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Unterwegs in Stade

TAuf Streife mit der Polizei an Silvester

Dienst in der Silvesternacht: Polizeikommissarin Süß und Polizeikommissar Kelm auf dem Balkon des Polizeigebäudes in der Teichstraße in Stade. Beide baten darum, für die TAGEBLATT-Reportage nicht von vorne abgelichtet zu werden.

Dienst in der Silvesternacht: Polizeikommissarin Süß und Polizeikommissar Kelm auf dem Balkon des Polizeigebäudes in der Teichstraße in Stade. Beide baten darum, für die TAGEBLATT-Reportage nicht von vorne abgelichtet zu werden. Foto: Dammer

Diese Nacht ist eine besondere: Während die Menschen in Stade das neue Jahr begrüßen, ist die Polizei im Dauereinsatz. Vor allem ein Einsatz ist für zwei Einsatzkräfte herausfordernd. Das TAGEBLATT war mit auf Streife.

Von Silvia Dammer Montag, 01.01.2024, 19:30 Uhr

Stade. 23.30 Uhr: Stille hängt über den fast menschenleeren Straßen der Stader Innenstadt, nur gelegentlich durchbrochen von vorzeitig gezündeten Feuerwerken. In der Polizeiinspektion in der Teichstraße herrscht Ruhe. Polizeioberkommissarin Heintsch und Polizeihauptkommissar Reske leiten heute den Innendienst. Noch können sie sich zurücklehnen, stets bereit, die Einsätze der Nacht zu steuern, während die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen bereits in ihren blau-gelben Einsatzwagen auf den Straßen nach dem Rechten sehen.

Anstoßen mit alkoholfreiem Sekt

Zehn Minuten vor Mitternacht kehren die ersten Polizistinnen und Polizisten in die Wache zurück. Eine fröhliche Aufregung breitet sich unter ihnen aus. Gemeinsam gönnen sie sich einen Moment der Ruhe auf dem Balkon im dritten Stock. Die Becher sind mit alkoholfreiem Sekt gefüllt - ein fröhliches Anstoßen auf Mut und Kameradschaft, begleitet von einer sehr guten Aussicht auf das bevorstehende Feuerwerk. Eine Pause, getragen von dem Bewusstsein, dass danach, wie Reske es treffend vorhersieht, der „Wahnsinn“ beginnt.

Der Lichtzirkus am Himmel hat kaum begonnen, da werden auch schon die ersten Wagen angefordert. Eine kurze Abstimmung, wer wohin fährt, und schon löst sich die Gemeinschaft auf.

Jeder Einsatz wird sogfältig dokumentiert. In der Silvesternacht war das eine Menge Schreibarbeit für Polizeioberkommissarin Heintsch.

Jeder Einsatz wird sogfältig dokumentiert. In der Silvesternacht war das eine Menge Schreibarbeit für Polizeioberkommissarin Heintsch. Foto: Dammer

Verbotene Schüsse aus der Schreckschusspistole

Polizeikommissarin Süß und Polizeikommissar Kelm navigieren ihren Einsatzwagen durch das festliche Chaos der Stader Straßen. Ihr Ziel: der Pferdemarkt. Für beide Polizisten ist es der erste Silvestereinsatz auf Streife. Am Pferdemarkt angekommen, empfängt sie ein Spektakel aus Licht und Lärm. Raketen schießen aus improvisierten Abschussvorrichtungen. Einige von ihnen fliegen quer über den Platz. Aus einer Menschengruppe heraus entlädt sich eine Salve an Feuerblitzen, vermutlich und verbotenerweise aus einer Schreckschusspistole, stellt Kelm fest.

Die Atmosphäre ändert sich abrupt, als die beiden Polizisten aus ihrem Wagen steigen. Ihre Präsenz bringt eine neue Dynamik ins Geschehen, der Puls des Platzes wird spürbar gedämpfter. Die Menschen ziehen sich in die Schatten der Häuser zurück. Die Beamten wollen mit demjenigen sprechen, der die Raketen in die Menge abgefeuert hat. Dazu kommt es nicht, die Gruppe löst sich schnell auf.

Anwesenheit der Polizei sorgt für Deeskalation

Wieder im Wagen merkt Kelm an, dass die bloße Anwesenheit der beiden Polizisten ausreichte, um für Ordnung zu sorgen. Diese Art von Deeskalation ist ihnen die liebste. Doch die Ruhe währt nicht lange: Mehrere Funksprüche durchbrechen die Stille: Schlägerei mit 20 Personen in Drochtersen. Schlägerei in einer anderen Stader Straße. Hausbrand im Altländer Viertel.

„Schlägereien, Betrunkene und Brände machen die meisten Einsätze zu Silvester aus“, sagt Kelm. Seine Kollegin fährt den Wagen sorgsam über den Platz, während er ihr die Route vorgibt. Geschickt und zügig steuert die junge Beamtin durch die Stader Innenstadt. Mit Nachdruck und gelegentlichem Einsatz des Martinshorns bahnt sich der Einsatzwagen den Weg.

Feindseligkeit gegenüber der Polizei nimmt zu

Die Herausforderung beginnt für die beiden Polizeikommissare vor einem Mehrfamilienhaus in der Graf-Siegfried-Straße. Hier stößt das Duo auf eine aufgebrachte Menschenmenge, inzwischen überwacht von zusätzlichen Streifen und der Hundestaffel. Beide Beamte mischen sich unter die Menschen, um zu schlichten. Es gibt ein Handgemenge zwischen einem Mann und einer Frau. Kinder schauen zu, ein bedrückendes Detail inmitten des Aufruhrs. Es braucht Geduld, diplomatisches Geschick und eine halbe Stunde, um die Gemüter so weit zu beruhigen, dass die streitende Gruppe sich zurück ins Haus begibt.

Zurück im Dienstwagen reflektiert Süß über die nächtlichen Auseinandersetzungen und bemängelt eine zunehmende Feindseligkeit gegenüber der Polizei. Der Funkspruch über den Brand im Altländer Viertel, bei dem die Feuerwehrleute von Böllern abgedrängt wurden und sich zurückziehen mussten, unterstreicht traurig den Wandel im Umgang mit Helfern.

Um 2.35 Uhr ein neuer Einsatz: Hausbrand in Dollern

Nach der Tour über Wiepenkathen geht es für die beiden Beamten zurück zur Wache. Polizeioberkommissarin Heintsch sitzt vor dem großen Tisch mit den Monitoren und notiert die bisherigen Einsätze in ein Logbuch. Nur kurz nach Mitternacht gab es für sie und ihre Kollegen ein paar Minuten, in denen sie gemeinsam essen konnten, was das Silvesterbüfett hergab. Jeder im Silvestereinsatz hatte dafür eine Leckerei mitgebracht. Die Einsatztabellen auf den Bildschirmen, kurz vor Mitternacht noch leer, sind mittlerweile gut gefüllt.

Es ist 2.35 Uhr. Jetzt haben die Beamten keine Zeit mehr für ein gemütliches Essen. Ein Hausbrand in Dollern wird gemeldet. „Vielleicht“, sagt PHK Reske, „wird es gegen fünf ein bisschen ruhiger“.

Polizeihauptkommissar Reske hat Innendienst und ist in dieser Nacht für die Koordination der Einsätze zuständig.

Polizeihauptkommissar Reske hat Innendienst und ist in dieser Nacht für die Koordination der Einsätze zuständig. Foto: Dammer

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