TSocken mit Löchern, Sleeves am Bein: Was hinter diesen 7 Trends steckt
Wie bei Pelle Fick sorgt lange Sportunterwäsche unter anderem für ein optimiertes Körpergefühl. Foto: Joerg Struwe
Warum Profis im Landkreis Stade ihre Stutzen zerschneiden, kleine Schoner wählen oder lange Hosen tragen – und was Experten dazu sagen.
Landkreis. Im modernen Mannschaftssport geht es längst nicht mehr nur um Taktik und Technik – auch die Ausrüstung setzt Trends.
Von abgeschnittenen Stutzen über winzige Schienbeinschoner bis hin zu Kompressionsstrümpfen: Spielerinnen und Spieler greifen bewusst zu Accessoires.
Dahinter stecken praktische Gründe, modische Statements – und oft schlicht Kopfsache.
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1. Abgeschnittene Socken
Früher gab es im Fußball Stutzen ohne Sockenteil, bevor die Hersteller Modelle mit Strumpf anboten. Doch immer mehr Fußballer bevorzugen wieder die klassische Variante. Sie schneiden den Strumpf kurzerhand ab – zum Ärger der Zeugwarte – oder nutzen strumpflose Varianten der Ausrüster, wie Puma sie bei der SV Drochtersen/Assel anbietet.

Liam Giwah trägt am liebsten Stutzen ohne Strümpfe damit er eigene Socken anziehen kann, die mehr Grip liefern. Foto: Struwe (nomo)
Abwehrspieler Liam Giwah schwört auf diese Lösung, weil er dann eigene Grip-Socken tragen kann. „Ich rutsche weniger im Schuh und habe einen besseren Stand“, sagt er. Dass er dabei weiße Socken anzieht, statt welche in der Stutzenfarbe, hat neben dem Komfort auch eine modische Note. Schick.
2. Tief hängende Stutzen
Während Giwah die Stutzen bis zum Knie zieht, lässt Mitspieler Robin Kölle sie weit unter der Wade enden. Früher habe er sich über Thomas Müller lustig gemacht, sagt der 24-Jährige lachend. „Weil es so witzig aussah.“ Seit einem Jahr trägt er die Stutzen regelmäßig genauso.
Er habe relativ dicke Waden und fühlte sich durch die Stutzen eingeengt. In der tiefen Position „fühlen sich die Waden freier und besser durchblutet an“, sagt er.

Robin Kölle zeigt viel Bein, um seine Waden zu entlasten. Foto: Meyer
Physiotherapeutin Katja Sievers bestätigt: „Zu enge Stutzen können das Lymphsystem durchaus einschränken.“
Viele Jugendliche dürften Idolen wie Florian Wirtz und Jack Grealish jedoch auch nur optisch nachahmen.
3. Winzige Schienbeinschoner
Die Fußballer würden durch das freiliegende Schienbein jedoch das Verletzungsrisiko erhöhen, da der Schienbeinschoner nicht dort sitzt, wo er hingehört, so Sievers.
Dennoch gilt: Viele Spieler empfinden kleine Schoner als angenehmer. Manche übertreiben und schieben Taschentücher oder abgeschnittene Schuhsohlen in die Stutzen.

Toni Kroos mogelte sich mitunter offenbar sogar ohne Schienbeinschoner durch. Foto: Federico Gambarini/dpa
Marcel Baack, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses im NFV-Kreis Stade, beobachtet den Trend ebenfalls. „Anweisungen an die Schiedsrichter dazu gibt es aber nicht“, erklärt er.
Der Grund: Das Regelwerk ist vage. Es verlangt lediglich Schoner „aus geeignetem Material, das angemessenen Schutz bietet“ – ohne genauere Vorgaben. Was „geeignet“ und „angemessen“ ist, wird nicht erläutert.
4. Löcher in die Stutzen schneiden
Zerfetzte Stutzen sind längst kein Einzelfall: Profis wie Neymar oder Jude Bellingham laufen regelmäßig mit durchlöcherten Socken auf.
Der praktische Hintergrund: Moderne Stutzen aus Polyester oder Nylon schnüren die Waden eng ab. Viele Spieler reißen Löcher hinein, um Krämpfe und Durchblutungsprobleme zu vermeiden.

Manche Profis wie hier Bright Arrey-Mbi tragen löchrige Stutzen. Foto: Swen Pförtner/dpa
Es kommt zu einer subjektiven Entlastung, denn Studien gibt es noch nicht.
Sportwissenschaftler Prof. Dr. Veit Senner hält es sogar für einen Placebo-Effekt: „Am Ende schaut es halt cool aus für sie. Wenn man daran glaubt, hat es eine Wirkung, das hilft manchmal mehr als alles andere“, erklärt er gegenüber dem Portal Fupa.net.
5. Langärmlige Shirts unter dem Trikot
Wenn es kühler wird, tragen viele Fußballer lange Shirts unter ihren Trikots. Sie transportieren Schweiß von der Haut weg und halten diese sowie Muskeln warm. „Der Körper kühlt weniger aus“, sagt Sievers.
Temperaturerhalt und Schweißtransport sind auch Aspekte, warum manche Handballer in der Halle lange Oberteile tragen. Sie verbessern das Körpergefühl leicht und schützen die Haut, wie Bundesliga-Handballerin Isabell Dölle vom Buxtehuder SV weiß.

