T80.000 Bücher: Was aus der Bibliothek des Buxtehuders Hans-Uwe Hansen geworden ist

Hans-Uwe Hansen inmitten seiner Büchersammlung. Foto: TAGEBLATT-Archiv/ Wisser
So unvergessen wie Hans-Uwe Hansen selbst ist die unerschöpfliche Bibliothek des Buxtehuders. Mehr als zwei Jahre hat es gebraucht, seine Bücherschätze zu ergründen und zu sichern. Was die Stadt mit diesem bedeutenden Erbe jetzt vorhat.
Buxtehude. Wenn der Name Hans-Uwe Hansen fällt, dann immer voll Hochachtung und Respekt. Nur ganz wenige Politiker haben in den vergangenen vier Jahrzehnten die Region so mitgestaltet wie der Buxtehuder Sozialdemokrat. Neben seinem langjährigen politischen Wirken und dem vielseitigen ehrenamtlichen Engagement war Hansen das wandelnde Lexikon von Buxtehude. Wer etwas über die Geschichte der Stadt wissen wollte, wurde bei ihm fündig. Entweder hatte er die Antwort sofort parat oder er konnte mit einem entsprechenden Buch dienen. Denn unter seinem Dach hatte der verstorbene Chemiker einen echten Wissensschatz angehäuft.
Bibliothek des Buxtehuder Politikers umfasst 80.000 Werke
Geschätzte 80.000 Bücher und andere Sammelobjekte von Magazinen bis hin zu Münzen nahmen fast den gesamten Raum seines Hauses am Mühlenweg ein. Diese private Sammlung wollte Hans-Uwe Hansen auch nach seinem Ableben gesichert wissen und zur gesellschaftlichen Bildung weiter zugänglich machen. Doch so einfach war es mit diesem Vorhaben nicht.

Hans-Uwe Hansen (Mitte) bei seiner Verabschiedung im Rat. Foto: TAGEBLATT-Archiv/ Wisser
Familienangehörige, die in seinem Sinne dafür sorgen könnten, hatte er nicht. Deshalb legte Hansen mit dem 2001 zwischen ihm als Stifter und der Stadt Buxtehude als Treuhänder geschlossenen Treuhandvertrag die Grundlage für eine eigene Stiftung.
Hans-Uwe Hansens großer Traum ist nicht finanzierbar
Mit 75 Jahren starb der bekannte Buxtehuder Sozialdemokrat 2021 nach schwerer Krankheit. Damit wurde die Stadt Erbin seines gesamten Vermögens. Der Stiftungsbeirat - zusammengesetzt aus Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt, Erstem Stadtrat Ralf Dessel und Dorothea Röttger von der Stabstelle Recht, Dr. Dirk Pohl als Direktor der Volkshochschule sowie Peter Jobmann von der Stadtbibliothek und CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter als weitere Vertreter - musste über das weitere Vorgehen beraten.
Hansens großer Traum war die Einrichtung einer Präsenzbibliothek in der Buxtehuder VHS.
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Ein solches Vorhaben hätte aus der Stiftung heraus nicht finanziert werden können. Um dem nachzukommen, wären allerdings erhebliche kommunale Mittel für den Umbau der VHS und die zwischenzeitliche Sammlungssicherung nötig gewesen. Das war lange vor Hansens Tod klar. Deshalb suchte der Stiftungsbeirat mit dem Stifter zusammen nach einer anderen Lösung und die Idee zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung wurde vorangetrieben. „Wir haben das also nicht über seinen Kopf hinweg entschieden“, betont Ralf Dessel, der als Erster Stadtrat die Geschäfte der Stiftung führt.
Würdiges Andenken in der Buxtehuder VHS
Die gefundene Alternative kommt Hansens Wunsch sehr nahe und schafft ihm ein würdevolles Andenken. Dabei war der Umgang mit dem Erbe stets von einer klaren Prämisse geleitet: Hans-Uwe Hansen soll in der Stadt präsent bleiben und sein gesammelter Schatz der Nachwelt nicht verloren gehen. Getragen wird dieses Ansinnen von drei verschiedenen Bausteinen.
In einem ersten Schritt aktivierte der Stiftungsbeirat fachkundige Experten mehrerer Institutionen, die sich mit Akribie durch den Nachlass arbeiteten. Dazu gehörte etwa die damalige Stadtarchivarin Eva Drechsler. Sie sicherte archivwürdige, zeitgeschichtliche Dokumente, insbesondere zu Hansens Biografie wie Parteiakten und Urkunden aus seiner Laufbahn und Arbeit als SPD-Politiker.
Über diverse Themengebiete hinweg hatte der Altklosteraner einen bemerkenswerten Fundus an Werken zusammengetragen - vor allem zu Regionalgeschichte, Arbeiterbewegung, Politik und Archäologie. Die Beiratsmitglieder sind zufrieden mit dem Ergebnis dieser besonderen Schatzsuche: „Die Perlen haben wir gesichert“, kann Birgit Butter versichern.
Von Buxtehuder Einrichtungen wie Stadtbibliothek oder Heimat- und Geschichtsverein über den Landschaftsverband Stade und Kreisarchäologe Daniel Nösler bis hin zu fachspezifischen Sammlungen von Museen, Universitäten und Stiftungen sind die wichtigen Bücher und Sammelobjekte in gute und suchende Hände gekommen.
Comic-Sammlung wird zum Museumsbestand
„Das ist vor allem Catrin Gold vom Landschaftsverband zu verdanken, die sich mit ganz viel Herzblut und privatem Aufwand um die Weitervermittlung gekümmert hat“, hebt Tobias Rothenberg heraus. Er hat das Projekt für die VHS mit betreut. Der Comic-Bestand ist an das Comic-Museum in Erlangen gegangen, aus Hansens Leidenschaft für Margarine- und Zigarettenbildchen früherer Zeiten kann jetzt die Uni Frankfurt mit der größten Sammelbilder-Sammlung schöpfen.

