TRichter auf dem Radlader - und eine höllisch stinkende Anlieferung

TAGEBLATT-Reporterin Anping Richter fährt Radlader im AWZ. Foto: AWZ
Am vierten Praktikumstag im Abfallwirtschaftszentrum hat TAGEBLATT-Reporterin Anping Richter Spaß bei ihrer ersten Radlader-Fahrstunde - und von Buxtehuder Wildmüll buchstäblich die Nase voll.
Buxtehude. Heute darf ich etwas tun, worauf ich mich schon sehr freue: Radlader fahren lernen. Der große Komatsu, ein 15-Tonner, ist geschwindigkeitsgedrosselt, weshalb dafür kein Lkw-Führerschein nötig ist.
Die Einweisung übernimmt ein absoluter Experte: Rainer Schuran ist der Fahrzeug-Fachmann unter den Mitarbeitern und kümmert sich auch um die Pflege. Auf dem AWZ-Gelände bewegt er jeden Tag viele Tonnen Material.
Der Wertstoff-Bereich ist in Abteile gegliedert: Altholz, Sperrmüll, Restmüll, Elektro, Hartplastik, Bauschutt. Sie sind mittig zwischen zwei Fahrstraßen aufgebaut und von zwei Seiten zugänglich. So kann ein Mitarbeiter von der Mitte aus zwei Kunden - und ihre Fragen - gleichzeitig im Blick haben.
Vier Tonnen Druckerpatronen fahren nach Schweinfurt
Besonders im Elektro-Bereich ist das von Vorteil. Akkus und Batterien werden gesondert gesammelt und müssen aus den Geräten entfernt und in Extra-Behälter getan werden. Druckerpatronen landen in einer roten Tonne.
Sie wird gerade abgeholt - von CRSolutions, einer internationalen Firmengruppe, die sich auf das Recycling verbrauchter Tintenpatronen, Tonerkartuschen, CDs/DVDs und Blue-ray-Discs spezialisiert hat.

Erste Radladerfahrstunde für TAGEBLATT-Reporterin Anping Richter. Foto: AWZ
Vier rote Tonnen sind inzwischen voll. Der Fahrer von CRSolutions bringt sie nach Schweinfurt. Ich sehe dem AWZ-Kollegen Sebastian Gröschl dabei zu, wie er die Container senkrecht stehend auf die Radlader-Schaufel nimmt und genau vor die Ladefläche bugsiert, so dass der Fahrer sie direkt in den Lkw schieben kann. Präzisionsarbeit. Unvorstellbar, dass ich das jemals könnte.
Zum Glück gibt es nur Brems- und Gaspedal
Doch Rainer, der seit mehr als 30 Jahren beim Landkreis Stade arbeitet, sieht das gelassen. Er hat schon viele Neulinge eingewiesen und lässt mich ganz langsam anfangen - mit einer Schippe Kompost.
Für mich ist schon der Einstieg ins Fahrerhäuschen aufregend. Immerhin ist die Höhe der Reifen gefühlt meine Augenhöhe. Zum Glück gibt es nur Brems- und Gaspedal, der Radlader läuft mit Automatik.

Noch vier Stufen bis zum Fahrersitz: Gleich beginnt TAGEBLATT-Reporterin Anping Richters erste Radladerfahrstunde bei Rainer Schuran. Foto: AWZ
Ohne größere Probleme fahre ich zum zweiten der beiden Fertigkomposthaufen. Ich soll eine Schaufel voll zum anderen Haufen bringen.
Dazu brauche ich den Joystick: Drücke ich ihn nach vorne, geht die Schaufel hoch, schiebe ich das schwarze Knöpfchen, geht die Zange auf und zu, um die Schaufel zu kippen, drücke ich nach links. Oder war es rechts?
Zentimeterweise senke ich die Schaufel zum Boden, um den Kompost zusammenzuschieben und aufzunehmen. Es klappt! Meine Freude ist groß.
Rainer hat mir dabei zwar immer wieder sagen müssen, in welche Richtung ich den Joystick nun eigentlich bewegen muss, aber am Ende gelingt es mir, eine volle Schaufel zum anderen Haufen zu bringen und abzuladen.

Auf der Gabel des kleinen Komatsu-Radladers befördert Rainer Schuran einen Elektroschrottcontainer zum großen Sammelcontainer. Foto: Richter
„So, und jetzt das Gleiche nochmal“, sagt Rainer, der erstaunlich entspannt aussieht, obwohl ich ihn erschrocken ansehe. Es hat nämlich kräftig geruckelt, als ich die Schaufel etwas schnell hochgezogen habe.
Gut zwei Tonnen Kompost passen in die Schaufel
Doch Rainer, der mal Zimmermann gelernt hat, scheint ein geborener Pädagoge zu sein. Er motiviert mich, indem er mich in den Wiegemodus wechseln lässt. Die Waage zeigt auf dem Display 2,2 Tonnen an.
Illegale Entsorgung
T Müllberge neben der Kita: Hahle hat ein Abfallproblem
Wahnsinn. Beglückt senke und kippe ich die Schaufel und lasse 2,2 Tonnen Kompost wieder auf den Haufen plumpsen.
Mit dem kleineren Radlader darf ich nach einigen weiteren Übungsrunden tatsächlich etwas Nützliches tun: Volle Elektro-Kleincontainer zum großen Elektro-Sammelcontainer fahren. Dazu wird die Schaufel gegen eine Gabel ausgetauscht.
Die beiden Zinken müssen genau in die dafür vorgesehenen Kanäle unten am Containerboden hineingefahren werden. Mit Geduld und Rainers unerschütterlichem Zuspruch geht auch das. Beim zweiten Mal sogar richtig gut.

