TBundestagswahl: So kämpfen die Kandidaten um Stimmen

Das Podium: Der Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider (SPD), Hilke Hochheiden (Die Linke), Günter Wichert (FDP), Christoph Frauenpreiß (CDU), Christopher Jesse (Bündnis 90/Die Grünen) und Sebastian Sieg (AfD). Foto: Martin Elsen www.nord-luftbilder
Das TAGEBLATT hat eingeladen. Auf dem Podium diskutieren sechs Kandidaten für die Bundestagswahl über die Zukunft der Region und Deutschlands. Das sind ihre Argumente.
Landkreis. Sie kandidieren als Direktkandidaten für den Wahlkreis Cuxhaven - Stade II. Der Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider (SPD), Christoph Frauenpreiß (CDU), Christopher Jesse (Bündnis 90/Die Grünen), Hilke Hochheiden (Die Linke), Günter Wichert (FDP) und Sebastian Sieg (AfD) stellten sich im Dorfgemeinschaftshaus Hammah den Fragen der TAGEBLATT-Redakteure Björn Vasel und Anping Richter und des Publikums.

Das TAGEBLATT-Moderationsteam: Björn Vasel und Anping Richter. Foto: Martin Elsen
Die größten Aufreger
Die CDU soll im Bundesland Sachsen mit der AfD als kleinerem Partner koalieren: Dieser Vorschlag kam von Günter Wichert, dem Direktkandidaten der FDP aus Cuxhaven. „Nur so kann man die AfD-Blase zum Platzen bringen“, sagte er in Hammah.
Aus dem Publikum gab es für diese Aussage empörte Reaktionen. Wichert warnte davor, die AfD ausschließlich zu dämonisieren. Seine Befürchtung: Änderten die etablierten Parteien nicht ihre Taktik gegenüber der in Teilen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Partei, gehe es Deutschland bald wie Österreich und den Niederlanden.
Dort sind Rechtsaußen-Parteien in den Parlamenten inzwischen stärkste Kraft. Für sich selbst schloss er eine Zusammenarbeit mit der AfD aber aus.
Beim CDU-Kandidaten Christoph Frauenpreiß stieß die Empfehlung einer schwarz-blauen Koalition auf ostdeutscher Länderebene auf Ablehnung. Er schloss gemeinsame Gesetze mit der AfD aus.
Weniger überraschend sorgte auch der AfD-Mann Sebastian Sieg für Aufreger: Er möchte russisches Gas importieren und bestreitet einen signifikanten Einfluss des Menschen auf den Klimawandel.
Der emotionalste Moment
Als der AfD-Kandidat Sebastian Sieg von einer Zuschauerin in die Nähe von Nazis gerückt wurde, wurde es einmal richtig laut im Dorfgemeinschaftshaus in Hammah. Sebastian Sieg und die Zuschauerin lieferten sich ein lautes Wortgefecht. Ihm werde unterstellt, dass er etwas mit der Ermordung von sechs Millionen Menschen zu tun habe, und das lasse er sich nicht gefallen, so Sebastian Sieg.

Der AfD-Mann Sebastian Sieg. Foto: Martin Elsen
Die Zuschauer konnten sich an der Diskussion beteiligen. Ihre schriftlich formulierten Fragen wurden an die Kandidaten weitergegeben.
Die Kenia-Koalition
Auch nach den emotionalen Bundestagsdebatten um die Begrenzung der Migration sind SPD, CDU und Grüne gesprächsbereit. Neben vielen Gemeinsamkeiten bei Themen wie Europäischer Union oder Unterstützung der Ukraine gab es aber auch große Unterschiede.

