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ÖPNV

TÄrger im Alten Land: Hadag will Fähre Cranz-Blankenese einstellen

Die Hadag-Fähre Cranz-Blankenese steht vor dem Aus.

Die Hadag-Fähre Cranz-Blankenese steht vor dem Aus. Foto: Vasel

Die Hadag hat die Fährlinie Cranz-Blankenese beerdigt. Stattdessen setzt das Tochterunternehmen der landeseigenen Hochbahn AG auf eine neue Expressfähre - ab Finkenwerder. Die Altländer sind auf Zinne.

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Von Björn Vasel
Samstag, 20.07.2024, 08:50 Uhr

Cranz. Die Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz ist enttäuscht - von der Hadag, aber auch von der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende. Der Grund: In der vergangenen Woche hat die landeseigene Hochbahn-Tochter Hadag in Finkenwerder ihre Vorstellungen für eine Neuordnung des Fährverkehrs auf der Elbe skizziert. Die Traditionslinie Cranz-Blankenese (HBEL) spielt keine Rolle mehr. Die Hadag kommt zu dem Schluss: „Auf der Fährlinie Cranz - Blankenese kann aufgrund der Verschlickung der Este kein zuverlässiger Betrieb stattfinden.“ Die Präsentation liegt dem TAGEBLATT vor.

Stattdessen sind unter anderem eine Nonstop-Fähre - als neue Linie 66 - zwischen Finkenwerder und St. Pauli Landungsbrücken (montags bis freitags im 40-Minuten-Takt) und eine weitere neue Verbindung zwischen Finkenwerder und Blankenese im Gespräch. Letztere soll als neue Linie 65 am Wochenende im 60-Minuten-Takt fahren.

Bei der Expressfähre, sprich der Linie 66, liegt der Fokus auf den Pendlern. Die Fährlinie 64 (Teufelsbrück - Rüschpark - Finkenwerder) soll am Wochenende häufiger fahren und durch eine Verdichtung auf einen 15-Minuten-Takt mehr Radtouristen im Sommer auf die Fähre locken. Davon werde auch das Alte Land profitieren, heißt es. Das „attraktivere Angebot“ soll helfen, mindestens 372.000 zusätzliche Fährgäste zu gewinnen.

Altländer kämpfen für Erhalt der Traditionslinie

Offiziell ist die Linie HBEL noch nicht tot, das letzte Wort hat die Stadt. Ein Todesurteil wollen die Altländer nicht klaglos hinnehmen. „Wir vermissen, dass Hadag und Senat sich für den Erhalt einsetzen“, ergänzt Dr. Boy Friedrich, aktiv in der Bürgervertretung. Der Senat müsse sich für eine Entschlickung der Este bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes starkmachen. Die Fähre sei eine umweltfreundliche Alternative zum Pkw.

Hinweiszettel im Schaukasten am Fähranleger in Neuenfelde am Este-Sperrwerk.

Hinweiszettel im Schaukasten am Fähranleger in Neuenfelde am Este-Sperrwerk. Foto: Vasel

„Wir sehen die Probleme“, sagt Manfred Hoffmann von der Bürgervertretung und verweist auf die Verschlickung der Este und die Personalprobleme bei der Hadag. Deshalb fährt die Fähre seit Monaten nicht oder unregelmäßig, am 3. Juni legte die Altona das letzte Mal in Neuenfelde an. Seitdem steht im Schaukasten der Satz: Ab dann kein Betrieb.

Die Altländer machen sich weiter für Übergangslösungen stark. Die Hadag solle die Fähre Cranz/Neuenfelde - Blankenese zumindest am Wochenende weiterfahren lassen für Ausflügler und Touristen. Ein Ponton am Este-Sperrwerk könne regelmäßige An-/Abfahrten trotz Gezeiten und Verschlickung sichern, so Dr. Friedrich. Wenn Hamburg die Sietas-Werft wie geplant gekauft habe, gebe es wieder ein zusätzliches Fahrgast-Potenzial: die Mitarbeiter der neuen Betriebe. „Dann könnte der Fahrplan wieder ausgeweitet werden“, ergänzt Hoffmann. Notwendig sei letztlich ein Fährkonzept für die Metropolregion Hamburg.