Kühlschränke, Maschendrahtzäune, Pappkartons, jede Menge Restmüll: Das wurde in Buxtehude in nur einer Woche illegal entsorgt, mitten in der Stadt auf öffentlichen Plätzen. Foto: Richter
Falls ich auf Journalismus mal keine Lust mehr habe, könnte ich mich beim AWZ bewerben, sagt Rainer und macht mich stolz. Ich habe mir gerade vorgenommen, noch ganz viel zu üben, als mich die Kollegen vom Häuschen aus rufen: Eine große Wildmüll-Lieferung ist eingetroffen.
Wildmüll an öffentlichen Straßen und Plätzen
Es ist Matthias Princk von den Städtischen Betrieben Buxtehude. Er hat 20 Kubikmeter geladen, ausschließlich Wildmüll, der in der Stadt eingesammelt wurde.
Nicht etwa in der Feldmark, sondern an öffentlichen Straßen und Plätzen.
Vor allem an Wertstoffcontainerplätzen wird viel abgestellt. „Wird das jetzt hier alles sortiert?“ frage ich. Die Kollegen Sandra und Nickels vom AWZ schütteln empört den Kopf. „Oh nein, das geht alles in den Restmüll und in die Verbrennung. Um das zu sortieren, haben wir wirklich nicht genug Personal“, sagt Sandra.

Matthias Princk von den Städtischen Betrieben Buxtehude hat die Ladeklappe geöffnet. Gleich wird er den Wildmüll einer Woche abkippen. Foto: Richter
Der Buxtehuder Wildmüll stinkt zum Himmel
Als ich der Ladung näher komme, merke ich, dass es noch einen anderen Grund zur Empörung gibt: Der Wildmüll stinkt zum Himmel.
Auf den ersten Blick liegen dort zwar nur Dinge wie ein Kühlschrank, ein kaputter Maschendrahtzaun, Plastikschrott, Pappen und alte Plane. Der widerliche Geruch dürfte aus den vielen schwarzen Tüten mit Restmüll stammen.
Wildmüll könnte ohne Probleme kostenlos entsorgt werden
Princk war zuletzt erst Donnerstag vor einer Woche mit einem vollen Lkw aus Buxtehude da. „Jetzt sind Ferien und viele Leute gerade weg. Sonst komme ich im Schnitt sogar zweimal die Woche“, erklärt er.
Dabei könnten mindestens die Hälfte der Sachen, die er gleich abkippen wird, sogar ohne Probleme kostenlos entsorgt werden: „Das sind vor allem Pappen.“ Doch bei vielen Menschen ist die Faulheit offenbar größer als die Sorge um eine saubere Stadt.
Ein desillusionierter Müllentsorger
An bestimmten Plätzen wird immer wieder Wildmüll abgestellt. Die Stadt Buxtehude hat deshalb kürzlich den Wertstoff-Containerplatz an der Schröderstraße aufgelöst. Hoffentlich landet der Müll dann nicht einfach im Graben. Viel Hoffnung habe er da nicht, entgegnet Matthias Princk.
Faulheit ist auch bei Grünabfall ein Thema: Immer wieder finden sich Plane, kleine Plastik-Pflanztöpfchen und andere unerwünschte Bestandteile wie behandeltes Holz darin. „Dabei ist ganz klar, dass nur hinein darf, was in deinem Garten gewachsen ist“, sagt Kerstin.
Recycling-Reportage
T Sommer-Serie: Wo der Abfall nicht einfach nur Müll ist
Also Grün- und Gehölzschnitt. Bitte kein Fallobst, weil es gärt und Wespen anzieht. Ein Kollege habe sich auf diese Weise einmal mehr als 10 Wespenstiche zugezogen und davon Atemnot bekommen.
Noch ein Dauerthema ist, dass Abfallregeln und Preise eigentlich längst bekannt sind und online nachgeschlagen werden können.
Trotzdem gibt es am Kassenhaus immer wieder Diskussionen. Manche Kunden werden sehr hässlich, wenn sie mit vollem Kofferraum weggeschickt werden. Das habe ich jetzt mehrfach erlebt. Doch dazu morgen mehr.
Richter im AWZ
T Auf Entdeckungstour zwischen Plastikschrott und verborgenen Schätzen
Serie: Richter im AWZ
Auch in diesem Sommer absolviert TAGEBLATT-Reporterin Anping Richter wieder eine Praktikumswoche an einem spannenden Ort. Die erste absolvierte sie 2022 im Kiosk Am Sande in Stade, heuerte danach auf der Elbfähre an und im vergangenen Jahr am Lühe-Anleger. Diesmal ist es eine Woche in Orange: Im Abfallwirtschaftszentrum Buxtehude-Ardestorf bekommt sie spannende Einblicke und berichtet täglich von ihren Erlebnissen.