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Lob und Kritik im Landkreis

TEU senkt Schutzstatus – Jorker Wölfin spurlos verschwunden

In Niedersachsen gibt es zwischen 500 und 600 Wölfe - mehr als in Schweden und Norwegen zusammen.

In Niedersachsen gibt es zwischen 500 und 600 Wölfe - mehr als in Schweden und Norwegen zusammen. Foto: Philipp Schulze/dpa

„Endlich“, jauchzt der Stader Landrat, „ein ermutigendes Zeichen“. Kritik dagegen kommt von den Wolfsschützern. Warum der EU-Beschluss kein Freifahrtschein für Abschüsse ist.

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Von Karsten Wisser
Donnerstag, 05.12.2024, 12:45 Uhr

Landkreis. Der zuständige Ausschuss des Europa-Rats stimmte einem Antrag der EU-Staaten zu, den Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzustufen. Damit gelten zum Schutz des Wolfes zwar immer noch strenge Regeln, eine Jagd auf problematische Wölfe ist aber unter bestimmten Umständen einfacher möglich. Das TAGEBLATT hat nachgefragt, wie die Herabstufung in der Region eingeschätzt wird.

Landrat: Vertrauen in den Rechtsstaat absichern

„Endlich! Das ist ein erstes, ermutigendes und sehr wichtiges Signal“, sagt Stades Landrat Kai Seefried (CDU). Jetzt komme es darauf an, dass diesem Beschluss auch Rechnung getragen werde. „Auf dieser Grundlage sind Land und Bund nun auch wirklich gefordert zu handeln und die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein echtes Bestandsmanagement zu entwickeln. Jetzt darf es keine Ausreden mehr geben“, so Seefried.

Einzelfallgenehmigungen seien keine Lösung, das hätten die aufwendigen Gerichtsverfahren in den vergangenen Monaten gezeigt. „Die Landes- und die Bundespolitik müssen jetzt unverzüglich auf gesetzlichem Wege Abschüsse ermöglichen“, sagt Seefried. Es gehe bei dieser Frage auch um das Vertrauen der Menschen auf dem Land in den Rechtsstaat.

Wölfin ist seit Monaten spurlos verschwunden

Der Kreis wollte die Jorker Wölfin nach zwei Angriffen auf Deichschafe mittels Ausnahmegenehmigung schießen lassen. Er scheiterte damit wie viele andere vor Gericht. Die Jorker Wölfin ist inzwischen seit Monaten nicht mehr im Alten Land gesehen worden. Zuvor gab es wöchentliche bis tägliche Sichtungen - belegt durch Fotos und Video-Aufnahmen.

Zu den wenigen kritischen Stimmen der Herabsetzung des Schutzstatus’ gehört der Freundeskreis freilebender Wölfe. Der Verein hatte mit seiner Klage den Abschuss der Jorker Wölfin gestoppt. „Wir müssen einräumen, dass die Wirtschafts- und Jagdlobby in Kooperation mit ihren Marionetten in der EU bis hin zu der EU-Kommissionspräsidentin einen ersten Erfolg eingefahren hat“, sagt Thomas Mitschke, zweiter Vorsitzender des Vereins. Wer jetzt mit einem regional differenzierten Management und Quotenabschüssen liebäugele, sei aber auf dem Holzweg.

Herabstufung ist kein Freibrief für die Jagd

„Auch wenn einzelne Bundesländer für sich einen guten Erhaltungszustand ausgerufen haben, gilt allerorten das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der für die regionale Bejagung von Wölfen enge Grenzen gezogen hat“, so Mitschke.

Die Luxemburger Richter hatten im Juli entschieden, dass der Wolf auf regionaler Ebene nicht als jagdbare Art ausgewiesen werden darf, wenn der Erhaltungszustand auf nationaler Ebene „ungünstig“ ist.

Schafshaltung wichtig für die Deichsicherheit

„Für unsere Region ist das eine überfällige Entscheidung, die den Weg für ein regionaldifferenziertes Bestandsmanagement öffnet“, sagt Corinna Lange, SPD-Landtagsabgeordnete aus Deinste. „Die Weidetierhaltung und insbesondere die Schafhaltung sind hier nicht nur wirtschaftlich bedeutend, sondern entscheidend für die Stabilität der Deiche und den Schutz vor Sturmfluten“, begründet sie das.

„Wir können es uns nicht leisten, dass Deichschäfer ihre Existenz aufgeben, weil sie ihre Tiere nicht mehr ausreichend schützen können“, sagt Lange. „Die Entscheidung des Europarats ist ein wichtiger Schritt, doch jetzt müssen die Bundesregierung und die EU-Kommission schnell handeln, um die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.“

Sorgen der Menschen werden ernst genommen

Die Region Stade, mit ihren zahlreichen Deichen und der starken Verwurzelung der Weidetierhaltung, stehe exemplarisch für die Herausforderungen, die durch eine wachsende Wolfspopulation entstehen. „Dieser Beschluss ist ein Zeichen dafür, dass die berechtigten Sorgen der Menschen und der Schutz ihrer Lebensgrundlagen endlich Gehör finden“, so Lange.

„Die Absenkung des Schutzstatus‘ des Wolfes in der Berner Konvention durch den Europarat war überfällig“, sagt die CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter aus Buxtehude. Butter fordert wie Kai Seefried und Corinna Lange eine schnelle Umsetzung des neues Schutzes in EU- und nationales Recht.

Schutz der Weidetiere wirksam gewährleisten

„Nur so können wir den Schutz unserer Weidetiere wirksam gewährleisten. Als Landtagsabgeordnete eines Wahlkreises mit viel Weidetier- und Deichschafhaltung liegt mir der Schutz dieser Tiere besonders am Herzen. Sie sind unverzichtbarer Teil unserer Landwirtschaft und unverzichtbar für einen funktionierenden Deichschutz“, so Birgit Butter.

„Es freut mich, dass sich auf europäischer Ebene endlich was bewegt, so wie wir es als CDU lange gefordert haben“, sagt die Stader Landtagsabgeordnete Melanie Reinecke. Die Entscheidung des Europa-Rats sei ein wichtiger erster Schritt hin zu einem aktiven Wolfsmanagement.

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