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Gebühr verzehnfacht

TBizarrer Grundsteuerbescheid für ein unbebautes Grundstück

Für das Grundstück mit Küchenanbau – neben dem eigentlichen Wohnhaus – soll Thorsten Coordes deutlich mehr Grundsteuer zahlen.

Für das Grundstück mit Küchenanbau – neben dem eigentlichen Wohnhaus – soll Thorsten Coordes deutlich mehr Grundsteuer zahlen. Foto: Masorat

Zehnmal so viel Grundsteuer für ein von der Straße unzugängliches Grundstück: Ein Bremerhavener kann das nicht fassen - und wehrt sich.

Von Denise von der Ahé Freitag, 21.03.2025, 08:05 Uhr

Bremerhaven. Thorsten Coordes war erst einmal fassungslos, als er seinen neuen Grundsteuerbescheid öffnete: „Unser unbebautes und unzugängliches Grundstück im Wikinger Weg wurde ungefähr um den Faktor 10 teurer“, sagt er. „Bisher 136 Euro im Jahr, jetzt 1442 Euro, nur für das zweite, an das Wohnhaus angrenzende Grundstück.“

Warum der Fall aus seiner Sicht bizarr ist: „Wir haben das Grundstück vor 20 Jahren von der Nachbarin gekauft“, sagt Coordes. Ihr Haus wurde während der Pandemie mit einer angebauten Küche auf das neue Grundstück hinaus erweitert. Außerdem befindet sich dort eine 25 Quadratmeter große Holzhütte. Ansonsten ist es unbebaut. „Es ist von der Straße aus nicht erreichbar, man kann es nicht weiter bebauen“, betont Coordes. „Daher ist die Grundsteuer aus meiner Sicht vollkommen überhöht. Möglicherweise ist das übersehen worden.“ Daher habe er sich per Elster an die Verantwortlichen gewandt und wartet noch auf Antwort.

CDU-Fraktionschef kann sich über niedrigere Grundsteuer freuen

CDU-Fraktionschef Thorsten Raschen hat hingegen Grund zur Freude: Für sein Reihenhaus aus den 1970er Jahren (112 Quadratmeter) in Speckenbüttel zahlt er nun nur noch etwa die Hälfte an Grundsteuer. Der Betrag hat sich von 700 Euro im Jahr auf nunmehr 360 Euro reduziert. „Für mich war es eben vorher ungerecht, weil ich in der Vergangenheit zu viel bezahlt habe“, sagt Raschen. Im Großen und Ganzen habe die Grundsteuerreform für mehr Gerechtigkeit gesorgt.

Das ist auch das Ziel der Grundsteuerreform. In Bremerhaven ist die Grundsteuer in 16 Prozent der Fälle in etwa gleichgeblieben. Jeweils 42 Prozent zahlen mehr beziehungsweise weniger. Trotzdem gibt es einige kuriose Fälle, in denen die Grundsteuererhöhung nicht nachvollziehbar ist.

Der für das Steueramt zuständige Dezernent, Torsten Neuhoff (CDU), erklärt, wie die Grundsteuer berechnet wird und warum es Unterschiede zu Bremen und zum Landkreis Cuxhaven gibt.

Steuermesszahl:

„Die Steuermesszahl wurde durch das Bremische Grundsteuermesszahlengesetz festgelegt“, so Neuhoff. „Sie beträgt für den Bereich Wohnen 0,31 Promille, für den Bereich Nichtwohnen und unbebaute Grundstücke 0,75 Promille.“ Die Messzahlen seien so abweichend vom Bundesmodell festgelegt worden, „weil es ansonsten durch die Grundsteuerreform eine Belastungsverschiebung zulasten des Bereiches Wohnen gegeben hätte, der Bereich Nichtwohnen hätte einen entsprechend geringeren Anteil gehabt. Durch Anwendung der Bremischen Messzahlen ist gewährleistet, dass die Belastungsverteilung zwischen beiden Bereichen so hergestellt wird, wie sie vor der Grundsteuerreform bestanden hat.“

Hebesatz:

„Der Hebesatz wurde im Rahmen des Hebesatzortsgesetzes aufkommensneutral festgelegt“, erklärt Neuhoff. „Damit wurde sichergestellt, dass die Stadt Bremerhaven Einnahmen in gleicher Höhe wie vor der Reform verzeichnen kann. Aufgrund der völlig neuen Berechnungsmethode kann der Hebesatz ab 2025 nicht mit dem Hebesatz bis einschließlich 2024 verglichen werden. Auch ist ein Vergleich mit dem Hebesatz der Stadt Bremen nicht aussagekräftig.“

Die ab 2025 geltende Grundsteuerberechnung basiere unter anderem auf dem Grundsteuerwert. „Dieser wird wesentlich beeinflusst durch den Bodenrichtwert und der Zugrundelegung einer Mietniveaustufe. Während in Bremerhaven im Einfamilienhausbereich Bodenrichtwerte im Bereich von durchschnittlich 150 Euro pro Quadratmeter zur Anwendung kommen, betragen die entsprechenden Werte in Bremen in der Regel das Doppelte bis Dreifache, sehr gute Lagen liegen noch deutlich höher.“

Thorsten Coordes auf seinem Grundstück am Wikinger Weg. Im Hintergrund befindet sich eine Holzhütte. Bis auf einen Küchenanbau ist das Grundstück ansonsten unbebaut.

Thorsten Coordes auf seinem Grundstück am Wikinger Weg. Im Hintergrund befindet sich eine Holzhütte. Bis auf einen Küchenanbau ist das Grundstück ansonsten unbebaut. Foto: Masorat

Auch bei den anzuwendenden fiktiven Mietpreisen (Nettokaltmieten) gibt es große Unterschiede zwischen beiden Städten. Die bei der Berechnung des Grundsteuerwertes zu berücksichtigenden Nettokaltmieten in Bremen fallen laut Neuhoff um 20 Prozent höher aus als in Bremerhaven. „Anhand dieser beiden Faktoren ist ersichtlich, dass der Stadt Bremen deutlich höhere Messbeträge bei der Berechnung des aufkommensneutralen Hebesatzes zur Verfügung gestanden haben als der Stadt Bremerhaven“, sagt Neuhoff. „Insofern wird in Bremerhaven zur Sicherung der Aufkommensneutralität auch ein höherer Hebesatz benötigt als in der Stadt Bremen.“

Vergleich zu Niedersachsen:

„Die Grundsteuerberechnung in Bremerhaven kann nicht mit der im Landkreis verglichen werden“, betont Neuhoff. Beide Länder würden vollkommen unterschiedliche Grundsteuermodelle anwenden. „Während Bremen das Bundesmodell mit modifizierten Steuermesszahlen nutzt, greift Niedersachsen auf ein eigenes Grundsteuermodell, das sogenannte Äquivalenzmodell, zurück“, so Neuhoff. „Hierbei handelt es sich um ein Flächen-Lage-Modell, bei dem nicht wie beim Bundesmodell Alter oder Zustand des Gebäudes berücksichtigt werden.“

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