TAm Ende kommt der Hammer: Sietas-Werft wird zwangsversteigert

Verschlickt: Blick auf den Portalkran Jucho auf der Pella Sietas-Werft in Neuenfelde. Foto: Vasel
Die insolvente Pella Sietas-Werft in Neuenfelde kommt im November unter den Hammer. Die Altländer hoffen, dass Hamburg den Zuschlag bei der Zwangsversteigerung bekommt. Warum?
Neuenfelde. Nach Informationen des TAGEBLATT soll die Werft an der Este-Mündung am 13. November im Amtsgericht Hamburg-Harburg versteigert werden. Dieser Termin ist noch nicht im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht worden. Die Bestätigung des Termins durch das Gericht steht noch aus. Dr. Achim Ahrendt von der bundesweit tätigen Insolvenz- und Sanierungskanzlei hww - hermann wienberg wilhelm wollte sich am Freitag noch nicht äußern. Ahrendt war 2021 zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
Seinerzeit lagen nur noch 8000 Euro in der Sietas-Kasse. Dem standen Verbindlichkeiten in Höhe von 60 Millionen Euro gegenüber. Das Eigenkapital war bereits 2019 aufgebraucht. Die russischen Eigentümer und das Management hätten das Unternehmen „an die Wand gefahren“, so Ahrendt. Für Neubauaufträge sah er keine Chance mehr.

Blick auf das Werftgelände. Foto: Vasel
Der Saugbagger Osteriff für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes war das letzte Sietas-Projekt. Es liegt seit Juni 2021 zur Endausrüstung bei Blohm + Voss in Hamburg. Es sollte 95 Millionen Euro kosten. Mittlerweile rechnet der Bund mit mehr als 150 Millionen Euro. Ob es tatsächlich 2025 in Dienst gestellt wird, ist offen.
Die mehr als 500 Gläubiger hatten Forderungen von 300 Millionen Euro - auch für nicht gebaute Schiffe - angemeldet, nachdem die 2014 von Pella Shipyard aus Russland übernommene, bereits 1635 gegründete Werft im Jahr 2021 untergegangen war.
Docks, Maschinen, Werkzeuge, Mobiliar und Krane ließ hww seit 2022 versteigern. Der Portalkran Jucho und die Gebäude blieben übrig. Fast 20 Mitarbeiter gibt es noch, vor fünf Jahren waren es noch knapp 300. Ahrendt machte sich auf die Suche nach Investoren und vermiete die Hallen. Dort werden derzeit Industrieanlagen montiert, aber auch Container und Schwergut umgeschlagen.
Hamburg hat weiterhin Interesse an der Sietas-Werft
Das Betriebsgelände der Pella Sietas GmbH befindet sich seit 2022 im Zwangsversteigerungsverfahren. Finanzsenator Dr. Andreas Dressel (SPD) will es für Hamburg sichern. Im Juli 2023 hatte die Kommission für Bodenordnung den Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) ermächtigt, den Ankauf der 14 Hektar großen Werft zu betreiben. Die Stadt habe weiter Interesse. „Die Freie und Hansestadt prüft die Möglichkeit, das Gelände im Rahmen des noch nicht angesetzten Versteigerungstermins zu erwerben“, sagte der Sprecher der Finanzbehörde, Claas Ricker, am Freitag dem TAGEBLATT.

Sanierungsbedürftig: Blick auf die Hallen der 1635 gegründeten Sietas-Werft an der Este in Neuenfelde. Foto: Vasel
Die Idee: Hamburg erwirbt die Werft im Zuge der Zwangsversteigerung und verpachtet Hallen und Umschlagflächen an Unternehmen auf der Grundlage des Erbbaurechts. Dieses Instrument hat Hamburg bereits bei der Airbus-Erweiterung in Finkenwerder genutzt.
Der Flugzeugbauer zahlt einen jährlichen Erbbauzins. Der Finanzsenator wollte mit der Grundsatzentscheidung ausdrücklich ermöglichen, dass sich Airbus und ReBoat - ein Betrieb für maritimes Recycling - an der Este-Mündung niederlassen.
Bürgervertretung und Bürgerschaftsabgeordnete sehen große Chancen
„Endlich“, kommentierte der Sprecher der Bürgervertretung Neuenfelde - Francop - Cranz, Norbert Dierks, die Nachricht von der Versteigerung. Die Altländer hoffen, dass mittel- und langfristig wieder mehr Arbeitsplätze entstehen und sich sowohl „möglichst nicht störende“ Industrie- als auch Gewerbetriebe ansiedeln.
Mehr Beschäftigte könnten auch zu einer Wiederaufnahme der Hadag-Fährlinie von Cranz/Neuenfelde nach Blankenese führen. Außerdem könnte der Druck auf die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes steigen, Este und Elbe im Bereich der Werft vom Schlick zu befreien.
„Wenn Unternehmen wie Airbus vermehrt auf Seetransporte setzen, wird sich der Bund nicht mehr gegen das Ausbaggern der Bundeswasserstraße Este sperren“, hofft Dierks. Vielleicht ergebe sich auch die Chance, eine länderübergreifende Fährlinie zwischen Stade, Grünendeich und Hamburg auf den Weg zu bringen.
Hoffnung auf Entschlickung der Elbe und Este
„Die Unsicherheit hat ein Ende“, sagt Dr. Gudrun Schittek. Die Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen aus Cranz erhofft sich Rückenwind für den Industriestandort. Sie hofft, dass die Freie und Hansestadt Hamburg zum Zug kommt. Mit der Ansiedlung großer Unternehmen wie Airbus steige die Chance, dass Este und Hafen endlich entschlickt werden.
Schittek setzt auf mehr Schiffstransporte über die Elbe und die Este, um das schon heute stark von Schwerlastverkehr belastete Alte Land von Lkw-Transporten zu entlasten. Außerdem sollte bei der Entwicklung des Standorts geprüft werden, ob das Haupttor vom Fährdeich zum Neuenfelder Hauptdeich verlegt werden könnte.
Airbus äußerte sich am Freitag nicht. Ein Nachbar der Pella Sietas-Werft sieht großes Potenzial für den Standort. In der früheren Neuenfelder Maschinenfabrik sitzt das Unternehmen Este Project Service (EPS) als Mieter. Die Immobilie gehört dem Hamburger Schwergutlogistiker Gustav Seeland.
Spezialisten für Umschlag von Schwergut und Seecontainern
EPS nutzt auch Flächen der Werft. Die Altländer sind Spezialisten für Umschlag von Schwergut und Seecontainern, aber auch Industrieanlagen werden hier montiert. Der Umschlag an der Este-Mündung sichere wichtige Im- und Exportgeschäfte der deutschen Wirtschaft, so der Geschäftsführer der Este Project Service, Habbo Stark. Auch Airbus gehört zu seinen Kunden.
Auf der Werft hat auch ReBoat seinen Sitz. Geschäftsführer Mark Walberg hält sich bedeckt: „Das sind noch ungelegte Eier.“ Seine Firma setzt auf das Recycling kleinerer Schiffe wie Yachten und Schuten. Auch das Recycling von Windkraftanlagen war in der Diskussion.
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