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Justiz

TVon Frust bis Freude: Wie Freunde und Gegner auf den Surfpark-Baustopp reagieren

So soll es einmal aussehen: Das Gelände in Stade-Süd mit dem Surfpark ist 60 Hektar groß.

So soll es einmal aussehen: Das Gelände in Stade-Süd mit dem Surfpark ist 60 Hektar groß. Foto: Surfgarten

Das Verwaltungsgericht Stade hat den Bau des Surfparks vorerst gestoppt. Die Reaktionen darauf sind bei Freunden und bei Gegnern des Projekts stark. Die Hansestadt Stade überlegt, Beschwerde einzulegen.

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Von Anping Richter
Samstag, 04.05.2024, 07:50 Uhr

Stade. „Wir sind froh und fühlen uns bestätigt“, sagt Bernd Hohendorff von der Bürgerinitiative (BI) „Surfpark - nein danke“. Wie das Verwaltungsgericht hätten sie bei der Baugenehmigung durch die Stadt die Belange des Klima- und Naturschutzes nicht genug berücksichtigt gesehen.

Wie Hohendorff berichtet, hat der Baustopp auch in Krefeld Freude ausgelöst: Die Gegner des dort geplanten Surfparks, vertreten von der prominenten Anwältin Roda Verheyen, wollen demnach die Strategie des BUND in Stade übernehmen, gegen den Bebauungsplan klagen und Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen.

„Laut unseren Anwälten ist es wohl das erste Mal, dass ein Gericht dem Klimaschutz in der Bauleitplanung solches Gewicht beimisst. Das setzt womöglich Maßstäbe“, sagt Hohendorff.

Mängel in der Surfpark-Planung könnten repariert werden

Sein BI-Mitstreiter Udo Paschedag äußert sich verhaltener. Er war 16 Jahre Verwaltungsrichter und erinnert daran, dass erst das Oberverwaltungsgericht (OVG) einen rechtskräftigen Beschluss fällt. Wenn die Stadt mit dem Projekt weitermachen wolle, müsse sie versuchen, die aufgezeigten Mängel im Bebauungsplan zu reparieren.

Warten auf das Oberverwaltungsgericht: Auf dem Gelände des geplanten Surfparks tut sich erst mal nichts mehr.

Warten auf das Oberverwaltungsgericht: Auf dem Gelände des geplanten Surfparks tut sich erst mal nichts mehr. Foto: Anping Richter

Genau darauf hofft Landrat Kai Seefried: „Ich persönlich setze darauf, dass das Projekt nach den vom Gericht angemahnten Nachbesserungen in der Bauleitplanung realisiert werden kann“, sagt er. Für das Freizeitangebot in der Region, als touristischen Anziehungspunkt, aber auch in seiner überregionalen Wirkung halte er den geplanten Surfpark für ein tolles Projekt.

Bürgermeister: Juristische Beratungen laufen noch

Die Hansestadt Stade und die Projektentwickler Jan und Dirk Podbielski von der SPN GmbH halten sich mit Äußerungen zum weiteren Vorgehen weiterhin zurück. „Wir haben die Entscheidung noch nicht getroffen und werden uns in der kommenden Woche mit dem Vorhabenträger und den eingebundenen Juristen weiter beraten“, sagt Bürgermeister Sönke Hartlef.

Stadt oder Vorhabenträger könnten beim OVG gegen den Baustopp Beschwerde einlegen. Paschedag sieht dafür keine großen Erfolgsaussichten, doch die Reparatur und Neuauslegung der Bauleitplanung würde sehr lange dauern: „Vielleicht setzen sie lieber alles auf eine Karte und legen Beschwerde ein.“

Seine Fraktion würde das unterstützen, sagt Kai Holm, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stader Rat. Er sagt aber auch: „Ich bin kein Jurist.“ Die Treibhausgas (THG)-Emissionen, deren Menge das Verwaltungsgericht veranschlagt sehen möchte, seien in den Beratungen zum Surfpark gar kein Thema gewesen. Sehr wohl aber die Nachhaltigkeit des Projekts mit Fotovoltaik und energetischer Selbstversorgung.

Das Gericht bemängelte auch, dass es keine richtige Umweltverträglichkeitsprüfung gab. „Uns wurde gesagt, dass es keine braucht. Da muss ich mich schon auf die Auskunft unserer Verwaltungsexperten verlassen“, sagt Kai Holm.

Tristan Jorde, Fraktionsvorsitzender der Linken, hat das nicht getan. „Wir haben Akteneinsicht beantragt“, sagt er. Dabei sei aufgefallen, dass die PV-Nutzung nicht im Bebauungsplan festgeschrieben sei, und das moniere nun auch das Verwaltungsgericht.

Bei den Grünen stand es in Sachen Surfpark 50:50

„Innerhalb der Grünen waren wir uns über dieses Projekt nicht einig, am Ende stand es 50:50“, sagt Karin Aval, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie möchte darum nur für sich sprechen, wenn sie erklärt, wie lähmend sie den Beschluss findet: „Wenn das so bestehen bleibt, müssen das jetzt alle Unternehmen so machen. Dann ist jede Planung tot.“

Zum Klimaschutzgesetz gebe es noch keine Vollzugsanweisungen. Wie die THG-Emissionen zu ermitteln wären, sei nicht klar: Gehören nur die durch den Surfpark-Betrieb erzeugten dazu? Oder auch der verursachte Verkehr? „Das ist die Einschätzung eines Richters. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Bestand hat.“ Sie und ihre Generation, sagt Karin Aval, hätten in ihrem Leben alles gemacht und ausprobiert: „Und nun sollen wir den jungen Leuten sagen, ihr dürft gar nichts mehr? Das geht nicht.“

Friedl (CDU): Fehlerfreie Planung kaum noch möglich

Er sei ein Freund des Rechtsstaats, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Friedl, aber: „Es ist heute kaum noch möglich, eine Planung zu erstellen, ohne irgendwo einen Fehler zu machen.“ Die Treibhausgas-Emissionen des Surfparks seien niedriger als bei einem Freibad oder beim Bildungscampus Riensförde. Dort meckere keiner. Es gehe hier auch um die Frage: „Was gönnen wir den Menschen in ihrer Freizeit?“

Dazu, weshalb beim Surfpark nicht an Strom aus Windkraft gedacht wurde, führen Friedl wie auch Aval und Holm an, dass der Landkreis für den Bereich bisher kein Vorranggebiet ausgewiesen hat. Auch sei Windkraft im Gewerbegebiet in Niedersachsen - anders als in Hamburg - aus versicherungstechnischen Gründen nicht erlaubt.

Über zukünftige Windkraftanlagen sei aber gesprochen worden, sagt Enrico Bergmann, Fraktionsvorsitzender der FDP. Seine Fraktion sei tief in die Thematik eingestiegen, habe sich beraten lassen und auch der BI aufmerksam angehört. „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass der Investor vorbildlich geplant und alles getan hat, um das Projekt nachhaltig zu gestalten.“ Bergmann bleibt optimistisch: „Das wird ein Magnet für die Region und muss weiter unterstützt werden.“

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