fordert und Zweifel in der Beweisführung immer für den Angeklagten sprechen sollten.
Angeklagter entschuldigt sich unter Tränen bei den Angehörigen
„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“, sagte die Schwester des Verstorbenen und Nebenklägerin vor der Verkündung des Urteils, nachdem der Angeklagte sich tränenreich bei der Familie entschuldigt und versichert hatte, dass er nun sein Leben lang die Last trage, für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Ohrfeigen der Grund waren. Wenn ich gewusst hätte, dass alles so endet, hätte ich nicht mitgetrunken.“
Es waren seine Schläge, die einen Tag nach dem Gelage zum Tod seines Bekannten geführt haben - gefunden wurde er aber erst wiederum einen Tag später. Und es waren Faustschläge, also weit mehr als nur warnende Ohrfeigen, wie es der Angeklagte mehrfach versichert hatte. Das war die Erkenntnis, die die Kammer unter Richter Marc-Sebastian Hase aus der umfangreichen Beweisführung gewonnen hatte.
Landgericht Stade
T Tod nach Ohrfeige: Entlastungszeuge belastet den Angeklagten schwer
Opfer starb laut Rechtsmediziner an einer Hirnblutung
Das Gericht fand die Aussagen der beiden Hauptzeugen - die beiden anderen Teilnehmer am Gelage - glaubwürdig und kam zu dem Schluss, dass das spätere Opfer am Tattag morgens vor der Wohnung des Angeklagten und dann noch zweimal im Flur in der Wohnung eines der Zeugen geschlagen wurde. Die vermeintliche Schlägerei, die ein anderer Zeuge beobachtet haben wollte, wurde aufgrund von Widersprüchen in dessen Verhalten und Aussage als nicht bewiesen erachtet.
Das Opfer, so die sachverständigen Rechtsmediziner, starb an einer Hirnblutung, die vermutlich durch Faustschläge verursacht worden war. Trotz des Geständnisses eines anderen Teilnehmers am Trinkgelage, dass auch er das Opfer an dem Tag geschlagen habe, sahen die Richter nur die Schläge des Angeklagten als todbringend an. Der Strafrahmen von zwei Jahren und neun Monaten Haft berücksichtigte strafmindernd unter anderem die alkohol- und drogenbedingte Enthemmung in der Runde und das Teilgeständnis des Angeklagten. Eine Suchttherapie hatte der Angeklagte abgelehnt, somit ordnete sie auch die Kammer wegen der geringen Aussicht auf Erfolg nicht an.
Gegen das Urteil wird der Angeklagte Rechtsmittel einlegen.