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Küstenschutz

TDer Elbdeich ist sicher - und trotzdem gibt es immer wieder Ärger

Frühjahrsdeichschau: Der Elbdeich zwischen dem Lühe-Sperrwerk und der Grenze zu Hamburg (Cranz) ist sicher. Fast 15 Kilometer legten die Deichschützer zu Fuß zurück.

Frühjahrsdeichschau: Der Elbdeich zwischen dem Lühe-Sperrwerk und der Grenze zu Hamburg (Cranz) ist sicher. Fast 15 Kilometer legten die Deichschützer zu Fuß zurück. Foto: Vasel

Die Deichschützer sind mit dem Abschnitt zwischen dem Lühe-Sperrwerk und Cranz zufrieden - wenn auch nicht restlos. Und in den Fokus gerät wieder der Parkplatz beim Kirschenland.

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Von Björn Vasel
Samstag, 26.04.2025, 05:50 Uhr

Jork. Der Elbdeich ist sicher. „Die Schaureife ist erteilt“, sagte der Oberdeichrichter des Deichverbandes der II. Meile Alten Landes, Wilhelm Ulferts, nach der Frühjahrsdeichschau. Besonders wichtig bei der Deichschau: eine feste Grasnarbe. Sie ist der Panzer der Deiche. Marderhunde, Mäuse und Maulwürfe graben sich aber immer wieder durch den Deich. Und auch Unkraut wie die Distel hat dort nichts zu suchen. Schadstellen zwischen Lühe-Sperrwerk und Cranz werden jetzt beseitigt.

Mensch und Tier gefährden Deichsicherheit

Hundehalter und vermeintliche Tierschützer sind ein weiteres Problem. Freilaufende Hunde und deren Schiet gefährden die Schafe. Und wiederholt schalteten Menschen das Kreis-Veterinäramt ein, weil Schafe bei Wind und Wetter auf dem Deich grasen. „Dabei gab es keine Beanstandungen“, betont Vize-Oberdeichrichter Hans-Jürgen Lindner.

Veterinärkontrollen kosten Deichschäfer Vasile Buza jedes Mal mehr als 200 Euro. Deshalb hat er sich von einer Schafrasse getrennt, die mit Vorliebe die Disteln fraß. Weil diese rassebedingt sehr mager aussehen, gab es wiederholt Anrufe. Dabei gab es ausreichend Futter und Wasser. Disteln müssen jetzt chemisch bekämpft werden. Laut Kreisbaurätin Madeleine Pönitz müsse Buza zahlen, obwohl er sich vorbildlich um seine Tiere kümmere. Das sei paradox, aber rechtlich nicht zu ändern.

Deichverband übernimmt Kirschenland-Parkplatz

Kein Verständnis hat Verbandsingenieur Rolf Scheibel für Ausflügler, die am Strand in Wisch weder Überfahrung noch Deichtreppe nutzen. Der Trampelpfad hat die Grasnarbe zerstört. Die Schwachstelle könnte bei Sturmfluten zum Deichbruch führen. Deshalb wird die Treppe vom früheren Parkplatz am Fährhaus Kirschenland zum 250 Meter entfernten Strandparkplatz am Flutdenkmal elbabwärts verlegt.

Lagerfläche und Stellplatz für schwere Maschinen: Der alte Parkplatz vor dem Fährhaus Kirschenland wird von den Deichbauern genutzt. Dafür muss eine Baugenehmigung eingeholt werden.

Lagerfläche und Stellplatz für schwere Maschinen: Der alte Parkplatz vor dem Fährhaus Kirschenland wird von den Deichbauern genutzt. Dafür muss eine Baugenehmigung eingeholt werden. Foto: Vasel

Der Streit um die Nutzung des Kirschenland-Parkplatzes sorgte im Mai 2024 für Schlagzeilen. Ulferts kündigte an, dass dieser dauerhaft vom Verband gepachtet und als Lagerplatz genutzt werden wird. Die Zufahrt erfolgt über den Deichverteidigungsweg. Der für die Umnutzung erforderliche Bauantrag beim Kreis Stade ist gestellt. Das MTV-Wisch-Haus bekommt einen Anschluss für Starkstrom, im Katastrophenfall können so Sandsäcke maschinell gefüllt werden.

