TIst das noch gerecht? Das sagen junge Politiker zum großen Rentenstreit
Eine Rentnerin hält ein Portemonnaie in der Hand. Reicht das Geld diesen Monat? Foto: Alicia Windzio/dpa
Am Freitag steht im Bundestag die Entscheidung zum neuen Rentengesetz an. Es ist heftig umstritten. Das TAGEBLATT hat junge Kommunalpolitiker nach ihrer Meinung gefragt.
Stade. Niels Kohlhaase ist 26 Jahre alt und kommt aus Buxtehude. Der CDU-Ratsherr ist Vorsitzender der Jungen Union im Landkreis Stade. „Ich glaube es wird schwer, jemanden in der Jungen Union zu finden, der nicht auf der Seite der Jungen Gruppe im Bundestag steht“, sagt Kohlhaase. Er könne nicht nachvollziehen, warum diese Gruppe massiv unter Druck gesetzt würde, um eine Zustimmung für das Rentenpaket der Bundesregierung bei der Abstimmung am Freitag zu erzwingen.
Junge Union setzt auf kapitalbasierte Altersvorsorge
Kohlhaase setzt inhaltlich auf den Wechsel vom Generationenvertrag hin zu einer kapitalbasierten Altersvorsorge. „Es ist schlimm, dass über Sozialbeiträge auf Kapitalerträge diskutiert wird“, sagt Kohlhaase. Diese Erträge seien schließlich bereits über die Kapitalertragssteuer belastet worden.
Die Jungsozialisten, die Nachwuchsorganisation der SPD, ist dagegen ganz auf Regierungskurs. „Wir unterstützen die Pläne der Bundesregierung, die vorsehen, dass das Rentenniveau bis mindestens 2031 bei 48 Prozent und im Anschluss weiter stabilisiert wird“, heißt es von den Jusos im Norden Niedersachsens. So werde ein Absinken des Rentenniveaus verhindert.

Niels Kohlhaase setzt inhaltlich auf den Wechsel vom Generationenvertrag hin zu einer kapitalbasierten Altersvorsorge. Foto: Stehr
Ihr Vorsitzender Fabio Lindhorst bezieht klar Stellung: „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Verlässlichkeit der Rentenversicherung für aktuelle und zukünftige Generationen gesichert und eine Abkopplung des Rentenniveaus von der Lohnentwicklung verhindert wird.“
Jusos: Sicherheit statt Armut im Alter
Die Menschen, die viele Jahrzehnte hart gearbeitet haben, verdienten eine auskömmliche Rente, die ihnen im Alter Sicherheit gibt und sie nicht in Armut treibt. Das gelte für alle Menschen, die aktuell bereits eine Rente beziehen, und auch für alle künftigen Generationen, die über viele Jahre in die Rentenversicherung einzahlen werden.
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Ein Dorn im Auge ist ihnen das Verhalten der Jungen Gruppe innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ihre Mitglieder versuchten auf dem Rücken der Rentnerinnen und Rentner, die Generationen gegeneinander auszuspielen. In der Debatte darüber, wie eine zukunftsfähige und generationsgerechte Rente ausgestaltet werden kann, müsse die ungerechte Vermögensverteilung in Deutschland in den Blick genommen werden, so die Jusos.
Nach dem Bundestagsbeschluss am Freitag müsste sich eine zukunftsorientierte Reform der Rente anschließen, die die Lastenverteilung klar regelt. Insbesondere Menschen mit hohem Einkommen und Vermögen sollten nach Juso-Auffassung einen gerechteren Anteil an der Finanzierung der Rente übernehmen. Auch ergänzende Finanzierungsformen, wie die Aktienrente, sollten in diesem Prozess Berücksichtigung finden.
Junger Grüner: Rente muss Existenz sichern können
Beim Grünen Nachwuchspolitiker Tim Evers (23) aus Stade klingt das ähnlich. Er ist 23 Jahre alt, sitzt im Rat der Stadt Stade und studiert Jura in Hamburg. Er sagt, das Rentenniveau müsse unbedingt gehalten werden, sollte aber nicht weiter steigen. „All‘ die, die jahrzehntelang dafür gearbeitet und eingezahlt haben, haben es sich verdient“, sagt Evers.
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Die Rente müsse eine Existenz sichern können, so seine Vorstellung. Deswegen müsse bei einer dringend notwendigen Rentenreform genau hingeguckt werden, auch auf die Ungleichheit bei Angestellten und Selbstständigen. Schließlich funktioniere angesichts des demografischen Wandels der klassische Generationenvertrag nicht mehr, bei dem die Jungen die Rente der Alten finanzieren.
Klar ist ihm aber auch, dass die junge Generation nicht alles schultern kann, also die Rente zu stark über Schulden finanziert wird. Schließlich kämen noch einige Herausforderungen auf seine Generation zu, zum Beispiel beim Thema Klimawandel. Evers bleibt dennoch optimistisch, vielleicht auch, weil er sich selbst als privilegiert bezeichnet: „Die Welt wird morgen nicht untergehen.“
„Ich halte von den Plänen der Union und auch von denen der Jungen Union gar nichts“, sagt Dean Höft (26). Der junge Mann aus Balje ist Mitglied der Linken, deren Kreisvorsitzender und soll für die Partei im Landratswahlkampf im Herbst 2026 antreten. „Wir brauchen ein solidarisches Modell, in das alle einzahlen“, sagt Höft. Die Sicherstellung der Renten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Gefangen in einer alternativlosen Regierung
„Ich stehe völlig hinter der Jungen Gruppe und ich denke, das tut auch eine Mehrheit in der CDU“, sagt Philipp Röndigs. Der 28-jährige Vorsitzende der Jungen Union Stade-Kehdingen aus Drochtersen hofft, dass die für Freitag vorgesehene Abstimmung im Bundestag zum Rentenpaket verschoben wird oder dass inhaltliche Änderungen eine Mehrheit ermöglichen.
„Wir müssen sofort über eine große Rentenreform reden“, sagt er. Auf das Erscheinungsbild der Bundesregierung angesprochen, reagiert Röndigs differenziert. Die Regierung habe außenpolitisch einen sehr guten Job gemacht. „Beim Rentenstreit und ähnlichen Themen sind wir Gefangene der SPD und einer Regierung ohne Alternative. Ich denke, das sehen SPD-Mitglieder andersherum genauso“, sagt er.
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