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Geldabheben

TGebühren an Supermarktkasse: Hier bahnt sich ein Konflikt an

Geldabheben im Supermarkt: Im Landkreis Stade möglich bei Rewe, Edeke oder Rossmann.

Geldabheben im Supermarkt: Im Landkreis Stade möglich bei Rewe, Edeke oder Rossmann. Foto: Benjamin Nolte/dpa-tmn/dpa

Viele Kunden im Landkreis Stade decken sich beim Einkaufen mit Bargeld ein - notgedrungen, weil immer mehr Bankautomaten abgebaut werden. Jetzt protestieren die Händler.

Von Christian Rothenberg Mittwoch, 24.04.2024, 13:54 Uhr

Landkreis. Die Einzelhändler in Deutschland wollen nicht länger dafür zahlen, dass Kunden beim Einkaufen Bargeld abheben können. Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert von den Banken, auf die für die Auszahlungen erhobenen Gebühren zu verzichten. „Die Banken reduzieren vielerorts Automaten und Filialen. Der Handel übernimmt einen Teil der Aufgaben, auf die Kunden angewiesen sind. Das sollte auch etwas wert sein. Es ist untragbar, dass die Banken an einem Service verdienen, den sie nicht anbieten“, sagte der HDE-Experte für Zahlungsverkehr, Ulrich Binnebößel, der Deutschen Presse-Agentur.

Der Service wird unter anderem von den Lebensmitteleinzelhändlern Rewe und Edeka, Drogerien wie DM und Rossmann und auch Baumärkten angeboten.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DGSV) wies die Forderung und die Kritik auf Nachfrage zurück. „Die Händler bieten diesen Service freiwillig an. Viele von ihnen werben sogar damit und stellen die Möglichkeit, Bargeld an der Kasse zu erhalten, als besonderen Service für ihre Kundschaft dar“, sagte ein Sprecher. „Es ist weder möglich noch wünschenswert, dass der Einzelhandel die Funktion von über 51.000 Geldautomaten in ganz Deutschland übernimmt.“ Das Geldabheben im Supermarkt ergänze die Bargeldversorgung der Banken und Sparkassen, ersetze sie jedoch nicht. Der DSGV spricht für die Deutsche Kreditwirtschaft, den Dachverband der großen Bankenverbände.

Bargeldauszahlung bei Kunden beliebt - zum Nachteil für Händler

Das Abheben von Bargeld beim Einkaufen wird von vielen Einzelhändlern angeboten und ist bei Verbrauchern beliebt. Das Gesamtvolumen der Auszahlungen stieg im Jahr 2023 laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Handelsforschungsinstituts EHI um gut 20 Prozent auf 12,31 Milliarden Euro. Mit der zunehmenden Nutzung steigen auch die Gebühren, die die Handelsunternehmen dafür an die Banken abführen müssen. Diese liegen nach Angaben des EHI pro Girocard-Transaktion zwischen 0,1 und 0,2 Prozent des ausgezahlten Betrages.

EHI-Zahlungsexperte Horst Rüter prognostiziert, dass die Summe wegen der hohen Nachfrage weiter steigt. „Das könnte vor allem vormittags, wenn die Kassen noch leerer sind, dazu führen, dass die Geschäfte nicht immer in der Lage sind, Bargeld an Kunden auszuzahlen. Der Handel müsste sich dann mit zusätzlichem Geld bevorraten“, sagt er. Die kritische Grenze ist der Studie zufolge erreicht, wenn der Barumsatz unter 25 Prozent rutscht.

Geldabheben im Supermarkt - Handel will keine Gebühren mehr zahlen

Großen Filialisten wie die Supermarktkette Rewe verhandeln ihre Konditionen individuell mit den Banken. Die Entgelte würden nicht vorgegeben, betont der DSGV. Ulrich Binnebößel vom Handelsverband widerspricht, aufseiten der Banken gebe es keinerlei Bereitschaft, die Gebühren zu reduzieren. Den Einzelhändlern bliebe deshalb nichts anderes übrig, als die Kosten zu akzeptieren oder den Service einzustellen. „Aus Gründen des Wettbewerbs ist das jedoch schwierig. Die Bargeldauszahlung ist heute nicht mehr verzichtbar.“

  • Wie gehen die Handelsunternehmen damit um?

„Die prognostizierten Probleme und Engpässe können wir für unsere Gruppe nicht sehen“, sagt ein Sprecher von Rewe. Die Supermarktkette zählte im Jahr 2003 zu den ersten Einzelhändlern, bei denen Kunden Geld abheben konnten. Ab einem Einkaufswert von 1 Cent kann der Service mit einer Girokarte genutzt werden, die Obergrenze liegt bei 200 Euro. Eine Änderung ist nicht geplant. Die Discounter Lidl und Aldi Süd äußern sich zu etwaigen Plänen und Umstellungen nicht.

dm fordert: Banken sollen auf Gebühren verzichten

Die Drogeriekette Rossmann möchte kein Bargeld zukaufen, wie sie auf Nachfrage erklärt. Dies sei auch in Zukunft nicht geplant, eine Einschränkung des Angebots sehe man nicht. Selbst bei hochfrequentierten Verkaufsstellen könnten in der Regel alle Kundenwünsche erfüllt werden, heißt es. Rossmann hat die Bargeldauszahlung erst vor einem Jahr eingeführt, ab einem Einkaufswert von 10 Euro. Wettbewerber dm gibt an, die Entwicklungen im Bargeldbereich zu beobachten und den Service auf Optimierungen zu prüfen. Es sei „zu begrüßen, wenn die Banken auf eine Erhebung von Gebühren auf den Auszahlbetrag verzichten würden“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens.

Umfrage: Für jeden Vierten hat sich Weg zum Bargeld verlängert

Im vergangenen Jahr haben die Einzelhändler 17,23 Millionen Euro Gebühren an die Banken gezahlt. Die Kosten werden nach Binnebößels Angaben auf die Endpreise umgelegt und somit an die Kunden weitergegeben.

Die Bargeldauszahlung stellt die Unternehmen, die den Service anbieten, vor ein zusätzliches Problem. Da immer weniger mit Bargeld bezahlt werde, könne es für die Handelsunternehmen zeitweilig schwierig werden, die Nachfrage zu bedienen, sagt EHI-Zahlungsexperte Horst Rüter. Die Unternehmen seien dann womöglich dazu gezwungen, Bargeld zuzukaufen, um Geld an Kunden auszahlen zu können.

Verbraucherschützer beklagen, dass der Zugang zum Bargeld und dessen Akzeptanz schwieriger geworden ist. Eine im Februar veröffentlichte Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zeigt: 26 Prozent der Befragten geben an, dass sich der Weg zum Abheben von Bargeld in den vergangenen drei Jahren verlängert habe - weil Geldautomaten abgebaut und Bankfilialen geschlossen worden sind.

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