Wegen Aldi: Lidl baut seine Filialen radikal um

Der Lebensmitteldiscounter Lidl hat zuletzt im Jahr 2020 sein Filialkonzept überarbeitet. Foto: Marijan Murat/dpa
Beim Discounter soll es für alle Kunden sichtbare Veränderungen geben. Zudem verändern immer mehr Supermärkte ihren Kassenbereich mit dieser Neuerung.
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Köln. Haben Sie es schon bemerkt? Der Discounter Lidl passt derzeit sein Filialkonzept an. Wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtete, solle in den Läden wieder mehr ein „Discounter-Feeling“ aufkommen. Laut Bericht sollen etwa schicke Weinregale abgebaut werden, schlichteres Mobiliar eingesetzt werden. Auch in der Kundenführung durch die Gänge soll es Änderungen geben.
Auf Nachfrage der „Lebensmittel Zeitung“ bestätigte Lidl die Umbaupläne. Es gehe um „Optimierungen am Filiallayout“, hieß es. Zuletzt hatte Lidl im Jahr 2020 sein Filialkonzept überarbeitet und diesem einen edleren Antlitz verpasst.
So will Lidl sein Discounter-Image wieder stärker betonen
Das Unternehmen plane laut Bericht den Umbau von Obst- und Gemüsetheken. Durch den Umbau vor drei Jahren seien bei Lidl kompliziertere Abläufe entstanden. Teils seien Gänge und Warenabteilungen zugebaut worden. Das sei für Mitarbeiter ebenso wie für Kunden ein Problem.
Als Beispiel nennt die „Lebensmittel Zeitung“ die Süßwarenregale. Diese versteckten sich meist hinter der Gemüse- und Obst-Abteilung und seien in einem Gang durch einen sogenannten Querriegel separiert. So könne der Kunde nicht schnell genug zugreifen, werde weniger stark zum Kauf animiert.
Einer der Hauptgründe für den Sinneswandel bei Lidl soll auch Konkurrent Aldi sein. Dieser habe seine Filialen zwar auch nach und nach aufgehübscht, allerdings mit mehr Erfolg als Lidl. Aldi wächst in der Kundengunst seit Monaten stärker als Lidl.

Edel, aber nicht Discounter-like? Das Weinregal bei Lidl. Foto: Federico Gambarini/dpa
Zahl der Selbstbedienungskassen in Supermärkten stark gestiegen
Ebenfalls neu bei Lidl: Selbstbedienungskassen. Diese würden an mehreren Standorten in den vergangenen Wochen getestet. Bislang sei das Kundenfeedback überwiegend positiv, hieß es.
Die Zahl der Geschäfte mit Self-Service-Angeboten dürfte in Zukunft noch deutlich steigen. In vielen Rewe-Märkten bezahlt nach Angaben des Unternehmens heute bereits jeder Zweite seinen Einkauf an einer Selbstbedienungskasse. Bei Umbauten oder Neueröffnungen von Filialen sind Selbstbedienungskassen längst Standard. Bei den Discountern ist noch mit erheblichem Wachstum zu rechnen.

Immer mehr Kunden in Deutschland scannen ihre Produkte an der Ladenkasse selbst. Foto: Swen Pförtner/dpa
Aldi Süd hatte bereits Anfang des Jahres angekündigt, vor allem in großen Städten stärker auf SB-Kassen setzen zu wollen. Auch Aldi Nord testet entsprechende Systeme. Werden konventionelle Kassen in absehbarer Zeit ganz verschwinden? Frank Horst vom Handelsforschungsinstitut EHI erwartet das nicht. Ein Teil der Menschen lehne SB-Kassen immer noch ab und die Händler wollten keine Kunden verlieren.
Wenn der Supermarktkunde Kasse macht
Verbraucherinnen und Verbraucher übernehmen im Einzelhandel heute schon häufig die Arbeit der Kassierer. Produkte scannen, selbstständiges Bezahlen - für viele Kunden ist das vielerorts längst Alltag.
Der Analyse der EHI zufolge können Kunden deutschlandweit schon in mehr als 5000 Geschäften entsprechende Angebote nutzen, vor zwei Jahren lag die Zahl noch bei 2310. Die Tendenz ist deutlich steigend. „In zehn Jahren wird etwa jeder dritte Supermarkt über Selbstbedienungskassen verfügen“, prognostiziert EHI-Experte Frank Horst.