Der SPD-Bundestagskandidat Daniel Schneider. Foto: Martin Elsen
Während Daniel Schneider Deutschland als starkes Land mit der drittgrößten Volkswirtschaft einordnete, beschrieb Christoph Frauenpreiß eher die wirtschaftlichen Probleme. „Wir sind beim Wachstum das Schlusslicht in Europa“, sagte er.
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In Sachen Migrationskrise sind CDU und Grüne weit auseinander. „Wir brauchen sichere Fluchtwege“, sagte Christopher Jesse von den Grünen. Jesse kritisierte auch verhalten die sicherheitspolitischen Vorstellungen seines eigenen Kanzlerkandidaten Robert Habeck. Er ist Mitglied der Grünen Jugend, die Habeck sehr deutlich kritisiert hatte. „Nur 40 Prozent der Menschen haben Asylrecht. Wir müssen die Anreize senken“, sagte dagegen Frauenpreiß.
Das größte Talent
Als größtes Talent präsentierte sich Grünen-Direktkandidat Christopher Jesse. Der junge Mann aus Cuxhaven ist erst 21 Jahre alt und legte in Hammah einen bemerkenswerten Auftritt hin. Da waren sich viele Gäste und Beobachter einig: sicher in Rhetorik und Auftreten sowie inhaltlich sattelfest.

Der Grünen-Direktkandidat Christopher Jesse. Foto: Martin Elsen
Die Nummer 14 der Landesliste hat bei einem sehr guten Wahlergebnis für seine Partei in Niedersachsen die theoretische Möglichkeit, in den Bundestag einzuziehen. Derzeit sitzen 13 Abgeordnete aus Niedersachsen für die Grünen im Bundestag. Jesse hatte sich nach der Diskussion zudem zehn Minuten Zeit genommen, um mit dem AfD-Mann Sebastian Sieg über die sogenannte Dunkelflaute zu reden.
Der erfrischendste Auftritt
In der Kategorie erfrischendster Auftritt gibt es einen Punktsieg für den FDP-Mann Günter Wichert. Der FDP-Mann startete gleich mit Kritik an der TAGEBLATT-Gesprächsführung. Das lange Dreier-Gespräch zum Thema Kenia-Koalition ohne Beteiligung von FDP, AfD und Linke hatte ihn hörbar genervt.

Der FDP-Kandidat Günter Wichert. Foto: Martin Elsen
Durch provokante Sätze und einen selbst gewählten Platz im Zentrum der Bühne war Wichert ein belebendes Element. Anders gestaltete Daniel Schneider seinen Auftritt. Dieser stand eher zurückhaltend am Rand der Bühne. Für einen Politikprofi ein überraschendes Verhalten.
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Die wichtigsten Aussagen für die Region
Konkret für die Region standen die Themen Autobahn A20, die Elbfähre zwischen Glückstadt und Wischhafen und der öffentliche Personennahverkehr zur Diskussion. Dass sich der CDU-Kandidat Christoph Frauenpreiß für den Bau der Autobahn einschließlich Elbtunnel ausspricht und die wirtschaftliche Bedeutung des Projekts betonte, war erwartbar. Auch AfD und FDP sprachen sich für eine Umsetzung des Sechs-Milliarden-Euro-Projekts aus.

Der CDU-Kandidat Christoph Frauenpreiß. Foto: Martin Elsen
„Als Cuxhavener beneide ich Stade um seine Nähe zu Buxtehude und Hamburg“, so Günter Wichert. Grüne und Linke sind gegen die A20. „Wir haben in Deutschland das dichteste Autobahnnetz weltweit“, sagte Linken-Kandidatin Hilke Hochheiden.

Die Linken-Kandidatin Hilke Hochheiden. Foto: Martin Elsen
SPD-Mann Daniel Schneider versuchte einen Mittelweg. Er schlug den Ausbau der Fährverbindung über die Elbe und den dreispurigen Ausbau der B73 „unabhängig“ vom Bau der Autobahn vor. Auch Christopher Jesse sprach sich für den Ausbau der Fähre aus. AfD-Mann Sebastian Sieg brachte ein zweites Bahngleis für die Strecke Cuxhaven-Hamburg ins Gespräch.
Der Faktencheck
Dass die AfD kein Fan von Windkraftanlagen ist, ist keine neue Erkenntnis. In Hammah gab es Streit um die Frage, ob die AfD alle Windkraftanlagen abreißen will. So viel zum Hintergrund: „Und ich kann Ihnen sagen, wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande“, hatte AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel in einer Rede gesagt. Anschließend hatte sie das relativiert und nur die Windkraftanlage im Reinhardswald in Hessen gemeint haben wollen. Auch in der AfD wurde Weidel dann aber falsch verstanden.

