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Nach Richter-Entscheid

THahnöfersand: Altländer wollen Gefängnisinsel von Hamburg kaufen

Blick auf Hahnöfersand: Links sind das Gefängnis und der Hafen zu sehen, rechts der Schafstall des Deichverbandes. Oberhalb der Borsteler Binnenelbe sind die Schallen und die K39 zu sehen.

Blick auf Hahnöfersand: Links sind das Gefängnis und der Hafen zu sehen, rechts der Schafstall des Deichverbandes. Oberhalb der Borsteler Binnenelbe sind die Schallen und die K39 zu sehen. Foto: Martin Elsen

Die Gemeinde Jork soll die Gefängnisinsel Hahnöfersand kaufen. Dafür machen sich CDU und FDP stark, für sie geht es vor allem um die Deichsicherheit. Ein Gerichtsbeschluss spielt Christdemokraten und Liberalen in die Karten. Das ist ihr Vorschlag.

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Von Björn Vasel
Dienstag, 23.04.2024, 19:50 Uhr

Jork. Die Fraktionsvorsitzenden Peter Rolker (FDP) und Michael Eble (CDU) machen sich für den Kauf der nach der Sturmflut 1962 eingedeichten Elbinsel Hahnöfersand zu einem symbolischen Preis stark. „Uns geht es vorrangig um die Deichsicherheit, in zweiter Linie um den Tourismus“, sagt Rolker. Dafür müsse die Kommune die „uneingeschränkte Verfügungsgewalt“ über Hahnöfersand erlangen. Der Liberale verweist auf den Rechtsstreit zwischen Hamburg und Deichverband. Eble und Rolker sehen den Senat in der Verantwortung, der Schutz der Menschen hinter den Deichen müsse Vorrang vor der Schaffung von Öko-Ausgleich haben.

Auf Hahnöfersand sollen zwei Kleilager geschaffen werden

Zur Ausgangslage: Die Elbdeiche müssen aufgrund des Klimawandels erhöht werden. In Hinterbrack soll es 2025 losgehen. Deshalb setzen sich der Deichverband der II. Meile Alten Landes und die Gemeinde Jork dafür ein, dass auf Hahnöfersand zwei Kleilager geschaffen werden. Die Gemeinde hat ein Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht und im April 2023 eine Veränderungssperre beschlossen. Die Hamburger dürfen vorerst keine weiteren Gebäude abreißen. Seitdem laufen Gespräche über die zukünftige Nutzung der Insel. Das Gefängnis soll 2027/2028 schließen - nach dem Umzug nach Billwerder.

Blick auf das Gefängnis auf Hahnöfersand.

Blick auf das Gefängnis auf Hahnöfersand. Foto: Vasel

Die Hamburger wollen nach dem Abriss der Justizvollzugsanstalt eine Ausgleichsfläche für Wiesenbrüter auf Hahnöfersand schaffen. Ein Vogelparadies würde allerdings Deichunterhaltung und -bau gefährden. Während der Brut- und Setzzeit von April bis Juni dürften keine Bagger rollen. Der Deichverband hat Klage eingereicht. Diese liegt auf Eis, es laufen Friedensgespräche. Hamburg ist seit 1902 Eigentümerin von Hahnöfersand.

Richter kippen die Hamburger Pläne

Ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg spielt den Altländern in die Karten. In ihrer Entscheidung hatten die Verwaltungsrichter im Januar/ Februar (AZ: 2 Bs 19/24) deutlich gemacht, dass das Feldlerchen-Paradies auf Hahnöfersand kein Öko-Ausgleich für den geplanten 118 Hektar großen neuen Stadtteil Oberbillwerder darstellen würde. Die Begründung: Hahnöfersand sei 20 Kilometer entfernt. Das sei zu weit weg. Aufgrund der Ortstreue der Vögel müsse das Vogelasyl maximal zwei Kilometer von Oberbillwerder entfernt liegen. Das heißt: Geeignete Nistplätze müssten in ihrem Revier entstehen - ohne zeitlichen Bruch. Die Richter verwiesen in dem 23 Seiten starken Beschluss auf die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung.

