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T150 Jahre alte Maschine: Buxtehudes Schützen ermitteln ihren König mit einem Relikt

Stephan Dierks zeigt die Teilermessmaschine der Buxtehuder Schützengilde von 1539. Der Waffen- und Gerätewart ist einer der wenigen in der Gilde, der das vermutlich 150 Jahre alte Gerät zu bedienen weiß.

Stephan Dierks zeigt die Teilermessmaschine der Buxtehuder Schützengilde von 1539. Der Waffen- und Gerätewart ist einer der wenigen in der Gilde, der das vermutlich 150 Jahre alte Gerät zu bedienen weiß. Foto: Sulzyc

Beim Königsschießen greift die Schützengilde Buxtehude auf eine alte Teilermessmaschine zurück. Nur wenige wissen die 150 Jahre alte Apparatur zu bedienen. Hier die Anleitung.

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Von Thomas Sulzyc
Donnerstag, 03.07.2025, 17:50 Uhr

Buxtehude. Es ist, als sei diese Apparatur dem retrofuturistischen Steampunk-Kosmos entliehen. Die Messinguhr hat Patina angesetzt und könnte jede Fantasie-Dampfmaschine zieren. Dazu ein feinmechanisches Messinstrument aus Eisen - alles montiert auf massivem Holz.

Bei dem Gerät handelt es um eine seltene Teilermessmaschine (auch Teilermaschine oder Schussmessapparat genannt). Die Buxtehuder Schützengilde von 1539 verleiht damit dem Königsschießen einen zusätzlichen Hauch Tradition und Einzigartigkeit. Nach Einschätzung der Gilde dürfte die Maschine um die 150 Jahre alt sein.

Programmheft aus 1978 erwähnt die Teilermaschine

Teilermessmaschinen sind feinmechanische Geräte, mit denen die Entfernung des Schusslochs auf der Schießscheibe zum Mittelpunkt gemessen werden kann. Diese Entfernung heißt Teiler. Mit Hilfe der Maschine ermitteln Auswerter, wer den präzisesten Schuss abgegeben hat - und sich Schützenkönig nennen darf.

Wie die Teilermaschine funktioniert, beschreibt das Programmheft der Schützengilde zum Schützenfest aus dem Jahr 1978. Demnach werde in das auszumessende Schussloch der Kaliberstift der Maschine eingeführt. Der Stift, auch Dorn genannt, habe genau die gleichen Abmessungen wie das Geschoss. Um diesen Kaliberstift werde die Scheibe gedreht und so die Differenz zwischen Mittelpunkt des Schusses und Mittelpunkt der Scheibe ermittelt. Die Maschine arbeite mit einer Genauigkeit von einem Hundertstelmillimeter.

Das Prinzip ist also bekannt. Aber jeder kennt die Schwäche von Bedienungsanleitungen: Anwender scheitern nicht selten an Details. Wie Skala und Uhr abzulesen sind, wissen nur noch weniger als eine Handvoll Gildemitglieder: zwei frühere Vorstandsmitglieder sowie Waffen- und Gerätewart Stephan Dierks. Inzwischen hat er das fast verlorene Wissen auch an die in diesem Jahr gewählte Schießwartin Nicole Vieweger weitergegeben.

Seltene Maschine im Besitz der Buxtehuder

Wie die historische Teilermessmaschine in den Besitz der Schützengilde gelangt ist, sei nicht mehr bekannt. „Es gibt keinen Vermerk über den Ankauf in den Kassenbüchern“, sagt Dierks. Möglicherweise ist es eine Schenkung gewesen, aber das sei Spekulation.

In einer maßgefertigten Holzkiste bewahrt die Schützengilde Buxtehude von 1539 die alte Teilermessmaschine auf.

In einer maßgefertigten Holzkiste bewahrt die Schützengilde Buxtehude von 1539 die alte Teilermessmaschine auf. Foto: Sulzyc

In einer maßgefertigten Kiste aus massivem Holz lagert die Teilermaschine. Aber auch die dekorative Verpackung enthält keinen schriftlichen Hinweis auf den Hersteller oder das Baujahr.

Teilermaschinen aus dem 19. Jahrhundert sind heute selten. Die in den bayerischen Vereinen einst tausendfach vorhandenen Teilermessmaschinen seien leider größtenteils verräumt, verschwunden oder entsorgt worden, heißt es auf der Internetseite des nicht kommerziellen Fachportals Feuerbixler.de. Es wendet sich nach eigenen Angaben an Freunde des traditionellen Zimmerstutzen- und Feuerstutzenschießens.

Vereine haben alte Teilermaschinen entsorgt

„Mir ist kein anderer Schützenverein bekannt, der eine solche Maschine hat“, sagt Dierks. Die Schützengilde Buxtehude leiht ihre Teilermessmaschine in jedem Jahr dem Schützenverein Estebrügge zu dessen Königsschießen aus.

Ausschließlich beim Königsschießen setzt die Schützengilde die historische Maschine ein. Bei den übrigen Wettbewerben erfolgt die Auswertung elektronisch. Die Wertungen werden von der Maschine in Sekundenschnelle direkt auf die Schießscheiben gedruckt. Damit entfällt das Aufkleben, Ablösen und Auswerten von Schießscheiben. Das erleichtert dem Verein die Arbeit, doch Tradition gerät dabei in Vergessenheit.

Diese elektronische Teilermessmaschine wertet Schießscheiben in wenigen Sekunden aus.

Diese elektronische Teilermessmaschine wertet Schießscheiben in wenigen Sekunden aus. Foto: Sulzyc

Es sind Ehrenamtliche wie Stephan Dierks, die fast verlorenes Wissen bewahren. Der 60 Jahre alte Maschinenbauingenieur trat 2010 der Schützengilde bei. Vor dem Schützenfest putzt und ölt der Waffenwart die rund 40 vereinseigenen Gewehre. Er selbst ist Pistolenschütze.

Die Schützengilde feiert von Freitag, 4. Juli, bis Dienstag, 8. Juli, ihr Schützenfest. Bevor der 1. Vorsitzende Reinhard Meier am Montag, 7. Juli, um 21 Uhr vor dem Rathaus den neuen Schützenkönig proklamiert, wird Stephan Dierks an der Teilermaschine den präzisesten Schuss gemessen haben.

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