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Top-Thema 2023

TFredenbeck in den Schlagzeilen: Von Schienenverkehr bis Panzereinsatz

Mulsum/Essel hofft auf eine Haltestelle nach der Reaktivierung der Bahnstrecke Stade-Bremervörde.

Mulsum/Essel hofft auf eine Haltestelle nach der Reaktivierung der Bahnstrecke Stade-Bremervörde. Foto: Vasel

Endlich angebunden sein: Nie waren Hoffnungen und Chancen für die Reaktivierung des Schienenverkehrs in der Samtgemeinde Fredenbeck so groß. Das war in diesem Jahr das beherrschende Thema bei den Menschen - auch wenn es überregional größere Schlagzeilen gab.

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Von Miriam Fehlbus,
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Von Karsten Wisser
Freitag, 29.12.2023, 05:50 Uhr

Fredenbeck. Bald sollen wieder täglich Personenzüge auf der Bahnstrecke Stade-Bremervörde fahren. Das wäre für die Samtgemeinde Fredenbeck ein Riesensprung in Sachen Verkehrsanbindung. In Zeiten des Klimawandels geht der Weg wieder in Richtung Personennahverkehr. Aber im ländlichen Raum bleiben Alternativen zum Auto oft Wunschdenken.

„Die Reaktivierung der Moorexpress-Strecke von Stade bis Bremervörde für den Personenverkehr mit den Haltepunkten in Deinste, Fredenbeck und Mulsum/Essel wäre für die Attraktivität der Samtgemeinde Fredenbeck und der betroffenen Region und insbesondere auch für den Klimaschutz von unschätzbarem Wert“, sagt Fredenbecks Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef.

Landrat fordert Halt in Stade-Hagen und Mulsum/Essel

„Das Jahr 2023 war ganz entscheidend für die Reaktivierung der Bahnverbindung zwischen Stade und Bremervörde“, sagt Stades Landrat Kai Seefried. Heute sei klar, dass das Land Niedersachsen diese Verbindung vorziehen werde. Die Landesregierung habe sich eindeutig für die Reaktivierung positioniert, so Seefried gegenüber dem TAGEBLATT. „Die Einschätzung des Wirtschaftsministers Olaf Lies, die Reaktivierung bereits im Jahr 2026 umzusetzen, ist sicherlich sehr optimistisch und wird kaum erreichbar sein“, so Seefried (CDU). „Als Landrat bin ich aber natürlich dankbar für dieses ambitionierte Ziel, das auch zunächst weiter im Blick bleiben sollte. Wichtig ist, dass wir in der konkreten Umsetzung auch möglichst alle Bahnhöfe - und damit ausdrücklich auch Stade-Hagen und Mulsum/Essel - anbinden.“

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In den veröffentlichten Plänen hatte die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) die Haltestellen Hagen und Mulsum auf die Streichliste gesetzt. Hintergrund: Die LNVG verlangt in ihren internen Vorgaben einen Mindestabstand von 2000 Metern. Weil Stade-Riensförde als Haltestelle gesetzt ist, könnte Hagen dem Rotstift zum Opfer fallen. Auch für Mulsum/Essel wird es eng, allerdings nicht in einer Funktion: als Wechselstelle. An dieser Stelle können Züge wegen der Zweispurigkeit aneinander vorbeifahren. Wartephasen könnten deshalb für den Ein- und Ausstieg sinnvoll genutzt werden, so die Argumentation derer, die für diesen Haltepunkt kämpfen. Verkehrsminister Lies (SPD) hatte anlässlich der Feier des 125. Geburtstags der Strecke Bremervörde-Stade allen große Hoffnung gemacht.

34 Minuten für die Bahnfahrt von Stade nach Bremervörde

Der Personenverkehr auf der Schiene zwischen Bremervörde und Stade war 1993 eingestellt worden. Zwar verkehrt der Moorexpress noch auf den Schienen, aber ausschließlich als touristische Attraktion in den Sommermonaten - bis ins Teufelsmoor. Auch nachts fahren Bahnen - ohne Zuggäste - zur Zentrale der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) nach Bremervörde. Eben diese Pflege der Strecke für den regelmäßigen Bedarf dürfte die Reaktivierung vereinfachen. Beschrankte Bahnübergänge und moderne Technik sind weitestgehend vorhanden.

Die Reaktivierung wird laut Studie knapp acht Millionen Euro kosten. Bei sieben Haltepunkten würde der EVB-Zug 34 Minuten von Stade nach Bremervörde brauchen. Bei Weiterführung bis Himmelpforten - mit neuem Bahnhof in Hahle - würden die Kosten auf 11,43 Millionen Euro steigen.

