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Tischtennis

TTischtennis kämpft im Kreis Stade - So soll der Sport wieder wachsen

Michael Friebel richtet die Kamera auf einen jungen Spieler. Kurz danach betrachten sie den Bewegungsablauf auf dem Display.

Michael Friebel richtet die Kamera auf einen jungen Spieler. Kurz danach betrachten sie den Bewegungsablauf auf dem Display. Foto: Scholz

Tischtennis hat es schwer im Kreis Stade. Ein Buxtehuder hat nun einen einzigartigen Lehrgang ins Leben gerufen, um das zu ändern.

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Von Tim Scholz
Mittwoch, 10.12.2025, 17:50 Uhr

Buxtehude. „Und los!“, ruft Michael Friebel und richtet die Kamera des iPad auf einen jungen Spieler, der mit dem Tischtennisschläger ein paar Schattenschläge macht, ohne Ball und ohne Gegner. Kurz danach betrachten sie den Bewegungsablauf auf dem Display. „Du verlagerst das Gewicht nicht“, sagt Friebel. „Mit mehr Verlagerung hättest du mehr Rotation.“

Neben dem iPad liegt ein Ausdruck mit Fotos und Erklärungen. Es geht um den Vorhand-Konter, eigentlich ein Grundschlag im Tischtennis. Doch an diesem Tag beschäftigen sie sich in der Sporthalle der Grundschule Stieglitzweg in Buxtehude intensiv damit. Denn dahinter steckt ein Plan.

„Also haben wir den Lehrgang zu uns geholt“

Neun Tage lang lief in Buxtehude ein Lehrgang, den es so in Niedersachsen noch nicht gegeben hat. Die TTG Buxtehude hat ihn zusammen mit dem Tischtennis-Verband Niedersachsen (TTVN) organisiert, eine kompakte Trainerausbildung, die Starter- und C-Trainer-Lehrgang in einem Block bündelt.

TTG-Trainer Michael Friebel (rechts) hat den Lehrgang ins Leben gerufen - hier zusammen mit Merle Wiechern.

TTG-Trainer Michael Friebel (rechts) hat den Lehrgang ins Leben gerufen - hier zusammen mit Merle Wiechern. Foto: Scholz

Die Nachfrage war hoch, der Kurs nach anderthalb Monaten ausgebucht. 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus acht Vereinen haben sich angemeldet, allein acht von der TTG, weitere unter anderem aus Drochtersen, Himmelpforten und Stade. Normalerweise findet die Ausbildung in Hannover statt, doch viele scheinen den Aufwand zu scheuen. „Also haben wir den Lehrgang zu uns geholt“, sagt TTG-Trainer und -Jugendkoordinator Friebel, der die Idee dafür hatte.

Ist ein guter Spieler auch gleich ein guter Trainer?

In der Halle beschäftigen sich die Teilnehmer in mehreren Gruppen mit verschiedenen Schlagtechniken. Mal wird der Vorhand-Block erklärt, mal der Rückhand-Schupfball. Anschließend bitten die TTVN-Referenten Tim Dümeland und Michell Zimmermann die Gruppen, ihren jeweiligen Schlag zu präsentieren. Die anderen setzen das Gehörte danach am Tisch um.

„Viele können gut Tischtennis spielen, aber das heißt nicht, dass sie es auch gut erklären können“, sagt Zimmermann später. „Wichtig ist, dass die Trainer verstehen, wie man Technik vermittelt.“

TTVN-Referent Michell Zimmermann: „Wichtig ist, dass die Trainer verstehen, wie man Technik vermittelt.“

TTVN-Referent Michell Zimmermann: „Wichtig ist, dass die Trainer verstehen, wie man Technik vermittelt.“ Foto: Scholz

Der Kreis Stade zählt landesweit zu den eher schwächer aufgestellten Regionen, ist von den Referenten zu erfahren. Wenige Vereine, wenige Trainer, kaum Mädchen. Doch genau hier soll der Lehrgang ansetzen. Die Teilnehmer lernen, wie man Training strukturiert, Spielformen für Anfänger anbietet und Kinder für eine „komplexe Sportart“ begeistert, sagt Zimmermann. „Wenn zwei Anfänger am Tisch stehen, bekommen die nicht gleich einen Ballwechsel zustande“, anders als im Fußball.

