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Preiskampf

Leere Regale: Edeka klagt gegen diesen Hersteller

Bei Edeka, Marktkauf und Netto gibt es derzeit keine Kellogg‘s.

Bei Edeka, Marktkauf und Netto gibt es derzeit keine Kellogg‘s. Foto: Sven Hoppe/dpa

Nur noch No-Name-Produkte, wo sich früher die Marken aneinanderreihten. Edeka pocht auf eine Belieferungspflicht und will Schadensersatz.

Von Redaktion Freitag, 10.11.2023, 14:15 Uhr

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Hamburg. Ob Cornflakes, „Froot Loops“ oder „Smacks“: Der Streit zwischen der Supermarktkette Edeka und dem US-Hersteller Kellogg‘s über höhere Lieferpreise für bekannte Frühstückscerealien spitzt sich zu. Man habe Schadenersatzansprüche gegenüber dem Unternehmen gestellt, teilte Edeka am Freitag in Hamburg mit. Damit sollen Einbußen für entgangene Erträge und Kunden-Verluste ausgeglichen werden.

Frühstückscerealien von Kellogg’s gelten in der Lebensmittelbranche als Marke, deren Produkte viele Kunden unbedingt haben wollen - sind diese in einem Supermarkt nicht zu kaufen, gehen sie woanders hin und tätigen dort ihren gesamten Einkauf.

Edeka will Schadenersatz von Cornflakes-Hersteller Kellogg#s

Edeka zufolge wollte Kellogg‘s die Preise um bis zu 45 Prozent erhöhen. Dem Vernehmen zufolge akzeptierte die Supermarkt-Kette die Forderungen teilweise, dennoch nahm Kellogg‘s die Belieferung nicht wieder auf - aus Sicht von Edeka hätte das aber geschehen müssen. Nun platzt dem Lebensmittelhändler der Kragen.

„Wir wehren uns weiter gegen das Geschäftsgebaren einiger internationaler Markenartikelhersteller und kämpfen für faire Preise im Supermarktregal“, sagte Edeka-Chef Markus Mosa.

Eine dpa-Anfrage an Kellogg‘s blieb zunächst unbeantwortet. Es geht auch um Chips der Marke Pringles, die in dem Streit aber eher eine Nebenrolle spielen. Sie sind ein längst nicht so starkes Einkaufsmagnet wie die Kellogg’s-Cerealien.

Lieferstreit: Edeka-Beschwerde beim Bundeskartellamt

Separat zur Schadenersatz-Forderung hat sich Edeka schon vor geraumer Zeit beim Bundeskartellamt über den Cornflakes-Hersteller beschwert. Nach Lesart von Edeka haben die US-Amerikaner wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung im Sortiment Frühstückscerealien eine Belieferungspflicht. Ein Sprecher der Bonner Behörde äußerte sich zurückhaltend. „Die Beschwerde liegt uns vor“, sagte er. „Wir haben noch nicht entschieden, ob wir den Vorwürfen nachgehen werden.“ In einem nächsten Schritt könnten die Wettbewerbshüter den US-Konzern zu einer Stellungnahme auffordern - ob die Behörde das tut, ist offen.

Im Jahr 2021 gab es in der Bevölkerung ab 14 Jahren fast viereinhalb Millionen Menschen, die mehrmals pro Woche morgens Cornflakes zum Frühstück bevorzugten.

In den vergangenen Jahren soll Kellogg‘s in Deutschland laut „Rheinische Post“ mehr als 200 Millionen Euro umgesetzt haben. Der deutsche Markt sei wegen des Wettbewerbs der großen Supermärkte samt Discounter für Müsli- und Cornflakes-Hersteller besonders umkämpft. Auch dies führe zu den Preissteigerungen.

Streit von Edeka mit Markenartiklern hält an

Der Edeka-Verbund, mit mehr als 11.000 Geschäften und etwa 409.000 Beschäftigten größter Einzelhändler in Deutschland, hatte schon im Frühjahr angekündigt, im Streit um die Preisgestaltung von Markenherstellern standhaft bleiben zu wollen. Die „Gier“ der internationalen Markenartikler lasse noch nicht nach, hatte Vorstandschef Markus Mosa im TAGEBLATT gesagt. „Und wir können sie noch weniger nachvollziehen als im vergangenen Jahr“, seien doch etliche Rohstoffe etwa für Waschmittel, aber auch Weizen, Öle und Fette wieder billiger geworden.

Mosa sagte, früher oder später werde es eine Lösung geben, allerdings eher in Monaten als in Wochen. Derzeit biete Edeka verstärkt Alternativanbietern einen Marktzugang und steigere auch die Eigenmarken.

