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Schwere Halloween-Randale in Hamburg: 33 Strafverfahren

Eine Person liegt während Ausschreitungen von der Polizei fixiert auf dem Boden.

Eine Person liegt während Ausschreitungen von der Polizei fixiert auf dem Boden. Foto: Bockwoldt/dpa

Böller, brennende Müllcontainer und kaputte Schaufensterscheiben: In Hamburg ist der Halloween-Abend alles andere als friedlich verlaufen - am Tag danach zieht die Polizei Bilanz.

Von dpa Mittwoch, 01.11.2023, 19:00 Uhr

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Hamburg. Nach den Krawallen an Halloween in Hamburg hat die Polizei insgesamt 33 Strafverfahren eingeleitet. Die Beamten nahmen vier Personen vorläufig fest sowie 15 Männer in Gewahrsam, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Von knapp 250 Störern wurden die Personalien festgestellt. Darüber hinaus erteilten die Einsatzkräfte 132 Platzverweise und 51 Aufenthaltsverbote. Drei Polizisten hätten leichte Verletzungen erlitten - darunter Prellungen und Knalltraumata - versahen ihren Dienst jedoch weiter.

Böllerwürfe auf Menschen - Ausschreitung an Halloween in Hamburg

„Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen hat den gruseligsten Tag des Jahres traditionell genutzt, um friedlich von Tür zu Tür zu ziehen“, sagte Polizeipressesprecherin Sandra Levgrün. „Leider haben auch in diesem Jahr zumeist Jugendgruppen das Halloweenfest als Vorwand genutzt, um Einsatzkräfte gezielt anzugreifen. Würfe mit Böllern und Flaschen auf Menschen und fremdes Eigentum sind kein Ausdruck des Feierns, sondern Straftaten, die wir konsequent verfolgen“, sagte Levgrün.

Ein Wasserwerfer wird im Stadtteil Harburg während Ausschreitungen eingesetzt.

Ein Wasserwerfer wird im Stadtteil Harburg während Ausschreitungen eingesetzt. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa/Daniel Bockwoldt

Krawalle von Jugendlichen – Brennpunkt Harburg

Nach Angaben der Polizei hatten sich am Dienstagabend im Stadtteil Harburg zunächst 150 bis 200 überwiegend junge Menschen versammelt. Ihre Zahl sei dann auf 300 bis 350 gestiegen. Es seien Böller auf Einsatzkräfte geworfen worden. Die Polizisten versuchten, die Menschenmenge mit Wasserwerfern zurückzudrängen. Rund um den Harburger Ring leiteten die Einsatzkräfte insgesamt elf Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs sowie des Verdachts der gefährlichen oder schweren Körperverletzung.

Bereits vor einem Jahr hatten junge Krawallmacher die Polizei am Harburger Ring in Atem gehalten - mehrere Menschen kamen damals vorübergehend in Gewahrsam. Ein Polizeisprecher sagte deshalb am Dienstag zu den erneuten Krawallen: „Wir waren darauf vorbereitet.“

Jugendliche randalieren mit „Polenböllern“ und Molotowcocktails

Im Stadtteil Lurup randalierten rund 50 Jugendliche. Die Polizei stellte die Personalien von gut 30 Personen fest. Inwiefern diese für die Sachbeschädigungen an der Scheibe eines Supermarktes sowie an drei Müllcontainern in Betracht kommen, werde jetzt ermittelt. Die Polizisten stellten auch Reste eines abgebrannten sowie zwei nicht abgebrannte Molotowcocktails sicher.

Im Stadtteil Osdorf hatten sich rund um das „Born Center“ in der Spitze bis zu 150 Personen versammelt. Hier stellte die Polizei knapp 40 sogenannte Polenböller sicher. Ein 17-Jähriger habe pro-palästinensische und israelfeindliche Parolen skandiert. Gegen ihn werde nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt.

Ein Wasserwerfer der Polizei steht im Stadtteil Harburg bereit. In der Halloween-Nacht ist es in Hamburg zu Ausschreitungen gekommen.

Ein Wasserwerfer der Polizei steht im Stadtteil Harburg bereit. In der Halloween-Nacht ist es in Hamburg zu Ausschreitungen gekommen. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa/Daniel Bockwoldt

Darüber hinaus stellten Polizisten insbesondere in Billstedt, Rahlstedt und Steilshoop diverse pyrotechnische Gegenstände sicher, darunter auch Polenböller. Auch in verschiedenen weiteren Stadtteilen kam es im Verlauf des Abends zu Böller- und Eierwürfen, einige Menschen hätten mit Schreckschusswaffen in die Luft geschossen.