EVB-Erwartungen für 2024: Noch zwei Strecken auf dem Reaktivierungs-Plan

„Unser Streckenjubiläum „125 Jahre Eisenbahnstrecke Bremervörde-Stade“ mit fast 10.000 Besucherinnen und Besuchern am Festwochenende hat eindrucksvoll unterstrichen, wie sehr die Faszination Eisenbahn und der Wunsch nach gutem, überall verfügbarem Schienen-Personennahverkehr die Menschen verbinden und bewegen“, sagt Christoph Grimm, Geschäftsführer der EVB, rückblickend und ergänzt: „Kundgebungen für die Reaktivierung unserer Jubiläumsstrecke und die Reaktionen aus der Politik zeigen, dass unsere Dienstleistungen gesellschaftlich unbedingt gewollt sind.“

Grimm blickt optimistisch auf 2024: Dort werde das Thema „Reaktivierung“ einer der Schwerpunkte für die EVB sein. „Zum einen die Reaktivierung unserer Strecke 5 (Bremervörde-Stade), auf der sich die Landesregierung eine Aufnahme des Linienbetriebs im Dezember 2026 wünscht. Zum anderen aber auch die Reaktivierung unserer Strecken 3 (Rotenburg-Bremervörde) und 4 (Zeven-Tostedt).“ Beide seien in Stufe 2 des niedersächsischen Reaktivierungsverfahrens vorgerückt und haben damit gute Chancen. Last but not least sei die Reaktivierung des Schienengüterverkehrs in der Fläche zu nennen, bis hin zu neuen Potenzialen für den Einzelwagen-Güterverkehr. Auch hier wird sich die EVB in Zusammenarbeit mit IHK und Landkreisen 2024 und darüber hinaus stark engagieren, kündigt Christoph Grimm gegenüber dem TAGEBLATT an.

Was sonst noch die Menschen in der Samtgemeinde Fredenbeck bewegt hat

„Polizei stürmt Luxus-Anwesen mit Panzer“ - „Razzia bei Hamburg“, mit diesen Schlagzeilen hat es Fredenbeck über die Kreisgrenzen hinaus in die Öffentlichkeit geschafft. Im Juni durchbrach ein Anti-Terror-Panzer die Hecke einer Villa. Ziel der Spezialeinheit der Polizei: Kupferdiebe aus dem Clan-Milieu. Drei Kangals stürmten auf das Einsatzkommando und die Bereitschaftspolizisten zu. Zwei der Hunde wurden erschossen, einer war noch in der Samtgemeinde unterwegs. Das sorgte für Angst bei Eltern und Anwohnern. Aber das Tier kehrte offenbar eigenständig zurück. Seit Mitte Dezember wird fünf Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls beim Kupferproduzenten Aurubis vor dem Hamburger Landgericht der Prozess gemacht. Es geht um elf Millionen Euro, zehn hochwertige Fahrzeuge wurden sichergestellt. Ein Maybach, ein Porsche in Sonderedition und ein Audi Q8 waren es in Fredenbeck.

Spezialeinsatzkräfte der Polizei haben mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei im Juni 2023 das Anwesen einer Clan-Familie in Fredenbeck durchsucht.

Spezialeinsatzkräfte der Polizei haben mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei im Juni 2023 das Anwesen einer Clan-Familie in Fredenbeck durchsucht. Foto: Vasel

Um ein teures Auto drehte sich auch ein tödlicher Unfall im Herbst. Ein BMW, 430 PS stark und 165.000 Euro teuer, raste in „Müllers Gasthof“ in Mulsum. Der 25 Jahre alte Beifahrer und Halter des Fahrzeugs starb. Der PS-starke Bolide hob beim Überfahren der Verkehrsinsel an der Ecke „Höchststadt“ ab und krachte im Eingangsbereich in den Gasthof. Eine weitere Bremsspur gab es nicht.

Der Schaden an der Gaststätte in Mulsum wird auf weit über 100.000 Euro geschätzt.

Der Schaden an der Gaststätte in Mulsum wird auf weit über 100.000 Euro geschätzt. Foto: Vasel

Marihuana-Plantage in zwei Containern unter der Erde

Noch eine Besonderheit in Sachen krimineller Energie: Ebenfalls im September räumte die Polizei eine unterirdische Marihuana-Plantage nahe Kutenholz. Der Eingang mutete wie eine Bunkeranlage aus dem Zweiten Weltkrieg an. Über eine Zwei-Meter-Leiter ging es in den kleinen Vorraum des parallel aufgestellten Seecontainers. An der Decke hing eine große Lüftungsanlage: eine Untergrundplantage. „So etwas hatten wir im Landkreis Stade noch nicht“, sagte Polizeisprecher Rainer Bohmbach damals.

Die Polizei räumt die unterirdische Marihuana-Plantage nahe Kutenholz. Von außen war wenig zu sehen. Nachbarn wurden mit der Prepper-Legende beruhigt.

Die Polizei räumt die unterirdische Marihuana-Plantage nahe Kutenholz. Von außen war wenig zu sehen. Nachbarn wurden mit der Prepper-Legende beruhigt. Foto: Vasel

Ihre Nachbarn hatten die drei Tatverdächtigen mit einer „Prepper“-Legende überzeugt. Sie wollten im Ernstfall gut vorbereitet sein. Demnach wollten sie sich aus Angst vor einem Atomkrieg und Wladimir Putin auf dem Grundstück ein unterirdisches Vorratslager anlegen. In amerikanischen Spielfilmen und Serien ist diese Argumentation häufiger zu finden.

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