„Wir müssen früher anfangen als der Fußball“, sagt Zimmermann. „Sonst sind die Kinder weg, bevor wir sie überhaupt erreichen.“

So sollen mehr Mädchen begeistert werden

Besonders wichtig ist ihnen, mehr Trainerinnen zu gewinnen. Zum Beispiel das neue TTVN-Programm „Coach4Girls“ soll Mädchen und Frauen ermutigen, Verantwortung zu übernehmen. „Mädchen sind im Tischtennis nicht schlechter als Jungs“, sagt Friebel, aber oft fehlten ihnen die Vorbilder.

Theorie und Praxis: Die Teilnehmer beschäftigen sich unter anderem mit verschiedenen Schlagtechniken.

Theorie und Praxis: Die Teilnehmer beschäftigen sich unter anderem mit verschiedenen Schlagtechniken. Foto: Scholz

Eine, die eines werden könnte, steht an diesem Tag ebenfalls am Tisch: Merle Wiechern, 30, Oberligaspielerin und Kinderphysiotherapeutin. Sie erinnert sich an ihre Anfänge bei der TTG Buxtehude: „Ich hatte viel Unterstützung, meine Eltern haben mich überall hingefahren. Aber gute Gegnerinnen gab es kaum.“ Wiechern kam schnell in die Leistungskader, dachte nie ans Aufhören, allein schon deshalb, um ihre Doppelpartnerin nicht hängenzulassen.

Trockenübungen an den Tischtennisplatten.

Trockenübungen an den Tischtennisplatten. Foto: Scholz

Die spielerische, praxisnahe Ausbildung im Lehrgang gefällt ihr. „Mein Training in der Jugend war nicht so spielerisch“, sagt sie. „Ich denke, dass man den Sport mit diesen Inhalten attraktiver machen kann.“ Mittlerweile ist sie selbst als Trainerin in Buxtehude eingestiegen.

Mehr Trainer, besseres Training, mehr Nachwuchs

Für Friebel, der sich seit Jahren bei der TTG engagiert, ist der Lehrgang ein Meilenstein. Drei Trainer gab es bislang in seinem Verein, acht kommen nun hinzu. „Das macht uns flexibler und entlastet alle“, sagt er.

Die Teilnehmer lernen, wie man Training strukturiert und Kinder für den Sport begeistert.

Die Teilnehmer lernen, wie man Training strukturiert und Kinder für den Sport begeistert. Foto: Scholz

Doch er denkt noch größer. Der gesamte Landkreis soll vom Lehrgang profitieren: mehr Trainer, besseres Training, mehr Nachwuchs und damit auch mehr Sichtbarkeit für Tischtennis. „Im Verein versuchen wir schon, auf vielen Kanälen Werbung zu machen, könnten aber noch aktiver werden“, sagt er und appelliert auch an die Stadt: „Wir brauchen eine weitere, jugendgerechtere Hallenzeit.“ Bei knapp 40 Jugendlichen sei eine Trainingseinheit am Freitag zu wenig.

Hohe Nachfrage: 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren beim Lehrgang in Buxtehude dabei.

Hohe Nachfrage: 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren beim Lehrgang in Buxtehude dabei. Foto: Scholz

Die weißen und orangefarbenen Bälle klackern, rollen in alle Richtungen über den Hallenboden. Michael Friebel sitzt auf einer Turnbank, beobachtet, wie sich die Gruppen mit den Schlagtechniken beschäftigen. „Tischtennis macht mir schon mein Leben lang große Freude“, sagt der 38-Jährige. „Und ich möchte diese Begeisterung weitergeben.“

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