Harte Strafen für Randalierer gefordert

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hamburg warnte angesichts der Ereignisse vor steigender Gewalt in Deutschland und in Hamburg. „Es ist nicht mehr zu leugnen, dass wir in Deutschland und in Hamburg ein immer größeres Problem mit Gewalt haben“, sagte der Vorsitzende Horst Niens. „Es ist naiv zu glauben, dass aufgrund der Dauer der Strafverfahren die Rechtsprechung ausreichend ist, um präventive Effekte zu erzielen.“ Die GdP Hamburg fordere ein deutliches Umdenken. Strafen müssten auf dem Fuß folgen. „Wir müssen den Rechtsstaat wieder stärken und Straftätern gegenüber Autorität zurückgewinnen. Ein Wegschauen kann und darf sich niemand erlauben“, sagte Niens.

Auch Katarina Blume, stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Hamburg, warnte vor einer Bagatellisierung der Ereignisse und forderte die Hamburger Behörden auf, alle Möglichkeiten des Jugendstrafrechts auszuschöpfen. „Die Ausschreitungen, verursacht von maskierten Jugendlichen, die einen fröhlichen Kinderspaß zu Gewalt gegenüber Polizeieinsatzkräften und marodierendem Verhalten missbrauchten, sind inakzeptabel und nicht zu tolerieren“, sagte Blume. Bereits vor einem Jahr hatten junge Krawallmacher die Polizei am Harburger Ring in Atem gehalten - mehrere Menschen kamen damals vorübergehend in Gewahrsam.

Halloween-Krawalle auch in Berlin und Kiel

In der Hauptstadt Berlin waren nach Polizeiangaben etwa 1000 Beamte unterwegs. Beteiligt waren demnach Einsatzkräfte aus mehreren Bundesländern. Im gesamten Stadtgebiet seien Passanten und Einsatzkräfte vereinzelt mit Böllern beworfen oder mit Pyrotechnik beschossen worden, teilte die Polizei mit. Beim Wilhelmsruher Damm im Norden Berlins hätten sich etwa 100 Menschen versammelt. Es habe Böller- und Flaschenwürfe auf Polizisten gegeben, später seien Einsatzkräfte mit Steinen beworfen worden. Auf einem Funkwagen seien Eier gelandet. Ebenfalls etwa 100 Menschen versammelten sich den Angaben zufolge im Graefekiez in Kreuzberg und schoben Mülltonnen auf eine Kreuzung. Eine brennende Tonne habe die Feuerwehr gelöscht.

Auch in Kiel kam es zu Ausschreitungen. Nach Polizeiangaben vom Mittwoch versammelten sich etwa 50 vor allem junge Menschen im Stadtteil Mettenhof auf einem Parkplatz, zündeten Böller sowie Rauchbomben und entleerten Feuerlöscher. Mit zwölf Streifenwagen-Besatzungen versuchte die Polizei, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Zeitgleich kamen Schaulustige hinzu, so dass die Beamten auf etwa 100 Menschen trafen. Anschließend sei es teilweise zu Auseinandersetzungen gekommen, bei denen Beamte wiederholt mit Böllern beworfen worden seien.

Halloween-Party eskaliert - Massenschlägerei in Wehr

Im baden-württembergischen Wehr gab es nach Polizeiangaben bei einer Schlägerei mit bis zu 30 Menschen nach einer Halloween-Party sechs Verletzte - teils erheblich schwer. Auch in Schönecken in Rheinland-Pfalz schlugen sich laut Zeugenaussagen rund zehn Menschen am Rande einer Halloween-Party mit Fäusten, wie die Polizei erklärte.

In Mannheim mussten die Beamten zu 64 Einsätzen in der Halloween-Nacht ausrücken - 32-mal, weil Objekte mit Eiern beworfen worden waren. In Frankfurt am Main berichtete die Polizei, es habe vereinzelt Böller- und Eierwürfe gegeben. Ein 17-Jähriger habe einem Mann mit einer Pfefferpistole ins Gesicht geschossen und ihn leicht verletzt, er sei daraufhin festgenommen worden. Auch in Bayern meldete die Polizei mehrfach Eierwürfe, teils auf Häuser, teils auf Menschen. (dpa)