Sichtbares Andenken: Die VHS Buxtehude hat einen Raum zu Hans-Uwe Hansen eingerichtet, mit ausgewählten Büchern aus seinem Fundus und original Möbeln aus seinem Haus. Foto: VHS Buxtehude/ Rothenberg
In der VHS wurde zu seinem Gedenken außerdem ein besonderer Trakt hergerichtet. Dieser Raum ist nicht nur nach ihm benannt, er hält das Erbe für Buxtehuder auf besondere Weise lebendig. Auf neun Regalmetern steht hier nun eine Auswahl von Hansens Büchern, die das breite Spektrum seiner fachbezogenen Sammeltätigkeit spiegelt. Auf der anderen Seite wird Belletristik aus seinem Fundus präsentiert. Vom Märchenbuch bis zum Bildband ist hier allerlei zu finden.
Buxtehuder Bücherschatz kommt allen zugute
Jeder ist eingeladen zu stöbern. Und wer ein Buch findet, was ihm am Herzen liegt, darf es mitnehmen und behalten. „Auf diese Weise soll Hansens Erbe in die Stadtgesellschaft diffundieren und damit sein Andenken am besten in die ganze Welt tragen“, erklärt Rothenberg die Idee dahinter. Wohin die Bücher gewandert sind, soll eine digitale Karte sichtbar machen. Jedem Buch liegt ein QR-Code bei, über den der neue Standort vermerkt werden kann.
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Dazu gibt der Raum die Möglichkeit, dem Leben und der Persönlichkeit Hans-Uwe Hansens nachzuspüren. Eine Reihe der original Möbel und Erinnerungsstücke haben hier einen Platz bekommen. Die zwei alten Sessel, auf denen er mit manch einem seiner Gäste ins Gespräch vertieft saß, stehen dort. Sein Bundesverdienstkreuz und das von Hans-Albert Kusserow geschenkte Bild sind da.

In einem blauen Büchlein vermerkte Hans-Uwe Hansen, welche Ausgaben er bereits besaß und welche ihm noch fehlten. Foto: VHS Buxtehude
Das blaue Buch, in dem Hansen vermerkte, welche Bücher einer Reihe er noch brauchte, liegt aufgeschlagen. Und auch sein Pult mit der elektrischen Schreibmaschine darf nicht fehlen, genauso wie seine Hörer-Gastkarte für die Teilnahme an einem Tastschreib-Lehrgang in der VHS. „Damit schließt sich der Kreis zu Hansens Anliegen, seine Bücher für die Bildung der Gesellschaft zugänglich zu machen“, sagt Rothenberg. Das Zehn-Finger-Tastschreiben auf der eigenen Schreibmaschine sei eine wichtige Grundlage für seine Karriere in der SPD gewesen, und mit den Tastschreib-Kursen leiste die VHS heute noch einen wichtigen Beitrag zur Bildung.
Biografisches Buch ist in Planung
Sein Leben und Wirken wurde von einer Historikerin nachrecherchiert. Dazu ist ein Buch in Planung. Das biografische Werk beinhaltet auch Erinnerungen von Weggefährten und soll dann im Raum zum Nachlesen bereitliegen.
Konkrete Pläne zum Verkauf der Liegenschaft gibt es noch nicht. Aber eines steht fest: Das monetäre Erbe soll laut Stiftungssatzung zu 100 Prozent der VHS zugutekommen. Noch ist nicht alles fertig, aber der neue Hans-Uwe-Hansen-Raum in der VHS soll in diesem Jahr offiziell eröffnet werden.

Hans-Uwe Hansen inmitten seiner Büchersammlung. Foto: TAGEBLATT-Archiv/ Wisser