TVerpackungssteuer im Kreis Cuxhaven? Gastwirte schlagen Alarm

Gefäße wie der To-go-Becher aus Kunststoff (links im Bild) wären weiterhin steuerfrei, kosten aber Pfand. Auf das Pendant aus Pappe (rechts) fiele nach Einführung einer Verpackungssteuer eine Abgabe an. Foto: Koppe
Noch gibt es im Kreis Cuxhaven keine Kommune, die Einweg-Verpackungen im Bereich der Gastronomie mit einer Steuer belegt. Das könnte sich jedoch bald ändern.
Landkreis Cuxhaven. Kristian Kamp spricht für die Branche an sich. Für ihn käme eine Verpackungssteuer zur Unzeit, nämlich just in einer Phase, in der sich die Gästepreise zu entspannen versprechen: Die Aussicht, dass sich der auf Speisen anfallende Mehrwertsteuersatz wegen der aktuellen politischen Konstellationen auf sieben Prozent verringert, bezeichnete Kamp als Lichtblick für Verbraucher, der an anderer Stelle womöglich wieder getrübt werde: „Die Verpackungssteuer müsste ja eingepreist werden“, gab der Dehoga-Stadtverbandsvorsitzende zu bedenken. Er wies dabei auch auf die bürokratische Belastung hin, die im Außer-Haus-Geschäft tätigen Verbandsmitgliedern auf diese Weise entstehe.
Zum Discounter statt ins Schnellrestaurant?
Erhoben wird die bislang in Tübingen und in Konstanz eingeführte Steuer nämlich im sogenannten To-go-Segment. Wie komplex die Differenzierung in der Praxis sein könnte, stellte Tobias Jagalla am Beispiel eines Kaffees dar: Im Zuge einer Verpackungssteuer müsse man fortan genau zwischen Tasse und Einmal-Becher sowie der Frage, ob der Gast das Getränk mitnehme oder vor Ort konsumiere, unterscheiden. „Das ist ein wahnsinniger buchhalterischer Aufwand“, so Jagalla, der in der Region vier McDonald‘s-Restaurants betreibt - darunter auch die Cuxhavener Filiale.
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Dort könnte eine Steuer nach Tübinger Vorbild die Endpreise spürbar ansteigen lassen. Weniger solvente Kunden wie Schüler, so warnt Jagalla, könnten sich umorientieren - und statt zum Burger zu einem Sandwich greifen, das in Plastik eingeschweißt der nächst gelegene Discounter anbietet. Auf dieses Produkt werde keine Verpackungssteuer erhoben, sagt der Franchisenehmer und stellt die Frage, was wohl mehr Müll erzeuge: das dünne Papier, in das ein Hamburger eingeschlagen werde oder die Einwegverpackung aus PET, in der das Butterbrot im Marktregal liegt.
Umgelegt würde die Verpackungssteuer wohl auf den Kunden
„Dabei bezahle ich doch schon eine Entsorgungssteuer für meine To-go-Becher und Menüboxen.“ Indra Jürgens, Betreiberin des an der Ortsdurchfahrt von Hemmoor gelegenen Kult-Imbisses Pommi Paul verweist auf eine in den Einkaufspreisen enthaltene Herstellerabgabe - und ist sich ansonsten sicher: Wenn die Verpackungssteuer kommen sollte, gehe das zulasten der Kunden. „Denn am Ende werden wir nicht anders können, als die Steuer weiterzugeben“, sagt die Gastronomin, die Qualität bieten und möglichst wenig Abfall erzeugen möchte. So werde im Imbiss auf Mehrweggeschirr serviert; wer etwas zum Mitnehmen bestelle, könne sich auch mitgebrachte Behältnisse („vorausgesetzt, sie sind sauber“) befüllen lassen. Bei Kunden auf der Durchreise bleiben Mehrweg-Ideen aus ihrer Sicht aber Wunschdenken. „Umweltschutz - ja“, sagt Jürgens. Aber irgendwo müsse es auch Grenzen geben.
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Gekniffen seien am Ende womöglich Betriebe, die schon heute auf nachhaltige Lösungen setzen: So äußern sich zwei Cuxhavener Unternehmen, die sich zu einer gemeinsamen Stellungnahme zur Verpackungssteuer entschlossen. Aufgrund der ausgegebenen To-go-Becher könnte die Abgabe sowohl für die Bäckerei/Konditorei Tiedemann als auch für den Mitbewerber Itjen ein Thema werden. „Wir begrüßen grundsätzlich die Bemühungen, nachhaltige Verpackungslösungen zu fördern und begleiten den Prozess der Umstellung auf Mehrwegprodukte in unseren Unternehmen bereits aktiv“, teilten die beiden Geschäftsführer mit. Eine Steuer-Einführung sehe man allerdings kritisch, betonte Kristin Tiedemann. Jörg Itjen, seines Zeichens auch Obermeister der Bäckerinnung Cuxhaven-Land Hadeln, verwies (analog zu den Vorrednern) auf den Bürokratieaufwand für kleine und mittelständische Unternehmen. Unisono mit Tiedemann erinnerte er an das Verpackungsgesetz. Eine weitere Verpackungssteuer on top würde zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen, deren Kosten an den Endverbraucher weitergegeben werden müssten. „Das sollte dringend vermieden werden.“
Deutscher Städtetag erläutert: „Die Wegwerfkultur stoppen“
Was die Anwender der umstrittenen Abgabe vermeiden wollen, ist Müll auf Straßen und Plätzen. Aus kommunaler Sicht gehe es darum, die Wegwerfkultur zu stoppen, erläuterte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. „Die Verpackungssteuer kann ein möglicher Hebel dafür sein. Das muss jede Stadt für sich entscheiden“, sagte er und trat dem Vorwurf entgegen, dass klamme Kommunen danach trachteten, eine neue Einnahmequelle zu erschließen. „Eine Verpackungssteuer wird keine Unsummen in die Stadtkassen spülen. Aber sie kann einen Teil der Reinigungskosten decken, die die Städte durch achtlos weggeworfene Einwegverpackungen haben.“