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TDeichbrand-Bilanz: Vergewaltigungsvorwurf, Einlassstopp, Stau an der Elbfähre

Am Freitagabend statten die Culcha-Candela-Bandmitglieder den Feuerwehrleuten auf dem Deichbrand-Gelände einen Besuch ab. Gut zwei Stunden später spielt die Band im Palastzelt.

Am Freitagabend statten die Culcha-Candela-Bandmitglieder den Feuerwehrleuten auf dem Deichbrand-Gelände einen Besuch ab. Gut zwei Stunden später spielt die Band im Palastzelt. Foto: Rendelsmann

Das Deichbrand 2024 ist zu Ende. Die Polizeibilanz fällt weitestgehend positiv aus. Ein Gig sorgte für Kritik. Und wer die Elbfähre Wischhafen zur Abreise nutzt, braucht aktuell Geduld.

Von Joscha Kuczorra Montag, 22.07.2024, 12:20 Uhr

Wanhöden. Am Freitagabend schauen die Musiker von Culcha Candela noch bei den Feuerwehrleuten auf dem Deichbrand-Gelände vorbei. Es gibt nette Gespräche bei einem lockeren Austausch und Erinnerungsfotos. Wenige Stunden später gibt es ein anderes Bild: Die Band bringt das Palastzelt zum Beben. Festival-Besucher, die dabei waren, sprechen von einer krachenden Party-Stimmung und einem großartigen Auftritt.

Deichbrand-Palastzelt bei Culcha Candela früh gefüllt

Doch nicht alle Fans kamen in den Genuss. Denn schon einige Zeit, bevor die Band überhaupt loslegte, hatte sich das Palastzelt gefüllt - bis auf den letzten Platz. Die Folge: Hunderte Fans mussten draußen warten in der Hoffnung, dass sie früher oder später doch noch hineingelassen werden.

Kurze Zeit später verkünden die Deichbrand-Organisatoren über die offizielle Festival-App den Einlassstopp: „Das Palastzelt ist aktuell voll ausgelastet und wir können bis auf Weiteres auch keinen weiteren Zutritt gewähren.“

Podest muss im Deichbrand-Palastzelt geräumt werden

Doch auch im Inneren des Palastzelts kommt es zu komplexen Situationen. Weil das Zelt so voll ist, stehen die Fans dicht an dicht. Der Auftritt wird dann sogar für eine Viertelstunde unterbrochen - wegen Überfüllung. Das VGH-Podest wird komplett geräumt, weil es gefährlich wackelt.

In den sozialen Medien üben Fans Kritik an der Organisation: Wieso die Band trotz ihrer Prominenz und ihrer großen Fanbase im kleinen Palastzelt statt auf einer der Hauptbühnen gespielt hat, wollen Festival-Besucher wissen und beschweren sich über das gefüllte Zelt und das Gedränge im Publikum.

Culcha Candela sorgt für Gedränge im Deichbrand-Palastzelt

Fan Lola wird im Gespräch mit „CNV-Medien“ deutlich: „Das war richtig scheiße. Es war meiner Meinung nach schlecht organisiert. Culcha Candela hätte auf einer Main Stage spielen sollen“, ärgert sich die junge Frau. Ihren Angaben zufolge sei jemand im Zelt zusammengebrochen „und es wurde von hinten gedrückt, wurde mir erzählt. Das war ein sicherheitstechnisches Desaster.“ Auch Cara ist der Meinung: „Das war gefährlich! Die Friendship-Bühne ist fast zusammengestürzt.“

Deichbrand-Sprecherin Lena Zielinski bezieht Stellung zu den Vorwürfen: „Es kommt immer wieder vor, dass sich der Bekanntheitsgrad beziehungsweise Hype eines Acts zwischen der frühen Planung und dem Booking und dem eigentlichen Festivalwochenende verändert. Zu dem Zeitpunkt sind die anderen Bühnen und Slots bereits fest gebucht. Daher ist der Spielraum eines Bühnentauschs nicht oder nur sehr selten gegeben. Die Absprache und Koordination von mehr als 120 Acts auf sechs Bühnen ist entsprechend umfangreich und hängt von zahlreichen Faktoren ab, die intensiv geplant werden.“

Was die Deichbrand-Macher nach Culcha Candela mitnehmen wollen

Zielinskis Angaben zufolge hat das Palastzelt eine maximale Kapazität von 6500 Personen. „Samstagabend war das Zelt bis auf den letzten Platz gefüllt, was zeigt, wie gut das Programm ankommt und wie beliebt die Acts sind.“ Die positive Resonanz und der große Andrang würden die Festival-Planer darin „bestärken, dass unser Booking ein voller Erfolg war“.

