TDie meisten Gegentore der Liga: Hat der BSV ein Torwartproblem?

BSV-Torhüterin Laura Kuske ist mit der Situation nicht zufrieden und sagt: "Wir müssen uns steigern." Foto: Jan Iso Jürgens
Der Buxtehuder SV hat in dieser Bundesliga-Saison bisher die meisten Gegentore kassiert. Das liegt auch an der Form der Torhüterinnen, aber nicht nur.
Buxtehude. Statistiken sind bekanntlich mit Vorsicht zu genießen. Doch erst wenn man die Zahlen richtig einordnet, können sie ihre Aussagekraft entfalten und ein Indikator für besonders gute oder schlechte Leistungen sein. So wie die 22 Prozent, die in der Statistik des Buxtehuder SV auftauchen.
Genauer gesagt: In den bisherigen sieben Bundesliga-Spielen haben die BSV-Torhüterinnen 63 von 290 Würfen auf ihr Tor gehalten - das sind 22 Prozent. Nur 22 Prozent. „Damit können wir nicht zufrieden sein“, sagt Laura Kuske, eine der Torhüterinnen. „Das ist zu wenig“, sagt Trainer Dirk Leun.
Keine Mannschaft kassiert mehr Gegentore
Mit dieser Quote gehört Buxtehude zu den Schlusslichtern der Bundesliga. Zum Vergleich: Die Torhüterinnen des Thüringer HC halten 34 Prozent der Würfe, selbst Aufsteiger Göppingen kommt auf 27 Prozent.
In der vergangenen Saison hatten Kuske und Marie Andresen (Karriereende) noch 29 Prozent gehalten. Damals kassierte der BSV 28 Gegentore pro Spiel - jetzt sind es 32, Ligaspitze. Hat der BSV also ein Torwartproblem?
Starke Quoten - kaum Punkte
Zum Auftakt hatte die 23-jährige Kuske mit ihren Paraden in psychologisch wichtigen Momenten noch dafür gesorgt, dass der BSV beim aktuellen Tabellenführer Dortmund einen Punkt mitnehmen konnte. Mit einer Quote von 31 Prozent war sie eine Schlüsselspielerin.

Sophie Fasold kam im Sommer vom VfL Oldenburg. Foto: Jan Iso Jürgens
Auch Torwartkollegin Sophie Fasold (30), die im Sommer vom VfL Oldenburg kam, zeigte bei den Niederlagen gegen Bensheim (38 Prozent) und den THC (28 Prozent) ihr Potenzial. Doch solche Leistungen sind beim BSV nicht die Regel. Nach sieben Spielen hat der BSV erst zwei Punkte auf dem Konto und ist Vorletzter.
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Kuske fehlte wegen Kopftreffern
Der Trainer vermisst bei seinen Torhüterinnen vor allem eine aggressive Körpersprache, klare Ansagen an die Vorderleute und das Vertrauen in die eigene Stärke bei Würfen aus der Nahdistanz.

BSV-Torhüterin Ylva Tants sprang in dieser Saison bereits für Laura Kuske ein. Foto: Jan Iso Jürgens
Gleichzeitig relativiert Leun die Kritik und erklärt, dass Kuske bereits drei Ligaspiele wegen Kopftreffern verpasst habe, „und Torhüterinnen funktionieren nun mal am besten im Gespann“, sagt er. Ersatzfrau Ylva Tants (19) sei dagegen noch nicht so weit.
BSV lässt zu viele Chancen zu
Ein erster medizinischer Test habe ergeben, dass Kuske noch Probleme mit der Gedächtnisleistung habe, sagt sie. „Aber jetzt geht es wieder.“ Kommende Woche wird der Test wiederholt. Als Ausrede will Kuske die Kopftreffer aber nicht gelten lassen. Gemeinsam mit Torwarttrainerin Debbie Klijn legt das Gespann Extraschichten ein. „Wir müssen uns steigern“, sagt sie.

Laura Kuske verpasste bereits einige Spiele wegen Kopftreffern. Foto: Jan Iso Jürgens
Und ohne Abwehr geht es nicht. Denn zum Problem gehört auch, dass der BSV zu viele Großchancen zulässt. Allein gegen Bensheim flog der Ball 54 Mal auf das BSV-Tor. Da reichte auch Fasolds Topquote nicht, um die Zehn-Tore-Niederlage zu verhindern. Und in Oldenburg kam der Gegner zu oft aus dem Rückraum zum Wurf, ohne dass der BSV einen nennenswerten Block stellen konnte.
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Helferkette funktioniert nicht gut
Mehr noch: Leun kritisiert auch das Zweikampfverhalten. „Wenn eine Spielerin einen Zweikampf verliert, sollte eigentlich die nächste Spielerin aushelfen“, erklärt er. Doch diese Helferkette habe bisher nicht gut funktioniert, was es auch den Torhüterinnen schwer gemacht habe.

Torwarttrainerin Debbie Klijn hat mit ihrem Gespann Extraschichten eingelegt. Foto: Jan Iso Jürgens
Leun versucht nun, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Torhüterinnen und Abwehr aufeinander angewiesen sind. Denn: Wenn die Abwehr das Wurffenster des Gegners einschränkt, kann die Torhüterin den Ball leichter halten. Und wenn die Torhüterin präsent ist, kann sie ihren Vorderleuten Sicherheit geben.
Das Ziel: 30 Prozent plus X
Im Training steht unter anderem die Kommunikation auf dem Programm. „Es geht darum, dass wir mehr mit der Abwehr sprechen“, sagt Kuske. Das fordert auch Leun, denn seine Torhüterinnen seien nicht gerade als „Lautsprecher“ bekannt, sagt er.

BSV-Trainer Dirk Leun hofft auf eine Steigerung seiner Torhüterinnen. Foto: Jan Iso Jürgens
Außerdem kommen beim Wurftraining oft lebensgroße Dummys zum Einsatz. Dadurch sehen die Torhüterinnen den Ball erst spät und lernen so besser einzuschätzen, wohin er fliegt. Das in Sekundenbruchteilen zu erkennen sei eine Kunst, sagt Leun. „Ich bin überzeugt, dass wir ein gutes Gespann haben.“
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Am 22. Dezember geht die Bundesligasaison für den noch sieglosen BSV mit dem Auswärtsspiel gegen Blomberg weiter. Leun hofft, dass die Torhüterinnen in Zusammenspiel mit der Abwehr ihre Quote steigern können. „30 Prozent plus X ist die Größe, die wir anstreben und mit der man in der Regel Spiele gewinnt.“