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Handball-Regionalliga

T„Können uns zum Deppen machen“: VfL-Trainer im mentalen Grenzbereich

VfL-Trainer Jörg Rademacher wird den Verein am Saisonende verlassen. Jetzt will er aber noch den Aufstieg feiern.

VfL-Trainer Jörg Rademacher wird den Verein am Saisonende verlassen. Jetzt will er aber noch den Aufstieg feiern. Foto: Struwe (Archiv, nomo)

Fredenbeck kann den Aufstieg in die 3. Liga perfekt machen. Mit einem Trainer, der die 3. Liga mit dem VfL nicht erleben wird. Ein Blick in Jörg Rademachers Gefühlsleben.

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Von Daniel Berlin
Freitag, 02.05.2025, 05:50 Uhr

Fredenbeck. Ob er nahe am Wasser gebaut ist? Ob es emotional wird? Der Trainer des Handball-Regionalligisten VfL Fredenbeck, Jörg Rademacher, kann naturgemäß nicht vorhersehen, was am Samstag so gegen 21 Uhr in der Geestlandhalle geschehen wird. Aber der Handballcoach, der am Ende der Saison seinen Posten beim VfL räumen muss, räumt ein, dass so ziemlich alles passieren könnte. Tränen vielleicht. Jubelarien. Mal sehen. „Handball ist mein Leben“, sagt Rademacher.

Seit Wochen zählt Rademacher die Tage herunter. Nicht, weil er froh ist, dass es bald vorbei ist. Eher, weil es ihn traurig macht. Er war enttäuscht, als ihm der Verein im Februar mitteilte, dass er in der kommenden Saison nicht mehr mit ihm plant. Die Entscheider hatten als Hauptgrund die angespannte wirtschaftliche Lage genannt. Der VfL will sparen und verpflichtete mit Matthias Steinkamp einen offenbar günstigeren Trainer aus der Gegend.

Achterbahn der Gefühle: Sport und Vaterfreuden

Diese Personalentscheidung wäre schon Grund genug für die ein oder andere Gefühlsregung beim scheidenden Coach. Dazu kommt die Tatsache, dass die Mannschaft in den vergangenen Wochen auf dem Zahnfleisch kriechend trotzdem wichtige Siege feierte. „In den letzten Wochen haben wir uns immens gequält“, sagt Rademacher.

Am vergangenen Sonntag fuhr der VfL Fredenbeck als Tabellenzweiter in Northeim Big Points für den Aufstieg in 3. Liga ein. Am Montag drauf wurde Jörg Rademacher Vater eines gesunden Sohnes. Am nächsten Samstag, 3. Mai (19.30 Uhr), kann der VfL schon mit einem Unentschieden gegen den Lehrter SV im letzten Heimspiel der Saison beim letzten Auftritt Rademachers in der Geestlandhalle den Aufstieg vorzeitig klarmachen.

Wenn Tabellenführer Varel von zwei Spielen noch eins verliert, kann Fredenbeck sogar noch Meister werden. So viele Angriffe auf die Gefühlslage muss ein Mensch erst einmal wegstecken.

Rademacher spielte für Nationalmannschaft der DDR

„Mental ist das sehr anspruchsvoll“, sagt Jörg Rademacher, der sportlich schon einiges erlebt hat in seiner Karriere als Spieler und als Trainer. Rademacher spielte unter anderem für die Nationalmannschaft der DDR, später als Profi in der Bundesliga und agierte schließlich als Co-Trainer und Trainer namhafter Vereine. „Wir sind alle nur Menschen“, sagt Rademacher.

Jörg Rademacher redet viel mit den Spielern. „Der Druck liegt bei uns.“

Jörg Rademacher redet viel mit den Spielern. „Der Druck liegt bei uns.“ Foto: Struwe (Archiv)

Also wird sich Rademacher in den letzten Trainingseinheiten sowie vor und während des letzten Heimspiels auf seinen Job konzentrieren. Dass er „bis zum bitteren Ende durchzieht, egal ob der VfL Siebter ist oder um den Aufstieg spielt“, hat Rademacher schon mehrfach betont. Seine Spieler können ihren ganzen Druck bei ihm abladen. „Alle erwarten am Samstag eine Party in der Geestlandhalle“, sagt Rademacher. Das sei gefährlich.

Jörg Rademacher wird mit den Jungs über die mentale Belastung reden. Er werde dafür sorgen, dass sie den Fokus behalten. „Dass sie im Training keinen Deut weniger machen.“ Rademacher sagt aber auch, dass Handballer für solche Momente brennen müssen. Täten sie das nicht, seien sie fehl am Platz.

VfL Fredenbeck lockt Fans mit Freigetränken

Der VfL Fredenbeck will diese Party am letzten Heimspieltag. Diesen einen vorentscheidenden Punkt. Der Verein kredenzt seinen Fans in der Geestlandhalle Freigetränke - vor, während und nach dem Spiel - solange die Vorräte reichen. Viel mehr, verrät Manager Lars Müller, habe der VfL nicht vorbereitet für eine mögliche große Sause. „Erst machen wir alle unsere Hausaufgaben. Dann wird gefeiert“, sagt Müller. Der Lehrter SV soll dabei nicht zum Spielverderber werden.

„Der Druck liegt bei uns“, sagt Jörg Rademacher. Der VfL könne sich in dieser Situation gegen den Drittletzten der Liga „nur zum Deppen machen“. Aber wenn Rademacher und der VfL den Aufstieg in die 3. Liga perfekt machen, wäre das wohl auch ein Verdienst des Trainers.

Dass Fredenbeck nach einem personellen Umbruch mit zehn Abgängen und acht Zugängen so erfolgreich spielt, hätte selbst Manager Müller nicht gedacht.

Alte Weggefährten von Jörg Rademacher erzählen, dass Rademacher feiern kann. Andreas Neitzel zum Beispiel, der mit ihm in Berlin gemeinsam spielte, hat es erlebt. Und feiern will Rademacher. Am liebsten schon am Samstag.

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