Kein Schiff in Sicht: Dr. Boy Friedrich und Manfred Hoffmann von der Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz wollen die Hadag-Fährlinie Cranz-Blankenese (HBEL) erhalten.

Kein Schiff in Sicht: Dr. Boy Friedrich und Manfred Hoffmann von der Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz wollen die Hadag-Fährlinie Cranz-Blankenese (HBEL) erhalten. Foto: Vasel

Dass es keine Anstrengungen zum Erhalt der Fährverbindung gebe, ist auch für Jorks Bürgermeister Matthias Riel eine „große Enttäuschung“. Die HBEL sei ein wichtiger ÖPNV-Baustein und „unverzichtbar für den Tourismus“.

Verschlickung torpediert Zukunft der HBEL-Fähre

Anfang Juni hatte Hadag-Vorstand Tanja Cohrt in Cranz deutlich gemacht, dass der Fokus des Unternehmens auf den Linien 62 (Finkenwerder - Landungsbrücken) und 64 (Finkenwerder - Teufelsbrück) liege. Diese kommen auf einen Anteil von 60 Prozent bei den Fahrgästen. 8,5 Millionen Fahrgäste nutzen diese Linien.

Die Verschlickung ist ein Riesenproblem in der Este, links ist die insolvente Sietas-Werft zu sehen.

Die Verschlickung ist ein Riesenproblem in der Este, links ist die insolvente Sietas-Werft zu sehen. Foto: Vasel

Auf der HBEL hingegen gingen 2023 im Schnitt gerade mal 7 (Winter) bis 23 Fahrgäste pro Tag (Sommer) an Bord. Das hat seine Gründe, unter anderem die Insolvenz der Sietas-Werft und die Unzuverlässigkeit des Fahrplans. Aufgrund von Verschlickung, Niedrigwasser oder Sperrwerksschließungen/-spülungen wurden 65 Prozent der HBEL-Fahrten in der Vergangenheit nach Finkenwerder umgeleitet - ohne Halt in Neuenfelde und Cranz. Viele Fahrgäste stiegen auf Bus (Linie 150) oder Pkw um.

In Spitzenzeiten wies die Cranz-Fähre 100.000 Fahrgäste auf, 2023 waren es nur noch knapp über 30.000. Die HBEL mache ein Minus von 1,2 Millionen Euro im Jahr. Für die Hadag sei die Direktverbindung Blankenese-Finkenwerder „wirtschaftlicher“, sie könne mit allen Schiffstypen und lediglich mit einem statt zwei Mitarbeitern (wie auf der HBEL) bedient werden.

Hadag rechnet intern: Mehr Fahrgäste bedeuten größeres Minus

Doch selbst mehr Fahrgäste würden die Wirtschaftlichkeit der Fährlinie nicht verbessern. Auch bei einer Vervierfachung der Fahrgastzahlen - verbunden mit Baggerarbeiten für mindestens eine Million Euro - würde das Defizit auf zwei Millionen Euro klettern, rechnet die Hadag intern.

Die Alternative Bus (Linie 150) beziehungsweise Bus und Fähre 62 (Landungsbrücken) oder Fähre 64 (Teufelsbrück) ab Finkenwerder hält die Hadag für besser, der Verkehrsweg sei „zuverlässiger“. Die HBEL-Fähre querte die Elbe in 25 Minuten (Cranz - Blankenese), mit Bus/Fähre wären die Altländer bis zu 75 Minuten unterwegs. Mit der neuen Express-Fähre (Linie 66) ab Finkenwerder könnten Cranzer nach der Anfahrt mit dem 150er in 48 Minuten an den Landungsbrücken sein, die Schnellfähre wird für die Elbquerung 25 Minuten benötigen.

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