Buxtehudes wandelndes Lexikon sagt dem Rat Tschüss

Hans-Uwe Hansen (Mitte) ist nach 44 Jahren nicht mehr Mitglied des Rates. Auf dem Bild sind außerdem Wolfgang Wölken, Thomas Schäfer, Joachim Piepenbrock und Birgit Wilgorski (von links) zu sehen. Foto Wisser
Alle Abgeordneten des neuen Rates der Hansestadt Buxtehude erheben sich von ihren Plätzen. Unabhängig von der politischen Zugehörigkeit applaudieren sie beim Namen Hans-Uwe Hansen. Sein Abgang aus dem Rat ist kein kompletter Abschied aus der Politik.
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Eine der prägenden Figuren der Buxtehuder Politik über Jahrzehnte wird von Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt und Dr. Jan Arning, Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, geehrt. Es ist der wohl bewegendste Moment bei der großen Verabschiedungsrunde im Rahmen der konstituierenden Ratssitzung im historischen Ratssaal.
Der Sozialdemokrat Hansen gehörte dem Rat der Hansestadt 44 Jahre an, saß 40 Jahre im Verwaltungsausschuss und war 17 Jahre Fraktionsvorsitzender der SPD, langjähriger Ausschussvorsitzer, und er ist seit 47 Jahren Mitglied der SPD. Hansen führte auch fünf Jahre die SPD-Kreistagsfraktion an. Gemeinsam mit dem bereits 2011 ausgeschiedenen Hans-Albert Kusserow von der CDU hat Hansen die Entwicklung der Stadt maßgeblich mit geprägt. 2012 bekam er für sein soziales und politisches Engagement den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.
„Es gibt den Satz, wenn jemand aus dem Rathaus kommt, ist er schlauer als vorher“, sagt Oldenburg-Schmidt. „Bei dir war es oft anders herum. Da waren wir hinterher schlauer.“ Hansen kennt sich wie sonst wohl niemand in Detailfragen die Stadt Buxtehude betreffend aus, gilt als wandelndes Lexikon. „Ich hätte diese fünf Jahre gerne noch gemacht“, gibt Hansen gegenüber dem TAGEBLATT zu. Die SPD hatte ihn bei der Kommunalwahl nur auf den neunten Listenplatz gesetzt, und er hatte sich im Vorfeld der Kommunalwahl gesagt, dass dies nicht reichen würde. Hansen war immer Vordenker, Intellektueller, der Mann, der Bücher liebt und bewusst auf Ämter wie die des Bürgermeisters oder dessen Stellvertreter verzichtete, nie der Volkstribun war, der viele persönliche Stimmen zieht.
Die SPD in Buxtehude ohne Hansen? Wird da nicht etwas fehlen? „Nein“, sagt Astrid Bade, die Hansen 2011 im Amt der Fraktionsführung ablöste. „Hans-Uwe Hansen wird weiterhin eine wichtige Rolle in der Buxtehuder SPD spielen und uns mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch wenn er nicht mehr dem Rat angehört“, sagt sie.
Hansens Abgang aus dem Rat ist darüber hinaus kein kompletter Abschied aus der Politik. Er gehört dem Stader Kreistag weitere fünf Jahre an, ist dort auch wieder Vorsitzender des wichtigen Sozialausschusses. Er ist in Buxtehude weiter Mitglied im VHS-Beirat und bleibt durch seine Funktion bei der Arbeiterwohlfahrt auch in der Geschäftsführung der Sozialstation.
Diplom-Chemiker Hansen will seine vermehrte Freizeit nutzen, um seine Bücherstiftung zu aktivieren. Der Büchernarr hat eine Bibliothek mit 50 000 Bänden zusammengetragen, die als Hans-Uwe-Hansen-Stiftung bereits vertraglich der Stadt Buxtehude überantwortet wurde. Seine Idealvorstellung wäre, dass seine eindrucksvolle Sammlung mit den Schwerpunkten Geschichte, Politik, Wirtschaft und Literatur als Präsenzbibliothek im Gebäude der Volkshochschule der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Neben Hansen wurden weitere ausscheidende Kommunalpolitiker geehrt. Beate Schleßelmann (CDU) hat dem Rat 23 Jahre ohne Unterbrechung angehört, war 15 Jahre stellvertretende Bürgermeisterin und 30 Jahre Mitglied im Ortsrat Neukloster.
Wolfgang Wölken (SPD) gehörte dem Rat sieben Jahre an, Thomas Müller (CDU) neun Jahre. Geehrt wurden mit Elke Schneider-Höffelmann, Birgit Wilgorski (beide 15 Jahre im Rat) und Helmut Knoefel (20 Jahre) drei prägende Personen der SPD, die den Wiedereinzug in den Rat verpasst haben. Für eine komplette Wahlperiode Zugehörigkeit zum Rat wurden Bärbel Lübke-Elbracht, Joachim Piepenbrock, Thomas Schäfer (alle Grüne) und Jürgen Werner (BBG/FWG) ausgezeichnet. Auch die Nachrücker aus der gerade beendeten Wahlperiode erhielten den Dank der Bürgermeisterin: Das sind Dirk Elbracht (Grüne), Mirko Bartsch (CDU), Dr. Uwe Lampe (SPD) und Uwe Türk (FDP). Geehrt für langjährige Arbeit in den Räten wurden auch drei aktive Ratsmitglieder. Jochen Dammann (SPD) gehört seit 30 Jahren dem Ortsrat Hedendorf an, war dort fünf Jahre Bürgermeister. SPD-Fraktionschefin und Ortsbürgermeisterin Astrid Bade bekam die Auszeichnung für 25 Jahre im Ortsrat Neukloster. Die stellvertretende Bürgermeisterin Christel Lemm (SPD) wurde für 30 Jahre im Rat der Stadt geehrt. Sie ist die dienstälteste Abgeordnete.