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Europawahl

TBayern München und Microsoft: Dieser Abgeordnete legt sich mit den Großen an

Der Bundestagsabgeordnete Victor Perli macht Europawahlkampf für die Partei Die Linke in Buxtehude. Das Foto entstand am Fleth der Hansestadt Buxtehude.

Der Bundestagsabgeordnete Victor Perli macht Europawahlkampf für die Partei Die Linke in Buxtehude. Foto: Karsten Wisser

Bis zu drei Millionen Arbeitnehmer erhalten keinen Mindestlohn. Linken-Politiker Victor Perli hat mehrere Hundert Fälle aufgedeckt - auch in der Fußball-Bundesliga.

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Von Karsten Wisser
Mittwoch, 05.06.2024, 18:16 Uhr

Buxtehude. Einen Politiker der Linken im Europawahlkampf nicht nach Sahra Wagenknecht und ihrem Bündnis zu fragen, geht nicht. Bei Umfragen zur EU-Wahl liegt die Linke bei drei bis vier Prozent, das Bündnis Sahra Wagenknecht bei sechs bis sieben Prozent. Die Linke kämpft nach der Abspaltung um das politische Überleben.

Lindner wollte die Zahlen nicht öffentlich machen

„Das ist sehr schade, weil wir in Deutschland in einer Situation sind, in der wir eine vereinte Linke brauchen“, sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete Victor Perli (42). Er habe bis zuletzt für eine gemeinsame Fraktion gekämpft. „Wir sind die Einzigen, die sich wirklich mit den Mächtigen anlegen“, sagt Perli.

Seine letzte große Auseinandersetzung außerhalb der Partei hat Victor Perli gewonnen. Wenige Tage vor seinem Wahlkampfauftritt in Buxtehude Anfang der Woche konnte sich der Bundestagsabgeordnete aus Wolfenbüttel gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) durchsetzen.

Microsoft: Gerät die Verwaltung in Abhängigkeit?

Ursprünglich wollte Lindner dieses Jahr verhindern, dass Kosten der Bundesverwaltung für Software-Lizenzen und IT-Dienstleistungen wie Beratung, Wartung und Cloud- oder Serverdienste öffentlich werden. Doch nach seinem Protest durfte Victor Perli die Zahlen publik machen.

Alle Ressorts der Bundesregierung haben laut einer „heise online“ vorliegenden Übersicht 2023 erstmals mehr als eine Milliarde Euro für die Nutzung von Lizenzen für Computerprogramme und IT-Services ausgegeben. Victor Perli erfragt die Kosten seit 2018. Sein Fokus liegt auf dem Sofware-Riesen Microsoft.

Keine Steuergelder, um Konzerne reicher zu machen

Perli fürchtet Abhängigkeiten von Microsoft und steht damit nicht allein. EU-Experten haben bereits 2017 davor gewarnt, dass die Abhängigkeit von Produkten des Software-Giganten die digitale Souveränität gefährde.

„Wir dürfen Steuergelder nicht dafür ausgeben, dass Großkonzerne noch mehr Geld verdienen“, sagt Perli im TAGEBLATT-Gespräch.

Mindestlohnbetrug: Bis zu drei Millionen betroffen

Victor Perli engagiert sich als Abgeordneter auch gegen den Mindestlohnbetrug. „Diesen Zuständen wollen wir ein Ende setzen“, sagt er. „Aber die Leute trauen sich oft nicht, sich mit dem eigenen Arbeitgeber anzulegen.“ Er betreibt deshalb die Website mindestlohnbetrug.de.

Dort können sich Betroffene anonym Hilfe holen. Es gibt viele Tricks, mit deren Hilfe Menschen, die ohnehin wenig verdienen, betrogen werden. Falsche Arbeitszeiterfassung, unbezahlte Überstunden, Abzüge durch zum Beispiel den Weg zur Kundschaft oder Wartezeiten sind nur einige Beispiele.

Betroffen sind auch Mitarbeiter von Bundesligisten

Zwischen 750.000 und drei Millionen Menschen sind laut dem Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung von Mindestlohnbetrug betroffen. Nur jeder 1000. Fall wird demnach aufgeklärt.

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„Diesen Zuständen wollen wir ein Ende setzen“, sagt Victor Perli. Bei einer gemeinsamen Recherche mit einem investigativen Journalisten geriet der Profi-Fußball sogar in Erklärungsnot, und dabei ging es nicht um die Millionen-Gehälter der Spieler. „Das betrifft Nachwuchstrainer, Fanshopmitarbeiter oder Busfahrer“, sagt Perli.

Bayern München bekommt Strafe aufgebrummt

Laut „Süddeutscher Zeitung“ musste der deutsche Rekordmeister Bayern München wegen zu wenig gezahlter Löhne am Fußball-Campus eine Strafe von 200.000 Euro zahlen. Das hat das Hauptzollamt München 2023 bestätigt.

FC Augsburg und Hannover 96 waren laut Victor Perli von Ermittlungen betroffen.

Ein Thema, das Buxtehude massiv betrifft, sind bezahlbare Mieten. Perli kümmert sich um das Thema Mietpreise. Seine Anfrage bei der Bundesregierung hat ergeben, dass die Mieten in Niedersachsen seit 2018 massiv gestiegen sind.

Mietenexplosion: Kreise Harburg und Stade vorne

Spitzenreiter sind die Landkreise Lüneburg und Harburg-Land mit Quadratmeterpreisen von knapp 11 Euro sowie der Landkreis Stade und Oldenburg mit etwa 10 Euro pro Quadratmeter. Den höchsten prozentualen Anstieg verzeichneten eher ländliche Kreise wie der Heidekreis.

„Die Zahlen belegen einen rasanten Anstieg der Mietpreise fast überall im Land. Die Wohnkosten steigen deutlich schneller als Löhne und Renten“, sagt Victor Perli. Das habe eine erhebliche Belastung vor allem für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zur Folge. Victor Perli: „Die bisherigen Versuche von Bund und Land, den Mietanstieg zu bremsen, sind unterm Strich gescheitert.“ Es brauche einen gesetzlichen Mietendeckel, der Mietpreise oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete erschwere.

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