Die Deichbrand-Sprecherin versichert, dass die Teilnahme der Fans an Umfragen und die Reaktionen auf Line-Up-Ankündigungen für das Team „sehr wertvoll“ seien und „im Bookingprozess helfen“ würden. Somit blickt die Crew schon wieder voraus. Und Fan Cara verteilt an die Fans: „Alle - auch die vor dem Zelt, die nicht reinkamen - haben gevibed.“

Abschlussfazit der Polizei

Der Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven und Gesamteinsatzleiter der Polizei beim Deichbrand-Festival, Michael Hasselmann, zeigt sich in seinem Abschlussfazit des 19. Deichbrand-Festivals sehr zufrieden. Im Zeitraum von Mittwoch bis Montag (17.7. - 22.7.2024) besuchten 60.000 Besucherinnen und Besucher täglich das Festival und feierten „friedlich und ausgelassen“ miteinander.

Wie bereits aus den Vorjahren bekannt war die Polizei wieder mit einer Festival-Wache und einer Vielzahl an Kolleginnen und Kollegen rund um die Uhr im Einsatz. Die Möglichkeit, direkt vor Ort mit der Polizei in Kontakt zu kommen, sei von vielen Festival-Besuchern genutzt worden. „Vom entlaufenen Katzenbaby, über aufgefundene Smartphones bis zum entwendeten Fahrrad ist alles dabei gewesen“, so Hasselmann.

Vergewaltigung auf dem Deichbrand angezeigt

Bis Montagmittag wurden rund 102 Straftaten registriert (2023 = 99). Die Anzahl liegt somit nahezu auf dem Vorjahres-Niveau. Dabei habe es sich um „festivaltypische“ Straftaten, wie Erschleichen von Leistungen, einfache Körperverletzungen oder Diebstähle, gehandelt.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde eine Vergewaltigung im Bereich der Campingplätze angezeigt. Die Ermittlungen zu den genauen Umständen der Tat laufen. Wegen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte werden zunächst keine weiteren Informationen hierzu bekannt gegeben.

„Unsere Konzepte rund um Sicherheit, Kriminalität und Verkehr sind aus polizeilicher Sicht einmal mehr aufgegangen“ bilanzierte Hasselmann.

Festival-Besucher stehen im Stau

Wie im Vorjahr nutzten gut 30.000 Festivalgäste die Frühanreise. In Verbindung mit denen in Teilen aufgeweichten Zufahrten kam es rund um das Festivalgelände auf den Gemeinde-, Kreis- und Landesstraßen zu größeren Verkehrsbehinderungen, der Verkehr auf der A27 sei aber weitestgehend störungsfrei gelaufen.

„Die durchgeführten An- sowie auch den Abfahrtkontrollen zeigten sich sehr unauffällig“, sagt Hasselmann. Als Beispiel nennt er die Anfahrtskontrolle am Mittwoch: Die Beamten stellten lediglich einen Fahrzeugführer unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln fest. Ebenso bei den Abfahrtkontrollen Sonntagnacht und am Montagvormittag. „Die Veranstaltungen auf und rund um das Gelände verliefen aus polizeilicher Sicht störungsfrei“, sagt der Gesamteinsatzleiter. Eine Einflussnahme auf den Ablauf sei zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen.

Deichbrand-Besucher feiern bei bestem Sommerwetter

Das Wetter, das immer ein entscheidender Faktor für den Ablauf des Festivals sei, habe sich in diesem Jahr sehr gnädig gezeigt. Gab es am Mittwoch noch Probleme durch den Regen, so stellte sich über das gesamte Wochenende allerbestes Sommerwetter ein. „Letztendlich kam es nur im Verlauf des Sonntags zu Regenschauern, die aber keinen negativen Einfluss auf den geplanten Festival-Verlauf hatten“, teilt der Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven mit.