Isabelle Dölle spielte in der Vorbereitung langärmlig. Foto: Felix Schlikis/Lobeca.de
Sie trug ein langes Shirt in der Vorbereitung. „Ich hatte es auch an, um meine Haut vor Kratzern zu schützen. Ich habe in letzter Zeit relativ viele gesammelt und die sind manchmal schon recht tief und hinterlassen Narben.“
6. Lange Hose im Spiel
Wer in der warmen Halle eine lange Unterziehhose trägt, muss sich immer wieder Sprüche anhören. Man müsse nicht jeden Trend mitmachen, heißt es immer wieder. „Es wäre affig, wenn ich sie wegen des Aussehens tragen würde“, sagt Pelle Fick vom VfL Fredenbeck.
Fick hatte bei den vielen Stop-and-go-Bewegungen und Sprüngen immer wieder Probleme mit dem Schienbein. „Ich habe das Gefühl, dass es mit einem Kompressionsstrumpf angenehmer ist“, sagt er.

Laurenz Reiners hat in seinen Sleeve kleine Knieschoner integriert. Foto: Joerg Struwe
Die Hose übt leichten, gleichmäßigen Druck auf das Bein aus und dämpft dadurch Muskelschwingungen bei Sprints, Sprüngen und Richtungswechseln.
Ein gesunder Spieler benötige solche Accessoires aber nicht, um aktiv sein zu können, sagt Katja Sievers. Die größten Effekte würden im Kopf passieren. Das sei aber ein nicht zu unterschätzender Effekt. „Es nimmt die Angst, dass die Verletzung wiederkommt“, sagt sie.
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„Es ist daher völlig legitim, sie zu tragen“, sagt Sievers. Anders sei es, wenn gesunde Spieler Orthesen tragen, die die Bewegung hemmen und langfristig die Stabilität verschlechtern.
„Ich würde mich unwohl fühlen, wenn ich meinen Sleeve nicht tragen würde. Das ist natürlich auch Kopfsache“, gibt Fredenbecks Linksaußen Laurenz Reiners zu. Er trägt einen sogenannten Sleeve an seinem Bein. In diesen ist ein dünner Knieschoner integriert.
Der Linksaußen hatte wegen zahlreicher Stürze immer wieder kleinere Entzündungen im Knie. „Der Sleeve sitzt wie eine zweite Haut und ist nicht so unangenehm wie dicke Knieschoner“, sagt er.
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7. Kompressionsstrümpfe
Anika Hampel vom Buxtehuder SV setzt auf Kompressionsstrümpfe. „Früher haben sich meine Muskeln schnell verhärtet.“ Nach Rücksprache mit den Physios probierte sie die speziellen Socken aus. „Mit den Socken fühle ich mich deutlich besser“, sagt sie.
Bei langen Auswärtsfahrten sollen die Socken Spielern zudem helfen, schneller einsatzbereit zu sein und nach der Belastung bei der Regeneration unterstützen.

Anika Hampel und Johanna Andresen setzen auf Kompressionsstrümpfe. Foto: Jan Iso Jürgens
Studien zur Wirksamkeit sind uneinheitlich, ein Vorteil in der Regeneration gilt aber als gut belegt. Auffällig: Im Handball nutzen Frauen die Strümpfe häufiger als Männer.
Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Frauen in den verschiedenen Phasen ihres Menstruationszyklus mitunter ein gesteigertes Risiko für Band- und Muskelverletzungen haben. Kompressionsstrümpfe könnten helfen, den Hormonnachteil auszugleichen.
Sonderstatus im Basketball
Wer die Basketball-EM oder die NBA verfolgt, sieht viele Spieler, die unterschiedlichste Accessoires tragen: lange Unterziehhosen in den unterschiedlichsten Ausführungen, Sleeves an Armen und Beinen sind nur einige Beispiele.
Bei den Regionalliga-Basketballern des VfL Stade ist davon nichts zu sehen. Der Verband verbietet vieles per Richtlinie. Spieler dürfen lange Unterziehhosen nur mit medizinischer Verordnung tragen.

Francesc Iturria trägt am liebsten eine Erinnerung an die Nationalmannschaft. Foto: Struwe (Archiv, nomo)
Alle Spieler müssen dieselbe Sockenfarbe tragen. Kompressionsstrümpfe sind erlaubt. Auch die Farbe von Armsleeves muss einheitlich sein. Schweißbänder dürfen nur an Handgelenk, Unterarm oder Stirn getragen werden.

Anthony Edwards trägt sein Schweißband gerne am Schienbein. In der Regionalliga dürfte der NBA-Superstar das nicht. Foto: Abbie Parr/AP/dpa
Kleidung unter Trikot oder Hose ist nur erlaubt, sofern sie nicht sichtbar ist. Bei VfL-Spielmacher Francesc Iturria blitzt bei manchen Bewegungen eine rote Nike-Hose hervor. „Die habe ich damals bei der Nationalmannschaft bekommen“, so der Spanier über seine Lieblingshose.
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