Mit diesem Beschluss habe die Insel keinen großen Nutzen mehr für Hamburg. „Hahnöfersand ist nicht tauglich für Öko-Ausgleich“, sagt Rolker. Das Urteil, so Jurist Eble, mache letztlich den Weg frei für eine andere Nutzung. Die Idee: Auf 6,5 Hektar entstehen ein Kleilager und eine Kleireifestätte. Der Liberale Rolker hat Anfang 2023 für den Wasser- und Bodenverband Jork-Borstel-Ladekop in der verstopften Borsteler Binnenelbe mehrere Proben ziehen lassen. Ergebnis: Das Material ist deichbaufähig. 400.000 Kubikmeter Klei und 200.000 Kubikmeter Schlick könnten mit dem Bagger herausgeholt werden. Das Unterwassergebirge wächst stetig - seit der Elbvertiefung von 1999 um rund 70 Zentimeter. Das würde Stauraum für die Be- und die Entwässerung schaffen. Das Material könnte auf Hahnöfersand gelagert werden. In einer Reifestätte könnte der Schlick trocknen und zu Kleiboden reifen.

Hahnöfersand soll in mehreren Stufen touristisch entwickelt werden

Damit nicht genug. Die Kreisstraßen würden komplett entlastet und nicht geschädigt, der Transport könnte über die Elbe auf Schuten laufen. Dafür müsste der alte Hafen von Hahnöfersand ausgebaggert und ertüchtigt werden. Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts begrüßt den Vorstoß, der Verband selbst will von Hamburg die Flächen für die Deicherhöhung - verbunden mit einer Verbreiterung von 25 Metern - und den bislang gepachteten Schafstall kaufen.

Der Deichverband der Zweiten Meile Alten Landes hat den früheren Kuhstall auf der Gefängnisinsel Hahnöfersand gepachtet und zum Schafstall umgebaut.

Der Deichverband der Zweiten Meile Alten Landes hat den früheren Kuhstall auf der Gefängnisinsel Hahnöfersand gepachtet und zum Schafstall umgebaut. Foto: Vasel

In mehreren Stufen wollen die Altländer die Insel touristisch entwickeln. Erst soll der Elberadweg über die 68 Hektar große Insel gelegt werden. Gefängnisgebäude könnten für den Tourismus und für ein Insel-Museum genutzt werden, am Hafen könnte ein Hotel mit Marina entstehen. Auch die Sportanlagen könnten weiter genutzt werden. Rolker: „Hamburg würde finanziell profitieren.“ Die 14 Millionen Euro für den Abriss der Gebäude entfielen.

Der Antrag wird am Donnerstag, 25. April, 19 Uhr, von Schwarz-Gelb bei der Ratssitzung in der Festhalle eingebracht. Eine TAGEBLATT-Anfrage ließ die Hamburger Senatskanzlei am Montag unbeantwortet. Im Alten Land rumort es. Die Hamburger wollen Hahnöfersand laut Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft weiter für Naturschutzmaßnahmen nutzen.

Der frühere Leiter des Gefängnismuseums, Wolfgang Steiner, läutet die Appellglocke von 1915.

Der frühere Leiter des Gefängnismuseums, Wolfgang Steiner, läutet die Appellglocke von 1915. Foto: Vasel

In Gesprächen haben sie auch vorgeschlagen, die Ex-Insel und das Obstbaugebiet in den Schallen, die 180 Hektar sind in Privateigentum, komplett auszudeichen - und den Hauptdeich auf die Linie von 1962 an die K39 zurückzuverlegen. Das ist für die Kommune und den Oberdeichrichter Ulferts angesichts des Untergrunds am Großen Brack „inakzeptabel. Wir werden nicht zulassen, dass die Deichsicherheit gefährdet wird“.

Nachnutzung als Übernachtungsquartier für Fahrradtouristen? Blick auf das Christian-Koch-Haus: Es orientiert sich im Stil an den Bauten des bekannten Architekten und Stadtplaners Fritz Schumacher (1869 - 1947). Das Foto (um 1924) stammt von dem Hamburger Bauleiter Hans Schnakenbeck. Er leitete die Bauarbeiten für das Jugendgefängnis. Der Bau steht für den Reformstrafvollzug der Weimarer Republik.

Nachnutzung als Übernachtungsquartier für Fahrradtouristen? Blick auf das Christian-Koch-Haus: Es orientiert sich im Stil an den Bauten des bekannten Architekten und Stadtplaners Fritz Schumacher (1869 - 1947). Das Foto (um 1924) stammt von dem Hamburger Bauleiter Hans Schnakenbeck. Er leitete die Bauarbeiten für das Jugendgefängnis. Der Bau steht für den Reformstrafvollzug der Weimarer Republik. Foto: Altländer Archiv

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