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Landwirtschaft

TZeigt die Nacht-Blockade in Bremerhaven, dass der Bauernprotest eskaliert?

Die Lage am Carl-Schurz-Gelände war am Freitagabend angespannt. Polizei und Landwirte sowie deren Sympathisanten verhandelten über Claus Seebeck miteinander.

Die Lage am Carl-Schurz-Gelände war am Freitagabend angespannt. Polizei und Landwirte sowie deren Sympathisanten verhandelten über Claus Seebeck miteinander. Foto: Scheschonka

Bei einer unangemeldeten Hafenblockade in Bremerhaven kommt es zwischen Landwirten, Unternehmern und Polizei zu gefährlichen Situationen. CDU-Politiker Claus Seebeck sollte schlichten. Geht der Protest zu weit? Das sagen die Beteiligten dazu.

Von Leandra Hanke und Ursel Kikker Sonntag, 04.02.2024, 18:30 Uhr

Bremerhaven. Spätestens als sich die Polizeibereitschaft und -hundeführer aufstellten, wurde klar: Diese Blockade ist anders als die vorherigen. Etwa 80 Personen hatten am Freitag in Bremerhaven stundenlang mit Treckern und anderen Fahrzeugen die Wurster Straße in Höhe Amazon versperrt und damit die Zufahrtsstraße zum Hafen blockiert. Die Trecker tragen Kennzeichen aus Cuxhaven, aber zum Beispiel auch aus Rothenburg-Wümme oder Osterholz-Scharmbeck. Einige Protestler sind bereits Freitagmorgen bei den angemeldeten Versammlungen vor den Hafeneinfahrten dabei gewesen. Die spontane Blockade-Aktion am Freitagnachmittag sollte sich bis in die Nacht hinziehen. Um 1.20 Uhr war der Polizeieinsatz beendet.

Polizeibeamte während Einsatz gefährdet worden

Nach etwa vier Stunden, kurz vor 20 Uhr, hatte die Polizei das erste Mal versucht, die Versammlung aufzulösen. Den Protestierenden drohen Strafanzeigen, wenn sie das Gelände nicht räumen, sagte die Polizei durch. Doch es rührte sich nichts. Stattdessen pöbelten einige: Das wäre „gegen die Bürger“. - „Es ist das erste Mal, dass sie nicht kooperieren“, sagte ein Polizeibeamter.

Unterdessen versuchten einige Landwirte mit ihren Traktoren, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen, um zu der Blockadestelle zu gelangen. Dabei seien Polizeibeamte gefährdet worden, teilte die Polizei mit. Gegen die Traktorfahrer wurden Strafverfahren eingeleitet. Der Versammlungsleiter, ein Bauunternehmer, dessen Fahrzeug das Kennzeichen Lüdinghausen trug, fuhr ab.

Dann tauchte ein Gartenbauer aus Osnabrück auf, nahm die Rolle des Vermittlers ein. „Ich glaube, wir wollen heute Abend alle mit einem heilen Gesicht nach Hause gehen“, rief er in die Gruppe.

Die Polizei hatte die Demonstranten umstellt. Es gab längere Diskussionen darum und um die Aufnahme der Personalien. Am Ende wurden die Demonstranten einzeln unter Polizeibegleitung aus dem Kreis geführt, die Teilnehmer gaben ihre Personalien auf und durften gehen.

Aktion sei aus Sicht der Landwirte friedlich verlaufen

Jan Ehler, ein Sprecher der Protestierenden, zeigte Verständnis für das Vorgehen der Polizei. Auch könne er verstehen, dass Traktoren, die auf einen zufahren, im ersten Moment bedrohlich wirken. „Die Trecker sind etwa 50 Meter vor den Polizeibeamten zum Stehen gekommen. Wir heißen das nicht gut, aber es niemand zu Schaden gekommen.“

Als Gründe für die spontane Blockade nennt Ehler den Frust über die geringen Auswirkungen der Hafenblockade am Freitagmorgen sowie die Tatsache, dass die Bundesregierung dem Abbau von Subventionen beim Agrardiesel zugestimmt hat.

Bei der spontanen Blockade sei zwar nicht alles „glattgelaufen“, so Ehler: „Aber wir haben uns friedlich verhalten und sind froh darüber, dass wir wenigstens auf Landesebene politisch Gehör gefunden haben.“ Die Landwirte hatten den niedersächsischen Landtagsabgeordneten Claus Seebeck (CDU) aus Flögeln gegen 21 Uhr dazugerufen, damit der vor Ort vermitteln kann.

Seebeck hatte mit den Demonstrierenden, von denen er einige persönlich kannte, Gespräche geführt. Die Landwirte hätten bislang einen so guten Protest hingelegt. „Wollt ihr das wirklich eskalieren lassen?“, fragte Seebeck vor Ort in die Runde. „Für politische Aufmerksamkeit darf man keine rechtlichen Grenzen überschreiten.“ Dass keine Gewalt angewendet werden musste, bewertet er als positiv, eskaliert sei die Situation aus seiner Sicht nicht. „Im Endeffekt haben sie alle freiwillig den Platz verlassen, das ist das Wichtigste.“

Weitere Proteste und Aktionen geplant

Und wie geht es weiter? Der Rat des CDU-Landtagsabgeordneten lautet, sich etwas zurückzunehmen und die Entscheidung des Bundesrats sowie die von den Bundespolitikern versprochenen Gespräche über die Situation der Landwirte abzuwarten. Bekannt ist, dass Landwirte aus dem Cuxland und der Region am Montag in Nordenham beim Besuch des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) Präsenz zeigen wollen. Ehler und seine Protestgruppe haben wenig Hoffnung, dass die Politik auf ihre Forderungen reagiert und kündigen bereits weitere Proteste und Aktionen in den kommenden Wochen an.

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