TImmer wieder Streit: Nachbar soll für herübergewehtes Laub zahlen

Allgemein gilt: Gehwege an Grundstücken sind werktags zwischen 7 und 20 Uhr gefahrlos rein zu halten. Foto: Marcus Brandt/dpa
Hier im Herbst droht Ärger - und mit Blick auf den Straßenverkehr sogar Gefahr. Was im Laub-Streit wo gilt und warum die Polizei erneut auch Landwirte in den Blick nimmt.
Wer einen offenen Pool auf seinem Grundstück errichtet, kann von seinem Nachbarn kein Geld für die Poolreinigung verlangen. Auch wenn die beiden Eichen vom Nachbarn den Grenzabstand unterschreiten, besteht kein Anspruch auf eine sogenannte Laubrente - also eine monatliche Ausgleichsleistung für den erhöhten Reinigungsaufwand. Dies zeigt eine aktuell veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (Az.: 19 U 67/23).
Der Fall: 90 Jahre alte Eichen und ein neuer Pool
Die Nachbarin wusste, dass die beiden 90 Jahre alten Eichen zu nah am Grundstückszaun stehen. Dennoch entschied sie sich, einen offenen Pool im Traufbereich zu errichten. Vom Nachbarn verlangte sie eine monatliche Vorauszahlung von fast 280 Euro, um den Pool von den herunterfallenden Blättern zu reinigen.
Das Landgericht erklärte den Anspruch für gerechtfertigt. Der beklagte Nachbar ging in Berufung - mit Erfolg. Das OLG holte ein Sachverständigengutachten ein und lehnte den Anspruch letztlich ab. Warum?
Beim Pool liege zwar eine wesentliche Beeinträchtigung durch den Laubfall vor. Die Klägerin habe aber gewusst, dass die Grundstücke in einer Gegend liegen, die von älteren und höheren Baumbestand geprägt ist. Somit war der Laub- und Fruchtabwurf der Eichen naturgemäß „sicher zu erwarten“.
Der Sachverständige kam zu der Einschätzung: Insgesamt halte sich der Eintrag an Eicheln, Laub und Totholz im üblichen Rahmen. Es hätte auch nichts wesentlich geändert, wenn beim Pflanzen der Eichen der Grenzabstand eingehalten worden wäre. Somit müsse die Klägerin den erhöhten Reinigungsaufwand hinnehmen.
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Blätter mit dem Laubbläser entfernen? Lieber nicht
Die allgemeine Rechtslage
Der Fall zeigt: Wenn Äste über die Grundstücksgrenze ragen oder Blätter vom Nachbarn herüber wehen, kann es zu Streit kommen und das Thema sogar vor Gericht landen. Annett Engel-Lindner vom Immobilienverband Deutschland IVD erklärt dazu die allgemeine Rechtslage:
Laub von Bäumen auf dem Grundstück nebenan gilt meist als Teil der ortsüblichen Bepflanzung.
Deshalb muss man Nachbars Laub generell hinnehmen und auf dem eigenen Grundstück selbst entfernen.
Ausnahme: Kommt es zu einer sehr starken Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des eigenen Grundstücks durch das Laub, kann man vom Nachbarn theoretisch eine sogenannte Laubrente verlangen.
Wie die aktuelle OLG-Entscheidung aber zeigt, ist es letztlich eine Einzelfallentscheidung, ob Nachbarn einen Ausgleich erhalten und wann die Laubbeseitigung als unzumutbar gilt.
Wem gehören die Früchte am Baum?
Landet Laub auf Straßen und allgemeine Gehwege sind grundsätzlich die Gemeinden zuständig - sofern die Pflicht nicht auf die Anlieger oder Mieter übertragen wurde, so Annett Engel-Lindner.
Und was gilt, wenn die Äste von Obstbäumen über den Zaun ragen? Über die Grundstücksgrenze hängendes Obst dürfe nicht gepflückt werden. „Fällt der Apfel aber auf den Boden des Nachbargrundstücks, darf ihn der Nachbar nehmen“, sagt sie. Das regelt Paragraf 911 im BGB. Aber: „Damit das Obst herabfällt, darf der Baum nicht geschüttelt werden.“
Ihr Tipp: Wegen eines Nachbarschaftsstreits sollte man nicht vor Gericht ziehen - schon allein aus Zeit- und Kostengründen. Oft helfe gegenseitiges Entgegenkommen sowie ein persönliches Gespräch.
„Bauernglatteis“: Polizei warnt Herbstgefahren im Straßenverkehr
Für Glätte im Straßenverkehr sorgt auch das Herbstlaub und Fahrbahnverschmutzungen durch landwirtschaftlichen Verkehr („Bauernglatteis“). Davor warnt die Polizei. Bei geringeren Temperaturen vertrauen die meisten Autofahrer auf gute Winterreifen, die dann bessere Haftungseigenschaften besitzen. Kürzer werdende Tage und auftretender Nebel schränken die Sichtverhältnisse ein.
