TJe oller, je doller: Wie ein Chor von Senioren das Stadeum rockt

So bunt wie das Outfit sind die Songs, mit denen der Heaven Can Wait Chor die Stadeum-Bühne rockt. Foto: Weselmann
Ein Abend mit Heaven Can Wait ist ansteckend. Dafür war das Konzert im Stadeum der beste Beweis. Der Chor von Ü70-Sängern bringt das Publikum zum Hüpfen und Tanzen. Ein Moment rührte besonders und sorgte für Gänsehaut.
Stade. Schon der Auftakt macht klar, dass mit dem Heaven Can Wait Chor am Donnerstagabend im Stadeum alles andere als getragener Gesang zu erwarten ist. Zuerst bezieht die begleitende Band junger Musiker die Stader Bühne. Bass Drum und das sofort in den Rhythmus einfallende Klatschen im ausverkauften Saal holen die Sängerinnen und Sänger ins Rampenlicht. Sie sind gekommen, um eine ganz eigene Ü70-Party aufs Parkett zu bringen.
Für den Heaven Can Wait Chor gibt es kein zu alt
Für diesen auf dem Hamburger Kiez groß gewordenen Chor gilt im allerbesten Sinne: Je oller, je doller. Zu alt - den Stempel gibt es hier nicht. Aber wer gerade erst das Rentenalter erreicht hat, ist definitiv noch zu jung. Choreintritt nur ab Ü70 - mit offenem Ende. Am besten bis der Himmel naht.

Chorleiter Jan-Christof Scheibe treibt den Chor mit überbordender Energie zu Höchstform und gibt gerne mal eine heitere Einlage Foto: Weselmann
Das Alter allein macht die Sangesgruppe nicht außergewöhnlich. „Eine normale Altersstruktur in Hamburger Chören“, wie ihr Leiter Jan-Christof Scheibe zum Amüsement des Publikums verkündet. Überhaupt würzt dieser musikalische Tausendsassa die Show mit einer großen Portion Humor. Für den ersten großen Lacher sorgt die Begrüßung: „Stade ist etwas ganz Besonderes, schon weil man hier um 19.45 Uhr anfängt.“
Senioren rocken und rappen Lieder der Neuzeit
Was Heaven Can Wait so erfrischend anders sein lässt, ist das Repertoire. Die Senioren präsentieren keine Oldie-Auswahl. Sie rocken und rappen sich durch die Musik der Neuzeit und schaffen so eine Verbindung zwischen den Generationen.
Ihr Alter gibt den Texten der Jungen eine neue Note. In Zeilen wie „Dann laufen wir so schnell es geht. Dahin, wo die Straßen endlos sind...“ von Max Giesinger, „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein...“ von Tocotronic oder „Wir sind so schön kaputt“ von SDP schwingt auf einmal ein anderer Sinn.

Sie machen das klar: Der Heaven Can Wait Chor zeigt mit seiner Show , dass mit Ü70 das Leben noch lange nicht vorbei ist. Foto: Weselmann
Gleich der Eingangssong „Gekommen, um zu bleiben“ von Wir sind Helden ist ein klares Statement: Mit 70 plus ist das Leben lange nicht vorbei. Das machen die singenden Senioren unmissverständlich deutlich. Die Show ist so bunt wie ihre rosa-rot leuchtenden Outfits.
Gänsehaut bei Silbermond und Sportfreude Stiller
Die Hymne „Applaus, Applaus“ der Sportfreunde Stiller sorgt gleich für den ersten Gänsehautmoment. Und als „Du bist das Beste, was mir je passiert ist...“ von Silbermond als Duett anklingt, geht ein beglücktes Raunen durch den Saal.

Die gefühlvollen Soli aus den Reihen des Chors sorgen für Gänsehautmomente. Foto: Weselmann
In dem gibt es bereits kurz vor Ende des ersten Teils kein Halten mehr. Das Medley mit „Jump Around“ und „Oh, Johnny“ reißt die in der Masse ebenso weißhaarigen Konzertgänger von den Stühlen. Die Menge tanzt und hüpft. Mit tosendem Beifall wird der Chor in die Pause verabschiedet.

Als Gesangsprofi glänzt Joanne Bell mit kraftvollem Soul in der Stimme. Foto: Weselmann
Die Energie von Taktgeber Jan-Christof Scheibe treibt Sängerinnen und Sänger zu Höchstform. Immer wieder treten Solisten aus der Reihe. Dazu gehört die ehemalige Opernsängerin Joanne Bell, die den Soul in der Stimme hat und spielend den Moonwalk macht.
80-jährige Sängerin rührt bis ins Mark
Der Chor schlägt aber auch leise Töne und eröffnet Raum für persönliche Geschichten. So wie von der 88-jährigen Mutter des Dirigenten, die erzählt, welch ein Jungbrunnen der Chor für sie ist. Oder die 80-jährige Lola Plass, die das Publikum bis ins Mark berührt. Lange war der Chor das Ding ihres Mannes. Die Liebe dazu hat sie angesteckt, aber „er konnte nicht warten auf mich“, sagt sie, erstickt von unterdrückten Tränen. Was sein Tod für ihn beendete, hat ihr „Mut gegeben, noch mal über den eigenen Schatten springen lassen“.

Bei dem Chorprojekt ihres Sohnes ist auch Evamarie Scheibe dabei, die hier „Ne Leiche“ von SDP zum Besten gibt. Foto: Weselmann
Der Hamburger Chor, der es mit einem Dokumentarfilm auf die Kinoleinwand geschafft hat, begeistert vom ersten Takt bis zum Schlussakkord. Kein Wunder, das Programm ist ein Feuerwerk an Hits und Hymnen. Spätestens mit „Wir machen das klar“ und „Ey, da müsste Musik sein“ ist die Hütte abgebrannt und der ganze Laden feiert.
Standing Ovations für pure Lebensfreude
Heaven Can Wait sprüht vor Lebensfreude, allem Gebrechen des Alters zum Trotz. Standing Ovations - der Himmel kann warten! Auch wenn die Engelschöre da oben solche Verstärkung sicher gern in ihre Reihen aufnehmen.
Stimmen aus dem Publikum:
- Regina Meier (78) aus Stade: „Das ist ganz stark. Ich würde mich nur gerne noch mehr bewegen.“
- Ella (10) aus Stade: „Es ist toll, dass die in ihrem Alter so viel Power auf die Bühne bringen.“
- Jannes (13) aus Sittensen: „Ich habe Heaven Can Wait schon einmal hier in Stade gesehen. Das ist cool, weil sie nicht Musik von unseren Eltern oder Großeltern singen.“
- Inga Steenwerth (35) aus Stade: „Ich finde es wirklich großartig, einfach eine tolle Stimmung. Die bringen so viel Lebensfreude auf die Bühne.“

Der Hamburger Heaven Can Wait Chor begeistert das Publikum im Stadeum mit einem Feuerwerk an Hymnen und Hits der Neuzeit. Foto: Weselmann