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Klimaschutzregion

TAltes Land und Horneburg: Bürgermeister setzen auf legale Klimakleber

Die Bürger aus den Samtgemeinden Lühe und Horneburg sowie der Gemeinde Jork wünschen den Ausbau der Photovoltaik - auf Dächern und Obstplantagen.

Die Bürger aus den Samtgemeinden Lühe und Horneburg sowie der Gemeinde Jork wünschen den Ausbau der Photovoltaik - auf Dächern und Obstplantagen. Foto: Vasel

Gemeinsam wollen die Horneburger und Altländer den Klimaschutz in der Region vorantreiben: Bei der Aktualisierung des Klimaschutzkonzeptes sind die Bürger gefragt. Beim Auftakt in Steinkirchen setzten die Bürgermeister auf legale Klimakleber.

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Von Björn Vasel
Samstag, 02.12.2023, 09:50 Uhr

Steinkirchen. Die Klimaschutzregion Altes Land und Horneburg will ihren Beitrag leisten, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht. Viel Zeit bleibt nicht. Bis 2040 sollen die Treibhausgas-Emissionen in der Bundesrepublik um mindestens 88 Prozent reduziert werden, für 2045 sieht das deutsche Klimaschutzgesetz die Treibhausgasneutralität vor.

Das entspricht einer Kohlendioxid-Minimierung von 4,5 Prozent im Jahr. EU-weit muss ein Reduktionsziel von 55 Prozent in sieben Jahren erreicht werden. Damit soll die globale Erderwärmung begrenzt werden. Bei der Weltklimakonferenz von 2015 in Paris hatte sich die Staatengemeinschaft verpflichtet, die Erderwärmung bis 2100 auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Einsparpotenziale bei Wohnen und Verkehr

Altländer und Horneburger allein werden die Welt nicht retten können. Gleichwohl machten Klimaschutzmanagerin Jacqueline Gerken und die Berater vom Fachbüro „KoRiS - Kommunikative Stadt- und Regionalentwicklung“ deutlich, dass ein Beitrag im Kleinen möglich ist.

Jochen Rienau von KoRis verwies auf Energie- und Kohlenstoffdioxid-Bilanz. Der Energieverbrauch der Klimaschutzregion liege bei 671.300 Megawattstunden im Jahr. Die Haushalte - für Wärme und Strom - stehen mit einem Anteil von 46 Prozent auf Platz eins, gefolgt vom Verkehr mit knapp 34 Prozent. Industrie und Gewerbe folgen auf Platz 3 mit 17,4 Prozent.

Ähnlich sieht es bei der CO2-Bilanz aus. Die größten Reduktionspotenziale liegen bei Wohnen und Verkehr. Weil auf dem Land der ÖPNV ein Trauerspiel ist, müssten Alternativen zum Pkw her.

Dieser ist für 66 Prozent der CO2-Emissionen von insgesamt 72.000 Tonnen im Jahr verantwortlich, gefolgt vom Lkw (19 Prozent) und vom Schienenverkehr (4,94 Prozent). 81,4 Prozent ihrer Wege (Personen-Kilometer) legen die Altländer und Horneburger mit dem Pkw zurück. S-Bahn und Start folgen mit zehn Prozent, Rad und Fuß folgen mit je drei Prozent. Insgesamt legen die Einwohner rund 371 Millionen Kilometer im Jahr zurück.

Klimaschutzregion ist ein Entwicklungsland

Im bundesweiten Vergleich ist die Klimaschutzregion Altes Land und Horneburg noch ein Entwicklungsland. Der Anteil der regenerativen Energien an der Stromerzeugung liegt unter 30 Prozent, deutschlandweit sind es knapp 50 Prozent. Dabei gibt es starke Unterschiede.

Dank Windkraft und Biomasse können die Horneburger ihren Bedarf zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien decken. Im Alten Land dreht sich kein Windrad, Photovoltaikanlagen liefern nur 11 Prozent.

Appell an Bürger und Politiker

Jochen Rienau von KoRis appellierte an Bürger und Politiker: „Es muss ein Ausbau stattfinden.“ Er warb für Windkraft in Bliedersdorf und Repowering in Agathenburg. Des Weiteren müsse die Region verstärkt auf Biomasse und Photovoltaik setzen.

Um die Klimaziele erreichen zu können, seien energetische Gebäudesanierung, Reduzierung des Verbrauchs, Verkehrsvermeidung und „konsequente Umstellung auf E-Mobilität“ unerlässlich. Er warb für bessere Bahn- und Busverbindungen, „mehr Radverkehr“ durch Fahrradinfrastruktur-Ausbau, vom Radschnellweg bis zur E-Bike-Ladestation, und E-Carsharing-Ausweitung (Dorfstromer).

In der Oberschule in Steinkirchen konnten die Bürger ihre Vorschläge an die Stellwände pinnen.

In der Oberschule in Steinkirchen konnten die Bürger ihre Vorschläge an die Stellwände pinnen. Foto: Vasel

Bürger fordern besseren ÖPNV und Wärmeplanung

Die Messlatte liegt hoch: Um das Klimaschutz-Szenario erreichen zu können, müssten laut KoRis alle Gebäude bis 2045 energetisch vollsaniert sein. Des Weiteren müsste die Umstellung auf regenerative Energien und E-Mobiliät bis 2045 komplett erfolgt sein.

Auf allen möglichen Dächern müsste Solarstrom produziert werden. Außerdem müssten alle nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Reststoffe zur Energieerzeugung genutzt werden. Freiflächen-Photovoltaik (an der A26) und Agri-PV (Solarstrom und Äpfel ernten) seien weitere Bausteine.

Bei der Überarbeitung des Klimaschutzkonzeptes von 2016 werden auch Bürger gehört. Beim Auftakt in der Oberschule Steinkirchen durften sie Vorschläge an die Wand pinnen und mit grünen Klebepunkten priorisieren. Bürger wünschen sich Hilfe bei der Frage, wie sie zukünftig heizen sollen. Energiequartiere, Ausbau der Photovoltaik und kommunale Wärmeplanung sind ihnen wichtig, aber auch Windenergie.

Legale Pinnwände für Klimakleber: Jeder Teilnehmer der Auftaktveranstaltung zur geplanten Aktualisierung des Klimaschutzkonzeptes der Region Altes Land und Horneburg konnte fünf grüne Stimmpunkte verteilen.

Legale Pinnwände für Klimakleber: Jeder Teilnehmer der Auftaktveranstaltung zur geplanten Aktualisierung des Klimaschutzkonzeptes der Region Altes Land und Horneburg konnte fünf grüne Stimmpunkte verteilen. Foto: Vasel

Mehr Radwege und Carsharing für die Region?

Des Weiteren werden ein Ausbau von ÖPNV, Radwegen und Carsharing und ortsnahe Einkaufsmöglichkeiten gefordert. Die Bürgermeister Matthias Riel (Jork), Knut Willenbockel (Horneburg), und Timo Gerke (Lühe) wollen die Bürger mitnehmen, ohne diese könnten die Ziele nicht erreicht werden.

Gastgeber Gerke hat einen Wunsch: „Eine Wasserstoff-Fähre für Pendler von Stadersand über Grünendeich bis Hamburg.“ Zwei Klimawerkstätten sollen folgen, am 25. Januar und am 14. März 2024. Im Herbst soll das neue Konzept mit Maßnahmenkatalog stehen.

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