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Haushalt

TRekorddefizit und Beleidigungen: Die letzte Kreistagssitzung hat es in sich

Arnhild Biesenbach (CDU) ist die Vorsitzende des Stader Kreistags.

Arnhild Biesenbach (CDU) ist die Vorsitzende des Stader Kreistags. Foto: Wisser

Heuchelei, asozial und faschistisch: Ein 40-Millionen-Euro-Defizit und Ordnungsrufe für Linke und AfD dominieren die letzte Kreistagssitzung in diesem Jahr.

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Von Karsten Wisser
Dienstag, 10.12.2024, 12:15 Uhr

Landkreis. Mit großer Mehrheit hat der Stader Kreistag in seiner letzten Sitzung des Jahres am Montag im Kreishaus den Haushaltsplan für das Jahr 2025 beschlossen. Bei einem Volumen von 490 Millionen Euro gibt es ein Defizit von 41,5 Millionen Euro – eine in der jüngeren Geschichte des Landkreises einmalig schlechte Entwicklung. Nein-Stimmen zum Finanzplan kamen nur von der AfD.

Die Kreissteuer soll auf 51 Prozent steigen

In der Folge wird die Kreisumlage für das kommende Jahr auf 48 Prozentpunkte erhöht. Diese Kreissteuer für die Kommunen soll bis 2028 dann sogar auf 51 Prozentpunkte steigen. Das trifft die Hansestädte Stade und Buxtehude und die Gemeinden hart.

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Rechnerisch soll es 2025 keine zusätzlichen Stellen geben. Im gerade erst verabschiedeten Nachtragshaushalt für 2024 gab es aber noch einmal 27 neue Stellen.

AfD-Antrag abgelehnt

Der AfD-Abgeordnete Maik Julitz hatte den Antrag gestellt, einen sofortigen Einstellungsstopp für die Kreisverwaltung zu erlassen. Bei seiner Begründung würfelte Julitz Landesaufgaben, städtische Aufgaben und gesetzliche Pflichtaufgaben durcheinander. Er sprach von 60 Prozent mehr Beschäftigten in der Kreisverwaltung seit 2015. Aktuell gibt es 1050 Stellen, 2015 waren es noch 662.

Maik Julitz ist Parteivorsitzender der AfD im Landkreis Stade.

Maik Julitz ist Parteivorsitzender der AfD im Landkreis Stade. Foto: Wisser

Julitz‘ Fraktionskollegin Anke Lindszus warf Landrat Kai Seefried Heuchelei vor und bezog sich damit auf die Aussage, dass 2025 keine neuen Stellen geschaffen werden.

Linke: AfD asoziale und faschistische Partei

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Benjamin Koch-Böhnke bezeichnete die AfD in seiner Erwiderung als „asoziale und faschistische Partei“. Die Kreistagsvorsitzende Arnhild Biesenbach (CDU) erteilte Ordnungsrufe für die Begriffe Heuchelei, asozial und faschistisch.

Arnhild Biesenbach (CDU) ist die Vorsitzende des Stader Kreistags.

Arnhild Biesenbach (CDU) ist die Vorsitzende des Stader Kreistags. Foto: Wisser

Anke Lindszus hatte sich auch darüber beschwert, dass AfD-Anträge nie Zustimmung fänden. „Das liegt daran, dass ihre Anträge Murks sind“, sagte die CDU-Kreistags- und Landtagsabgeordnete Melanie Reinecke dazu. Der SPD-Kreistagsabgeordnete Kai Holm forderte „Respekt vor den Leistungen unserer Leute und nicht nur dumme Sprüche“ von der AfD.

Der SPD-Kreistagsabgeordnete Kai Holm forderte Respekt für die Arbeit der Beschäftigten der Kreisverwaltung ein.

Der SPD-Kreistagsabgeordnete Kai Holm forderte Respekt für die Arbeit der Beschäftigten der Kreisverwaltung ein. Foto: Wisser

Krankenhäuser lösen Finanzkrise aus

Bei den roten Zahlen macht sich die unzureichende Finanzierung für die Krankenhäuser bemerkbar. Bei den Investitionen schlagen die Elbe Kliniken mit mehreren Hundert Millionen Euro zu Buche. Bis 2032 sollen durch das Land und den Landkreis hier rund 300 Millionen Euro investiert werden, alleine im kommenden Jahr stellt der Landkreis Stade für Baumaßnahmen 15 Millionen Euro zur Verfügung.

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Zudem sind auch 2025 zehn Millionen Euro als Liquiditätshilfe für die Elbe Kliniken eingeplant, 2023 und 2024 flossen schon einmal 15 Millionen Euro aus dem Kreishaushalt in die Kliniken.

Um dem Sanierungsstau bei den Kreisstraßen zu begegnen, stehen 13 Millionen Euro bereit.

Jugend und Soziales: Die Kosten explodieren

Zweiter Grund für das hohe Defizit, und auch nicht selbst verschuldet: Der Aufwand im Bereich Jugend und Familie steigt um 16,6 Millionen Euro auf rund 87 Millionen Euro. Beim Landkreis verbleiben davon 72 Millionen Euro, im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um 20 Millionen Euro.

2012 lagen die Ausgaben noch bei knapp 26 Millionen Euro - die Aufwendungen haben sich in den letzten zehn Jahren also fast verdreifacht. Im Bereich Soziales und Teilhabe steigen die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 15 Millionen Euro auf fast 200 Millionen Euro.

Rund 19,5 Millionen Euro fließen in die Schülerbeförderung und den öffentlichen Personennahverkehr – doppelt so viel wie vor fünf Jahren.

Politik: Dieser Haushalt bringt keinen Spaß

„Niemandem bringt dieser Haushalt Spaß. Auch die Kommunen tragen die Kosten für die Krankenhäuser über die Kreisumlage mit“, sagte der CDU-Kreistagsabgeordnete Stefan Heins, Bürgermeister der Gemeinde Agathenburg.

„Die Entwicklung ist bedenklich. 250 Millionen Euro Schulden bis 2028 sind sehr kritisch zu bewerten“, sagte Johann Schlichtmann, Abgeordneter der Freien Wählergemeinschaft.

Peter Rolker, Fraktionsvorsitzender der FDP, hofft, dass nach zehn fetten Jahren mit jährlichen Überschüssen in Millionenhöhe in den mageren Jahren Entscheidungen mit Augenmaß und Vernunft getroffen werden.

Harald Stechmann von der SPD erinnerte daran, dass der Kreis 2009 in einer ähnlichen Situation gewesen sei: „Ich bin besorgt, aber nicht hoffnungslos“, sagte er.

„Das ist kein grüner Haushalt, aber ich stimme ihm trotzdem zu, weil sonst die freiwilligen Leistungen gefährdet sind“, sagte der Grünen-Kreistagsabgeordnete Thomas Lange.

Hinweis der Redaktion: In der ersten Version hieß es, dass der AfD-Abgeordnete Maik Julitz eine falsche Zahl bei der Steigerung der Beschäftigten der Kreisverwaltung genannt hat. Das war falsch. Wir haben den Fehler korrigiert.

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