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Altes Land

TGespräche in der Kirche: Das sind die Wünsche der Menschen an der Oberen Lühe

Beim Neujahrsempfang an der Oberen Lühe in der St.-Bartholomäus-Kirche in Mittelnkirchen sang die Old Country Gospel Company.

Beim Neujahrsempfang an der Oberen Lühe in der St.-Bartholomäus-Kirche in Mittelnkirchen sang die Old Country Gospel Company. Foto: Vasel

Kirche und Kommerz - im Alten Land kein Widerspruch. Beim Neujahrsempfang in Mittelnkirchen war der fehlende Nahversorger an der Oberen Lühe eines der zentralen Themen in der Kirche St. Bartholomäus. Und auch die Bürger haben Wünsche an die Politik.

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Von Björn Vasel
Dienstag, 16.01.2024, 06:50 Uhr

Mittelnkirchen. Traditionell laden die ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinden Guderhandviertel, Neuenkirchen und Mittelnkirchen gemeinsam mit Pastor Olaf Prigge von der Kirchengemeinde Lühekirchen an der Oberen Lühe zu einem Neujahrsempfang in St. Bartholomäus ein. Auch in diesem Jahr war die Kirche gut besucht. Die Bürger suchten den Austausch - untereinander und mit der Politik.

Auch für Siemer Gerking, Heiner Schlichtmann und Jürgen Hagenah ist der Empfang ein fester Termin im Kalender. Siemer Gerking aus Neuenkirchen wünscht sich eine bessere Busverbindung. Der letzte Bus der KVG-Linie 2053 (Horneburg - Neuenkirchen - Mittelnkirchen - Steinkirchen) fahre montags bis freitags um 18.55 Uhr am Bahnhof Horneburg ab. Wünschenswert wäre eine Ausweitung des Angebots - abends und am Wochenende.

Weniger Bürokratie und bessere Radwege gewünscht

Jürgen Hagenah von der Volkstanzgruppe des Turn- und Sportvereins Grünendeich-Steinkirchen wünscht sich weniger Bürokratie. Der Zeitaufwand für den Papierkram, beispielsweise bei der Genehmigung von Veranstaltungen, sei hoch. Das schrecke viele Jüngere ab, sich zu engagieren.

Doch es gibt Hilfe. Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke verweist auf den Ehrenamtspaten im Rathaus für Vereine und Kulturschaffende. Kontakt: ehrenamtslotse@luehe-online.de. Heiner Schlichtmann ist ein passionierter Fahrradfahrer. Er mahnte beim Umtrunk unter der Orgelempore die Sanierung und den Ausbau der Radwege an.

Zuvor hatte Bürgermeister Joachim Streckwaldt (Mittelnkirchen) - stellvertretend für seine Kollegen Gerd Grunwald (Neuenkirchen) und Marco Hartlef (Guderhandviertel) das Wort ergriffen. In einer humorvollen („Ich gehöre zur Minderheit von 90 Prozent in Deutschland, die das Gendern ablehnt“) und nachdenklichen Rede („Ein plumpes Verbot der AfD löst die Probleme nicht“) hatte er das vergangene Jahr passieren lassen und einen Ausblick gewagt.

Von links: Jürgen Hagenah, Heiner Schlichtmann und Siemer Gerking im Gespräch unterhalb der Orgel-Empore.

Von links: Jürgen Hagenah, Heiner Schlichtmann und Siemer Gerking im Gespräch unterhalb der Orgel-Empore. Foto: Vasel

Obere Lühe hofft auf Nahversorger

Streckwaldt (CDU) bedauerte die Schließung des Tante-Emma-Ladens „Edeka Somfleth“ an der Kirche in Mittelnkirchen - nach 102 Jahren. Seitdem fehle an der Oberen Lühe ein Nahversorger. Vielen Bürgern sei erst jetzt bewusst geworden, dass Somfleth mehr als ein Ort zum Einkaufen war. Somfleth sei ein „Treffpunkt“ und ein „lebendiges Archiv der Geschichte“ für die Menschen gewesen.

Er hoffe, wie Hartlef und Grunwald, dass er in den verbleibenden zweieinhalb Jahren seiner Amtszeit noch die Eröffnung eines neuen Marktes erleben werde. Aufgrund der Gestaltungssatzung der Kommune („Altländer Baukultur“) verbiete sich ein Flachdachbau. Streckwaldt will Wohnen und Einkaufen verbinden.

Gespräche hinter den Kulissen

Im Obergeschoss könnten kleine Wohnungen für Senioren, Singles oder junge Menschen entstehen. Das Einzelhandelskonzept der Samtgemeinde Lühe hatte 2023 eine „Unterversorgung“ der Region nachgewiesen. Baurechtlich wäre ein Markt mit einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern möglich; für Streckwaldt gehören Zeitschriften und Toto-Lotto unbedingt dazu.

Hinter den Kulissen laufen Gespräche. Der Samtgemeindebürgermeister sitzt mit im Boot. Lebensmitteldiscounter wie Netto (Edeka) oder Lidl (Schwarz-Gruppe) strecken bekanntlich immer wieder im Alten Land - links und rechts der Landesstraße - ihre Fühler aus. Die Politik wünscht sich, dass das Monopol von Rewe/Penny fällt.

Strom mit Sonne und Wind ernten

Die Diskussion um das Welterbe dürfe die Umsetzung der Pläne für Windkraft und die Agri-Photovoltaik-Anlage im und am Rande des Alten Landes nicht verhindern. Streckwaldt verwies auf die Pläne in Mittelnkirchen und in Neuenkirchen. Südlich des Obstmarschenwegs will die Milvio Energy aus Hamburg fast 35 Millionen Euro in die Hand nehmen und auf einer 18,4-Hektar-Fläche eine Agri-Photovoltaik-Anlage errichten.

Diese könnte den Strombedarf von 6220 Haushalten decken. Ähnliche Pläne gebe es an der A26 in Neuenkirchen - auf 30 Hektar plus Windräder. Die Kommunen wollen den Projekten mit Bebauungsplanverfahren den Weg ebnen. Gemeinden, Obstbauern und Gesellschaft würden vom Ausbau der erneuerbaren Energie profitieren.

Streckwaldt lobte seinen Kollegen Hartlef (CDU). Der Rat hatte beschlossen, der neuen Wetternbrücke in Guderhandviertel den Namen „Hans-Gosch“ (1942-2021) zu geben. Damit würden die großen Verdienste des langjährigen Schulleiters und Bürgermeisters für das Alte Land gewürdigt.

Neuer Mobilfunkmast am Muddweg

Immer noch gibt es weiße Flecken beim Mobilfunk. Das soll sich ändern. Im Bereich des Muddwegs (L140) soll ein 53 Meter hoher Funkmast in diesem Jahr errichtet werden.

Zuvor hatte Pastor Olaf Prigge den Besuchern die Botschaft „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ aus den Korinther-Briefen mit auf den Weg gegeben. Mit Blick auf die vielen engagierten Ehrenamtlichen, unter anderem in Kirche, Feuerwehr, Kommunalpolitik und DRK, sei er froh, „in einer Gemeinde zu leben, in der die Liebe zu Hause ist“.

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