TEmily Bölk vor größter Herausforderung ihrer sportlichen Karriere

Emily Bölk: „Die Spiele sind das Größte, was es im Sport gibt“ Foto: Tom Weller/dpa
In der kommenden Woche wird der große Traum wahr: Emily Bölk führt die deutsche Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Paris an. Die gebürtige Buxtehuderin fühlt sich bereit. Das hat auch mit ihrer Mutter zu tun.
Buxtehude. Emily Bölk hat eine klare Vorstellung von Olympia. „Die Spiele sind das Größte, was es im Sport gibt“, sagt sie. „Eine absolute Seltenheit“ im Vergleich zu einer WM oder EM, die alle zwei Jahre stattfinden. „Der ganze Trubel, die Eröffnungsfeier, die einheitlichen Outfits, das Wir-Gefühl“, sprudelt es aus Bölk heraus.
Nur hat die 26-Jährige noch nie an Olympischen Spielen teilgenommen. Wie auch. Als zuletzt ein deutsches Frauen-Team um Medaillen kämpfte, war sie zehn Jahre alt und spielte Handball in der Buxtehuder Jugend. Aber Bölk bringt gute Voraussetzungen mit. „Ich bin mit den Geschichten meiner Mom aufgewachsen“, sagt sie.
Mutter Andrea schwelgt in Erinnerungen
Bölk stammt aus einer Handball-Familie. Mutter Andrea nahm selbst an den Spielen 1992 in Barcelona (Platz 4) und 1996 in Atlanta (Platz 6) teil. „Ich habe Emmy schon als Kind gesagt, dass Olympia das Größte für einen Sportler ist“, erzählt die 55-Jährige. Als die Familie mal in Barcelona war, zeigte sie ihrer Tochter das Olympiastadion. Erinnerungsstücke, die Fotos, Pins und Akkreditierungen, hat sie noch zu Hause. Nun tritt die Tochter in ihre Fußstapfen.

Emily Bölk auf dem Arm ihrer Mutter Andrea, die 200 Mal für den BSV spielte. Foto: Archiv
Aber es hat etwas gedauert. Emily Bölk war schon bei der WM 2019 dabei, als das DHB-Team einen Startplatz für das Qualifikationsturnier für Tokio verpasste. Vor drei Monaten lief es dann besser: Deutschland setzte sich beim Qualifikationsturnier in Neu-Ulm durch. „Das war der Lohn für die harte Arbeit. Nach 16 Jahren haben wir endlich den Bann gebrochen“, sagt Bölk.
Erstes Länderspiel mit 18, Kapitänin mit 22
Was anders war: „Die Mannschaft ist erfahrener geworden“, sagt Bölk. „Wir spielen schon länger zusammen und müssen nicht immer wieder bei null anfangen.“ Hinzu kommt: Immer mehr deutsche Spielerinnen stehen im Ausland unter Vertrag und sind laut Bölk dadurch an die internationale Härte gewöhnt. „Man wächst mit der Auslandserfahrung.“ Das weiß Bölk nur zu gut.

Emily Bölk spielte bis 2018 bei ihrem Heimatverein BSV. Foto: pictureteam (Archiv)
Geboren wurde sie in Buxtehude. Immer wieder wurde sie in Verbindung mit ihrer Mutter, der Weltmeisterin von 1993, gebracht und ihr eine prächtige Zukunft vorausgesagt. Und so kam es: Bölk legte eine mustergültige Karriere hin. Mit 18 bestritt sie ihr erstes Länderspiel, mit 22 wurde sie Kapitänin. Acht Welt- und Europameisterschaften hat die wurfgewaltige Rechtshänderin bisher bestritten. Medaillen: noch keine.
Vorrunde in Paris wird „extrem hart“
Anders im Verein. Nach Stationen in Buxtehude und beim Thüringer HC wechselte Bölk 2020 zum ungarischen Spitzenclub Ferencváros Budapest. Seitdem feierte sie zwei Meisterschaften und drei Pokalsiege und warf ihre Mannschaft vor einem Jahr mit einem Last-Minute-Tor ins Champions-League-Finale. „Das ist das Größte, was ich bisher erreicht habe“, sagt sie. Bölk fühlt sich für Olympia gerüstet.

Emily Bölk hat bereits mehrere Titel in Ungarn gewonnen. Foto: Scholz
In der Vorrunde trifft Deutschland ab dem 25. Juli auf Südkorea, Schweden, Slowenien, Dänemark und Norwegen. „Drei der vier besten Teams der Welt sind in unserer Gruppe. Das wird extrem hart“, sagt Bölk. Auch Asienmeister Südkorea sei nicht zu unterschätzen. Titelverteidiger Frankreich geht man in der Vorrunde aus dem Weg.
Spielbeginn zu ungewohnter Zeit
Die Plätze eins bis vier erreichen das Viertelfinale in Lille. „Das halte ich auf jeden Fall für ein realistisches Ziel“, sagt Bölk. Von einer Medaille spricht sie nicht. Aber: „Wir fahren nicht als Touristen nach Paris. Wir wollen dort richtig geile Leistungen abrufen und den Abstand zur Weltspitze verkleinern“, sagt Bölk.
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Und noch etwas kommt auf das Team und die Kapitänin zu: viel Organisatorisches. Wie läuft die Eröffnungsfeier ab? Wann sind die Essenszeiten? Wie geht man mit den frühen Spielen um 9 Uhr um? „Olympia hat andere Dimensionen als eine WM oder EM. Deshalb wollen wir uns schon im Vorfeld damit beschäftigen, damit es uns vor Ort nicht so viel Energie kostet“, sagt Bölk, die gemeinsam mit Alina Grijseels (CSM Bukarest) das Kapitänsamt bekleidet.

Emily Bölk führt die deutsche Mannschaft zusammen mit Alina Grijseels an. Foto: Tom Weller/dpa
Wie wird es wirklich in Frankreich?
Wie wichtig der Fokus ist, weiß sie auch von ihrer Mutter. „Man trifft andere Sportler, unterstützt die deutschen Teilnehmer, schaut sich andere Sportarten an. Und trotzdem darf man sich nicht ablenken lassen“, sagt Bölk. Sie ist gespannt, inwieweit ihre Vorstellung mit der Realität übereinstimmt.
Die deutschen Spiele
Das DHB-Team trifft in der Vorrunde auf Südkorea (25. Juli, 16 Uhr), Schweden (28. Juli, 14 Uhr), Slowenien (30. Juli, 9 Uhr), Dänemark (1. August, 19 Uhr) und Norwegen (3. August, 19 Uhr). Die Plätze eins bis vier erreichen das Viertelfinale. Die Vorrunde wird in Paris ausgetragen, die K.o.-Runde in Lille. Titelverteidiger ist Frankreich.