Im April waren es noch 17 Konzerne, die Edeka nicht belieferten. Dazu zählten Konsumgüterriesen wie Procter & Gamble, Mars und Pepsi sowie Teile von Henkel, Schwartau und Unilever. Mosa sprach von deutlich zweistelligen Zuwächsen bei den Konzernen. „Bei uns können Sie davon ausgehen, über den dicken Daumen sind Händler erfolgreich, wenn sie mehr als vier Prozent Umsatzrendite haben.“

Verbraucherschützer fordern Klarheit über Lebensmittel-Preissprünge

Die Verbraucherzentralen fordern Aufklärung über die anhaltend höheren Preissteigerungen für Lebensmittel im Supermarkt. Die Entwicklung habe sich von der allgemeinen Inflation und auch von den Energiepreisen entkoppelt, sagte die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop. „Die Preisbildung ist maximal intransparent.“ Kundinnen und Kunden hätten seit Monaten mit stark steigenden Preisen zu kämpfen und fühlten sich mit ständigen Erhöhungen im Stich gelassen. Die Bundesregierung müsse handeln und einen „Preisgipfel“ mit allen wichtigen Akteuren einberufen.

Deutlich teurer wurden demnach zuletzt besonders Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren mit einem Plus vom 15,3 Prozent. Brot und Getreideerzeugnisse verteuerten sich um 12,0 Prozent.

Konkret fordert der Verband, dass Supermärkte Preise ihrer Produkte verpflichtend im Internet veröffentlichen. Die Bundesregierung solle eine Preisbeobachtungsstelle einrichten, die Preise entlang der Kette von den Produzenten über Transport und Verarbeitung bis zum Handel untersucht. „Irgendwo muss der Kostentreiber stecken“, sagte Pop. Um versteckte Preiserhöhungen zu verhindern, müssten Hersteller zudem mit „Warnhinweisen“ kennzeichnen, wenn sie Packungsgröße oder Gewicht verändert haben. Die Verbraucherschützer fordern zudem eine jährliche staatliche Einmalzahlung etwa für Geringverdiener.

Verband: Handel kann nicht alle Preissteigerungen auffangen

Der Lebensmittelhandel verweist darauf, dass Preisinformationen schon in großer Menge verfügbar seien - in den wöchentlichen Prospekten, im Internet oder mittlerweile über eine Reihe von Apps, um günstigste Angebote zu finden. Ein wichtiges Instrument der Transparenz sei auch der anzugebende Grundpreis. Gemeint ist damit neben dem Endpreis des Produkts zum Vergleichen auch der Preis für ein Kilogramm oder einen Liter, der meist aber ziemlich kleingedruckt auf den Schildern steht.

Eine der wichtigsten Kalkulationsgrößen seien die Einkaufspreise des Handels, erläuterte ein Verbandssprecher. Und da hätten sich in den vergangenen Monaten in der ganzen Lieferkette Preissteigerungen für Rohstoffe, Energie und Logistik widergespiegelt. Einen Teil könnten die Handelsunternehmen auffangen, aber eben nicht alles. Zudem hätten sie ein dichtes Filialnetz, Logistikzentren und größere Lkw-Flotten. Für Beleuchtung, Kühlsysteme und Kraftstoffe müssten auch sie mehr zahlen. Dabei gebe es weiter ein „intensives Wettbewerbsumfeld“, in dem Märkte auch mit konkurrenzfähigen Preisen und Angeboten um die Gunst der Kunden werben – gerade in Zeiten gestiegener Preise.

Preistransparenz sei auch kein Selbstzweck, argumentierte der Handelsverband. Ein Preisvergleich Tausender Artikel könne viel Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem müssten Verbraucherinnen und Verbraucher bereit sein, Einkäufe im Zweifel auf mehrere Geschäfte aufzuteilen, um die günstigsten Produkte zu kaufen. Das Sparpotenzial stehe dann oft in keinem Verhältnis zum Aufwand.

Inflation auf niedrigstem Stand seit August 2021

Die Inflation bleibt trotz eines deutlichen Rückgangs im Oktober weiterhin eine Belastung für die Menschen in Deutschland. Vor allem die gegenüber dem Vorjahresmonat erneut stark gestiegenen Nahrungsmittelpreise sind eine Bürde. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Inflationsrate im Oktober auf 3,8 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit August 2021 mit damals ebenfalls 3,8 Prozent. Die Behörde bestätigte am Mittwoch vorläufige Daten. „Die Inflationsrate bleibt im mittel- und im längerfristigen Vergleich dennoch hoch“, sagte Behördenchefin Ruth Brand.

Im September waren die Verbraucherpreise innerhalb eines Jahres noch um 4,5 Prozent gestiegen. Zu Jahresbeginn stand sogar eine 8 vor dem Komma. Insbesondere die über den längeren Kriegs- und Krisenzeitraum gestiegenen Preise für Nahrungsmittel und für Energie seien für Verbraucherinnen und Verbraucher aber weiterhin spürbar, sagte Brand.

Nahrungsmittel verteuerten sich innerhalb eines Jahres dagegen erneut überdurchschnittlich um 6,1 Prozent. Immerhin schwächte sich der Anstieg nach 7,5 Prozent im September und 9,0 Prozent im August ab. (dpa)

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