Aurubis: Prozess gegen „Edelmetall-Bande“ aus Kreis Stade gestartet

Spezialeinsatzkräfte im Juni bei der Razzia im Kutenholzer Weg. Foto: Vasel
Die Großrazzia mit Anti-Terror-Panzer in einer Fredenbecker Villa schlug bundesweit Wellen. Die Bande soll Millionengewinne mit Diebstählen beim Kupferhersteller Aurubis gemacht haben. Der Prozess um einem ungewöhnlich hohen Schaden startet jetzt.
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Hamburg/Landkreis. Wegen des Diebstahls von rund 5000 Kilo silberhaltigen Materials beim Kupferproduzenten Aurubis beginnt am Dienstag ein Prozess vor dem Landgericht Hamburg. Die Staatsanwaltschaft wirft fünf Angeklagten schweren Bandendiebstahl oder gewerbsmäßige Hehlerei vor, einem sechsten Beschuldigten Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl. Der Fall steht mutmaßlich in keinem Zusammenhang mit den Ende August bekannt gewordenen Betrügereien, die Aurubis einen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe eingehandelt haben.
Beute im Wert von elf Millionen Euro
Laut Anklage sollen die Beschuldigten die edelmetallhaltigen Zwischen- und Nebenprodukte zwischen Februar 2020 und Januar 2021 vom Firmengelände im Stadtteil Veddel gestohlen haben. Die Beute im Gesamtwert von rund elf Millionen Euro verkauften sie demnach an bislang unbekannte Abnehmer. Zumindest ein Teil des Diebesgutes soll zur Analyse und weiteren Verwendung an metallverarbeitende Betriebe in der Türkei versandt worden sein. Zur internen Kommunikation benutzten die Beschuldigten im Alter zwischen 33 und 50 Jahren Kryptohandys.

Blick auf das Werksgelände der Aurubis AG. Foto: Marcus Brandt/dpa
Durchsuchungen in fünf Bundesländern
Bekannt geworden war dieser Fall Mitte Juni. Damals ließ die Staatsanwaltschaft mehr als 30 Objekte in fünf Bundesländern durchsuchen, mit dabei waren Wohnungen in Fredenbeck Wohnungen in Jork, Drochtersen, Harsefeld, Neu Wulmstorf und Munster sowie in Schneverdingen.Die spektakulärste Aktion fand am Kutenholzer Weg in Fredenbeck statt, als das Mobile Einsatzkommande das luxuriöse Anwesen mit einem Anti-Terror-Panzer stürmte. Die Polizei erschoss dabei zwei türkische Kangal-Hirtenhunde, die auf die Beamten zugelaufen waren.

Beweismittel werden abtransportiert. Foto: Vasel
Dabei waren sechs Männer verhaftet worden, einer von ihnen in Fredenbeck. Die Ermittlungen richteten sich gegen zwölf identifizierte und weitere noch nicht bekannte Verdächtige. Nach Angaben von Aurubis richteten sich die Ermittlungen gegen einzelne aktive und ehemalige Mitarbeiter des Konzerns beziehungsweise gegen Mitarbeiter von Fremdfirmen, die auf dem Werksgelände der Aurubis tätig waren.
Die Beamten hatten im Juni neben Unterlagen und Speichermedien zehn Fahrzeuge, 20 hochwertige Uhren, über 200 000 Euro Bargeld, mehrere scharfe Schusswaffen und Munition sowie Teile des Diebesgutes sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft erwirkte Arrestbeschlüsse im Gesamtwert von über 20 Millionen Euro. Ein Arrestbeschluss ist eine richterlich genehmigte Sicherstellung von Sachwerten.

Kupferspulen liegen auf dem Werksgelände der Aurubis AG. Foto: Marcus Brandt/dpa
Noch höherer Schaden in anderem Fall
Einen deutlich höheren Schaden noch haben Betrügereien in einem Ende August bekanntgewordenen Fall bei Aurubis verursacht. Dieser Fall ist aber nicht Gegenstand des jetzt beginnenden Prozesses. Aufgefallen war der Betrug bei regelmäßigen Überprüfungen des Metallbestands. Es gab erhebliche Abweichungen vom Soll-Bestand sowie Abweichungen bei Sonderproben bestimmter Recycling-Lieferungen.
Aurubis vermutet, dass es bei Proben von Recycling-Schrott zu Manipulationen gekommen ist, so dass der Wert von Lieferungen auf Basis der Proben zu hoch angesetzt wurde. Eine außerordentliche Inventur ergab, dass der Fehlbestand an Edelmetallen das operative Ergebnis vor Steuern des Geschäftsjahres 2022/23 um 185 Millionen Euro negativ beeinflusse, wie Aurubis Mitte September mitteilte.