Die Gefahren können insbesondere durch geringere Geschwindigkeiten und größere Abstände kompensiert werden.

Schmierfilm aus Biomasse: Wenn sich Laub und Feuchtigkeit gesellen, wird es glatt auf der Straße. Foto: dpa-tmn
Fahrbahnglätte kann durch überfrierende Nässe, Morgen- oder Abendtau, und durch Verschmutzungen der Fahrbahn auftreten. Die Bauernglätte entsteht durch landwirtschaftliche Fahrzeuge. Die grobstolligen Reifen hinterlassen beim Fahren von Ackerflächen auf Straße Erd- oder Lehmklumpen. Dies führt zu einer rutschigen Oberfläche.
Landwirtschaftliche Fahrzeuge sind durch Verschmutzungen zudem schlechter zu erkennen. Traktoren ziehen teilweise zwei Anhänger. Das Queren der Straße durch diese Fahrzeuge und das Überholen dieser Fahrzeuge dauert länger.
Rutschiges Laub: Mieter und Eigentümer in der Pflicht
Um Spaziergänger nicht zu gefährden, sind Mieter wie Eigentümer regelmäßig in der Pflicht, an ihr Grundstück grenzende Gehwege frei von Blättern zu halten. Wer das nicht tut, kann finanziell in Anspruch genommen werden, falls jemand zu Schaden kommt.
Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht müssen Eigentümerinnen und Eigentümer dafür sorgen, dass ihr Grundstück, der Eingangsbereich und ans Grundstück angrenzende Gehwege gefahrlos passierbar sind. Und zwar werktags zwischen 7 und 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 20 Uhr, so der Immobilienverband Deutschland (IVD). Mieterinnen und Mietern wird diese Pflicht häufig mit dem Mietvertrag übertragen. Ein Blick in den Vertrag lohnt sich daher.
Versicherung kann vor finanziellem Schaden schützen
„Wenn eine Person auf nassem Laub ausrutscht und sich verletzt, weil man nicht ausreichend geräumt hat, kann es zu Schadenersatzforderungen kommen“, sagt Bianca Boss, Vorständin beim Bund der Versicherten (BdV). Schadenersatzpflichtige haften dabei mit ihrem Privatvermögen und ihren Einkünften bis hin zur Pfändungsgrenze. Schutz bietet eine Privathaftpflichtversicherung. Sie begleicht entweder den Schaden oder wehrt zu Unrecht erhobene Schadenersatzforderung ab.
Selbst bei unbebauten oder unbewohnten Grundstücken greift laut BdV die Verkehrssicherungspflicht. Auch dort sollten Eigentümerinnen und Eigentümer regelmäßig angrenzende Gehwege räumen. Kommt jemand zu Schaden, reicht hier die Privathaftpflichtversicherung oft nicht aus. Dem BdV zufolge ist häufig eine separate Absicherung notwendig. „Schauen Sie zur Sicherheit in Ihre Versicherungsbedingungen oder fragen Sie direkt bei Ihrem Versicherer nach“, rät Boss.
Das Herbstlaub muss korrekt entsorgt werden
Achtung: Wer zur Beseitigung der Blätter einen Laubbläser oder -sauger nutzen möchte, sollte die örtlichen Lärmschutzregelungen beachten, rät die Verbraucherzentrale. In der Regel dürften die lauten Geräte nämlich nur in der Zeit zwischen 9 und 13 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr eingesetzt werden. Laut der Verbraucherzentrale könnten Kommunen jedoch davon abweichende, strengere Regelungen festschreiben. Die deutlich ökologischere Alternative, die auch Kleinstlebewesen und Insekten schont, ist der Rechen.
Entsorgt werden sollten die zusammengetragenen Blätter im Idealfall in einer Biotonne oder dem eigenen Kompost. Laut der Verbraucherzentrale bieten viele Gemeinden in der Herbstzeit zudem spezielle Behälter oder Säcke für das Laub an, die separat abgeholt werden. Das Laub einfach im eigenen Garten zu verbrennen, ist hingegen keine gute Idee. Das ist Privatpersonen in der Regel verboten und kann von den Behörden als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, so die Verbraucherschützer.
Laubunfall in U-Bahnhof: Betreiber haftet nicht immer
Gerade in der kalten Jahreszeit kann es in S- und U-Bahn-Unterführungen gerne mal glatt und rutschig sein. Wer sich dort aber zum Beispiel aufgrund von nassem Laub auf den Hintern setzt, kann den Betreiber nicht immer dafür haftbar machen. Auf ein entsprechendes Urteil des Landgerichts München (Az.: 2 O 11053/22) verweist das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.