Baustellen sorgen für Stau

Der Abreiseverkehr setzte nach den letzten Acts ein und zog sich bis in den heutigen Vormittag. Dieser lief im Umfeld des Veranstaltungsgeländes weitestgehend störungsfrei ohne größere Behinderungen, was gerade im Vergleich zum Vorjahr sehr erfreulich ist. Lediglich auf der A27 kam es aufgrund der bestehenden Baustellensituation zu längeren Staubildungen.

300 Minuten Wartezeit Elbfähre Wischhafen

In Geduld üben müssen sich Festival-Besucher, die die Elbfähre Wischhafen in Richtung Glückstadt nehmen: Die Wartezeit beträgt wegen des Deichbrands derzeit 300 Minuten, wie der Betreiber auf TAGEBLATT-Nachfrage sagt. „So Schlimm war es seit Jahren nicht“, heißt es.

Besuch von der Innenministerin

In diesem Jahr waren im Rahmen eines Austauschprogramms zwei Polizeibeamte aus Spanien beim Deichbrand eingesetzt. Diese konnten bei dieser Großveranstaltung die hiesigen polizeilichen Aufgaben kennenlernen und sich ein Bild vom Ablauf und der Stimmung machen.

Am Freitag besuchten die Innenministerin Daniela Behrens als oberste Dienstherrin der Polizei Niedersachsen zusammen mit dem Landespolizeipräsidenten, Axel Brockmann, dem Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Oldenburg, Andreas Sagehorn, sowie Mitgliedern der spanischen Botschaft das Festival, um sich selbst ein Bild vom polizeilichen Einsatzverlauf zu machen und den gesamten Einsatzkräften für ihr großes Engagement zu danken.

250 Polizisten täglich im Festival-Einsatz

Insgesamt waren täglich rund 250 Kolleginnen und Kollegen im Einsatz. Diese kamen aus der Zentralen Polizeidirektion in Hannover und Göttingen, der Polizeiakademie Niedersachsen, der Polizeidirektion Oldenburg und natürlich aus der Polizeiinspektion Cuxhaven.

Die Polizeiakademie Niedersachsen war wie schon im Vorjahr mit dem durchgängig von Interessierten umlagerten Infomobil Teil des Polizeiteams auf dem Deichbrand, um aktiv Nachwuchswerbung für den Polizeiberuf zu betreiben. „Die Arbeit in den Urlaubsorten von Stadt und Landkreis Cuxhaven sowie beim Deichbrand-Festival ist schon ein echtes Alleinstellungsmerkmal, das junge Menschen bei ihrer Berufswahl spürbar anspricht“, so Michael Hasselmann. Darüber hinaus gewährte die Polizeiinspektion Cuxhaven über ihre einschlägigen Social-Media-Kanäle allen Interessierten wertvolle Einblicke in ihre Arbeit vor Ort.

„Friedliches und störungsfreies Deichbrand 2024“

„Ich bin mit dem Veranstaltungsverlauf sehr zufrieden. Ein Einsatz dieser Größenordnung, bei welchem es sich übrigens um den größten, regelmäßig wiederkehrenden Einsatz in der gesamten Polizeidirektion Oldenburg handelt, ist immer eine große Herausforderung. Ich bin allen Einsatzkräften äußerst dankbar dafür, dass Sie mit ihrem Engagement zum Gelingen dieses Einsatzes beigetragen haben. Dies ist uns auch von fast allen Besucherinnen und Besuchern gespiegelt worden, die das Auftreten der Polizei insgesamt ausdrücklich gelobt haben. Die Wenigen, die über die Stränge geschlagen, sich unangemessen verhalten oder Straftaten begangen haben, haben jedoch auch zu spüren bekommen, dass wir da sind und sofern geboten auch konsequent einschreiten. Zusammen mit dem Veranstalter und den anderen Sicherheitsbörden ist es uns gelungen, für ein sehr friedliches, ausgelassenes und weitestgehend störungsfreies Festival zu sorgen“ fasst Hasselmann die vergangenen Tage zusammen. (kzw/pm/bat/set)

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