Analyse: Kassen ohne Personal in Supermärkten. Foto: dpa/J. Reschke
Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
Zwei Self-Service-Varianten sind weit verbreitet
Vor allem zwei Systeme haben sich etabliert: Mithilfe von Selbstbedienungskassen, auch Self-Checkout-Kassen genannt, können Kunden ihre Einkäufe über den Scanner ziehen und bezahlen, ganz ohne Personal. Daneben gibt es die Variante des mobilen Self-Scanning.
Nach der Anmeldung können Verbraucher schon während ihrer Runde durch den Supermarkt die Produkte scannen - mit speziell ausgestatteten Einkaufswagen, Handscanner oder per App auf dem Smartphone („Scan & Go“). Das spart Zeit, denn das Auspacken und erneute Registrieren der Waren an der Kasse entfällt. Self-Checkout ist deutlich weiter verbreitet als Self-Scanning, viele Geschäfte bieten nur eines der beiden Systeme an, einige auch beide.
Selbstbedienungskassen im Kommen
Vor allem die stationären Self-Checkout-Angebote haben laut EHI in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt. Der Einzelhandel kommt demnach aktuell auf rund 16.000 SB-Kassen (2021: 7240) in insgesamt 4270 Geschäften (2021: 1687). In Supermärkten, wo die Technik besonders häufig eingesetzt wird, gibt es 9600 der modernen Kassen, die sich auf 2600 Märkte verteilen.
Das sind durchschnittlich 3,7 SB-Kassen pro Filiale. Der Marktanteil liegt damit bei etwa 7,5 Prozent. Am häufigsten zu finden sind SB-Kassen bei Rewe und Edeka, wo jeweils mehr als 750 Märkte entsprechend ausgestattet sind. Die Technik kommt aber längst nicht nur in Supermärkten zum Einsatz, sondern unter anderem auch bei Bauhaus, Rossmann, Decathlon und Ikea.
Barzahlungsangebote nehmen ab
Als die SB-Kassen eingeführt wurden, war die Möglichkeit der Barzahlung an den Terminals noch weit verbreitet. Im Jahr 2021 konnten Kunden noch in 76 Prozent der Supermärkte mit SB-Kassen an diesen ihren Einkauf bar bezahlen, aktuell ist das nur noch in 44 Prozent der Filialen möglich. Immer mehr Unternehmen verzichten bei der Einrichtung neuer Systeme auf den Einsatz von Barzahlungsmodulen. Einige Händler setzen weiter darauf, weil dies von Kunden explizit gewünscht wird.
Das sind die Vor- und Nachteile
Weniger Platzbedarf, kürzere Wartezeit: Diese Vorzüge von SB-Kassen werden von Unternehmen besonders häufig genannt. Als die ersten Selbstbedienungskassen vor Jahren eröffnet wurden, gab es auch kritische Reaktionen. Wozu braucht es in Zukunft überhaupt noch Kassierer? Heute hat sich die Sicht verändert. Wie viele Branchen hat auch der Einzelhandel mit erheblichen Personalproblemen zu kämpfen. „Unser Bedarf nach Personal für unsere Märkte steigt jährlich, während es immer weniger Bewerbungen auf die Stellen im Verkauf gibt“, sagt ein Rewe-Sprecher.
Die SB-Kassen sorgten für Entlastung und Flexibilität bei der Personalplanung. Frank Horst, der Autor der EHI-Studie, sieht darin „einen Haupttreiber für die Verbreitung der Systeme“. Die Kundenakzeptanz sei deutlich gestiegen. SB-Kassen haben aber auch einen Nachteil. So steige mit der zunehmenden Verbreitung und Nutzung auch das Diebstahlrisiko, heißt es in der EHI-Studie. Die Unternehmen zwinge das zu technischen Nachrüstungen im Kassenbereich - wie Ausgangsschleusen, Kameraüberwachung und Gewichtskontrollen durch Waagen. (dpa)