Probleme beim Sielbau an der K39 in Hinterbrack

Auch der Bau des 2,5 Millionen Euro teuren neuen Siels in Hinterbrack war Thema. Der Verband und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mussten umplanen. An der Wettern verläuft ein EWE-Stromkabel parallel zum Radweg, das dort nicht mehr liegen sollte. Außerdem gab es Versackungen in der provisorischen Umfahrung.

Die Arbeiten am Siel in Hinterbrack gehen voran, allerdings muss umgeplant werden.

Die Arbeiten am Siel in Hinterbrack gehen voran, allerdings muss umgeplant werden. Foto: Vasel

Deshalb wird die Rohrleitung nicht von innen nach außen, sondern von der Elbseite aus durch den Hauptdeich verlegt. Das Auslaufbauwerk des Siels ist bereits fertig. Siele dienen in der Marsch der Be- und Entwässerung. In den nächsten Wochen wird der Deich auf einer Breite von 30 Metern abgetragen. Damit das Alte Land bei Sommerfluten geschützt ist, wird die abgetragene Kleierde für den Bau eines fünf Meter hohen Notdeiches genutzt. Dann wird das Rohr auf einer Länge von 70 Metern im Deichbereich, sicher gelagert in einem Spundwandkasten, verlegt.

Danach wird der Anschluss an die Hinterbracker Wettern hergestellt. Der Schwerlastkran wird auf der Kreisstraße stehen, um die 15 Meter langen Spundwandbohlen einzubauen. Bis dahin soll die Umfahrung ertüchtigt werden. Im September soll das Siel fertig sein. Unterhalb der K39 war das Rohr bereits im Sommer 2023 bei der Grundsanierung eingebaut worden.

Solange bleibt es bei der halbseitigen Sperrung. Der Verkehr wird mit einer Ampelanlage im Wechsel vorbeigeführt. 70.000 Fahrzeuge sind wöchentlich auf der K39 unterwegs, morgens staut sich der Verkehr bis Hahnöfersand Ost zurück.

Pachtvertrag für Kleilager auf Hahnöfersand geschlossen

Des Weiteren ist mit Hamburg ein Vertrag geschlossen worden. Der Verband kann zusätzlich zum Schafstall eine 6,5 Hektar große Fläche für ein Lager für 300.000 Kubikmeter Klei auf Hahnöfersand pachten. Das Lager Neuenschleuse ist voll. Weiterer Klei soll möglichst wasserseitig angeliefert und vom Hafen Neuenschleuse mit Lkw nicht über die K39, sondern über den Deichweg zum neuen Lager transportiert werden. Nach Hinterbrack wird der Deich auf Hahnöfersand erhöht.

Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts erläutert die Pläne auf Hahnöfersand, unter anderem für ein 6,5 Hektar großes Kleilager.

Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts erläutert die Pläne auf Hahnöfersand, unter anderem für ein 6,5 Hektar großes Kleilager. Foto: Vasel

Ulferts rechnet weiterhin damit, dass der Planfeststellungsbeschluss für die Deicherhöhung in Hinterbrack noch 2025 vorliegen wird. 2026 sollen die Bagger rollen.

Der Oberdeichrichter begrüßte, dass der Koalitionsvertrag von CDU und SPD eine Deichbau-Beschleunigung vorsieht. 2018 startete die Planung für den 2000 Meter langen Abschnitt in Hinterbrack. EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall hat auf Nachfrage des Europaabgeordneten David McAllister (CDU) bestätigt, dass der Küstenschutz nicht nur beim Öko-Ausgleich schon heute „Vorrang vor dem Naturschutz“ genieße. Die Altländer haben sich trotz alledem zur Sicherheit im Vertrag bestätigen lassen, dass das Feldlerchen-Biotop als Öko-Ausgleich für Hamburger Bauprojekte in Billwerder den Deichbau nicht beeinträchtigen darf. Der Wiesenbrüter soll einfliegen, wenn Hamburg die Justizvollzugsanstalt 2027/2028 geschlossen und abgerissen hat.

Frühjahrsdeichschau an der Elbe in Jork-Borstel - mit Vertretern von Bund, Land, Landkreis, Deichverband, Feuerwehr und Kommune.

Frühjahr sdeichschau an der Elbe in Jork-Borstel - mit Vertretern von Bund, Land, Landkreis, Deichverband, Feuerwehr und Kommune. Foto: Vasel

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