Sebastian Sieg im Fokus der anderen Kandidaten. Foto: Martin Elsen
„Alice hat es in ihrer Rede wunderbar zum Ausdruck gebracht: Wenn wir die Regierungsverantwortung in Deutschland haben, dann werden wir die Windindustrieanlagen in Deutschland zurückbauen, und zwar rechtsstaatskonform, aber komplett“, interpretierte AfD-Rechtsaußen Björn Höcke seine Kanzlerkandidatin.
So fanden die Besucher die Podiumsdiskussion
„Die Kandidaten haben recht ehrlich geantwortet“, stellte Hoimar Müller aus Hammah fest. Manchmal sei es etwas unkonkret gewesen und auch der lokale Bezug habe ihm gefehlt. Überraschend fand er die Zusammensetzung einer Kenia-Koalition. „Da hätte ich eher mit einer GroKo gerechnet.“

Hoimar Müller. Foto: Bisping
David Cordes, ebenfalls aus Hammah, fand die Veranstaltung interessant. Er habe einen ganz guten Überblick darüber bekommen, wie die einzelnen Kandidaten ticken. „Ich war auch froh, dass das Thema Bildung am Ende noch angesprochen wurde.“

David Cordes. Foto: Bisping
„Eigentlich ganz interessant“ fand es auch Kirsten Stüven-Diercks aus Himmelpforten. Sie ist für die CDU im Samtgemeinderat und Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat Himmelpforten. „Vielleicht ein bisschen lang, auch die Antworten – die hätten komprimierter sein können und besser abgebremst werden können.“

Kirsten Stüven-Diercks. Foto: Bisping
Den ersten Teil der Veranstaltung hätte sie sich kürzer gewünscht, sagte Ursula Männich-Polenz aus Himmelpforten. Sie sitzt für Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag und im Samtgemeinderat in Oldendorf-Himmelpforten. „Ich fand es aber sehr erfrischend, dass die Kandidaten sich immer wieder in ein anderes Setting einfinden mussten.“

Ursula Männich-Polenz Foto: Bisping
Amelie Rutzen aus Lamstedt und Jasmina Kopf aus Cadenberge waren mit ihrem Politik-Leistungskurs da. Beide sagten, es sei unterhaltsam und interessant gewesen. „Man hat sehr gut gesehen, wo die Parteien auseinanderlagen“, sagte Amelie Rutzen. Für Jasmina Kopf war die Veranstaltung förderlich, „weil ich besser entscheiden kann, was ich wähle“.

Amelie Rutzen und Jasmina Kopf. Foto: Bisping
„Dass alle demokratischen Vertreter sehr engagiert waren, fand ich gut“, sagte Matthias Riepe aus Himmelpforten. Er hätte sich mehr programmatische Lösungen gewünscht. „Die Moderation fand ich am Anfang etwas holprig und die AfD widersprüchlich.“

Matthias Riepe. Foto: Bisping
Nächste Podiumsdiskussion in Kutenholz
Den zweiten TAGEBLATT-Talk zur Bundestagswahl gibt es am Freitag, 14. Februar, 19 bis 21 Uhr, in der Festhalle in Kutenholz. Auf dem Podium sitzen dann die Direktkandidaten für den Wahlkreis Stade I - Rotenburg II: Frauke Langen (SPD), Vanessa Zobel (CDU), Joachim Fuchs (Bündnis 90/Die Grünen), Benjamin Koch-Böhnke (Die Linke), Marie-Thérèse Kaiser (AfD) und Malte Hermsteiner (Volt). Karten für die Diskussion sind im Stader Pressehaus, Glückstädter Straße 10, oder online erhältlich.

Das Podium: Der Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider (SPD), Hilke Hochheiden (Die Linke), Günter Wichert (FDP), Christoph Frauenpreiß (CDU), Christopher Jesse (Bündnis 90/Die Grünen) und Sebastian Sieg (AfD). Foto: Martin Elsen www.nord-luftbilder