In dem konkreten Fall war eine Kundin der Münchner Verkehrsgesellschaft beim Betreten einer Rolltreppe in einem U-Bahnhof auf einer mit Laub bedeckten Fläche ausgerutscht. Dabei verletzte sie sich am rechten Bein. Weil sie davon überzeugt war, dass die Verkehrsgesellschaft die akute Rutschgefahr nur unzureichend beseitigt hatte, verklagte sie den Betreiber.
Jederzeit laubfreier Bahnhofszugang: Nicht realistisch, sagt das Gericht
Das Landgericht München wies die Klage allerdings ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass von den Verkehrsbetrieben nicht verlangt werden könne, die Zugänge zu den U-Bahnhöfen jederzeit völlig laubfrei zu halten. Die zweimal tägliche Kontrolle und Reinigung der U-Bahnhöfe und seiner Zugänge sei ausreichend und entspreche der Verkehrssicherungspflicht.

20.000 Tonnen Laub erwartet allein die Stadtreinigung Hamburg. Foto: Markus Scholz/dpa
Zusätzliche Maßnahmen müssten die Betreiber lediglich ergreifen, falls besondere Witterungsbedingungen wie starker Wind oder Regen vorlägen. Am Unfalltag selbst lagen solche Bedingungen demnach aber nicht vor.
Kastanien und Co.: Zahlt die Versicherung Schäden am Auto?
Im Herbst können herabfallende Baumfrüchte wie Kastanien, Eicheln, Walnüsse oder Äpfel für Dellen und Kratzer auf dem Autoblech sorgen. Je nach Gewicht und Fallhöhe können sie dabei dann kleinere oder größere Spuren hinterlassen.
Daher suchen Laternenparker ihren Abstellplatz jetzt besser mit noch mehr Augenmaß, rät der ADAC. Parkplätze unter großen Bäumen meidet man nun besser und sucht besser möglichst Garagen, Überdachungen oder Parkhäuser auf. Auch Autoabdeckungen, sogenannte Halbgaragen können Schäden vermeiden helfen.
Denn weder Privatpersonen noch Städte oder Gemeinden seien im Falle von herunterfallenden Kastanien dazu verpflichtet, Warnschilder aufzustellen oder Schadenersatz zu übernehmen. Der Autoclub verweist auf verschiedene Gerichtsurteile, die so etwas als „allgemeines Lebensrisiko“ bewerten.
Und eben anders als bei morschen Ästen, die auf ein Auto herabfallen, können die Baumeigentümer nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Kastanien Schäden am Auto verursachen. So werden fallende Baumfrüchte als natürliches Ereignis gewertet, das von Autofahrer vorhergesehen werden muss. Demnach sind Schäden selbst verschuldet.
Da muss es doch eine Versicherung geben? Ja, aber...
Gibt‘s da nicht eine Versicherung für diese Schäden? Ja, aber eine nur bestehende Teilkaskoversicherung kommt in der Regel nur für Schäden bei Sturm auf – und zwar nur solche, falls der nachweislich mindestens Windstärke 8 hatte. Bei normalem Herbstwetter zahlt die Teilkaskoversicherung nicht.
Allerdings könnte eine abgeschlossene Vollkaskoversicherung einspringen. Diese zahlt laut ADAC den Schaden durch Kastanienschlag in der Regel aber nur dann, wenn es sich um ein unvorhersehbares Ereignis handelte, das plötzlich auftrat. Dann werde es per Definition als Unfallschaden gehandelt. Zahlt die Versicherung, sind die zuvor festgelegte Selbstbeteiligung und mögliche Hochstufungen in Kauf zu nehmen. Daher überlegen Betroffene besser, ob das sinnvoll ist. Vielleicht ist es auch günstiger, die Reparatur aus eigener Tasche zu zahlen.
Blechschäden: Im Zweifel lieber den Fachmann machen lassen
Was Reparaturen kosten, hängt natürlich vom Schadensbild und dem betroffenem Automodell und Lack ab. Das ist nur individuell zu klären, etwa per Kostenvoranschlag in einer Werkstatt. Manchmal kann eine preisgünstigere Smart-Repair-Lösung ausreichen, mal muss vielleicht ein komplettes Bauteil neu lackiert werden.
Je nach handwerklichem Geschick und individuellem Anspruch ans Ergebnis könnte man bei kleineren Schäden auch selbst Hand anlegen, etwa mit einem Lackstift. Allerdings würden beispielsweise Leasingfirmen am Ende der Laufzeit genau gucken, ob solche Schäden professionell behoben worden sind. (dpa/tmn)