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Müllentsorgung

T„Umweltschädlich“: Landkreis Stade will Biomüllbeutel verbieten

„Sie sind schwer kompostierbar und damit umweltschädlich“, sagt Abfallberaterin Sabine Kiehl über die sogenannten Biomüllbeutel. (Symbolbild)

„Sie sind schwer kompostierbar und damit umweltschädlich“, sagt Abfallberaterin Sabine Kiehl über die sogenannten Biomüllbeutel. (Symbolbild) Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Immer wieder monierten die Abfallberaterinnen im Kreis Stade Fremdstoff in den Biotonnen. Ärger gab es auch immer wieder um die sogenannten Biomüllbeutel - die seien „schwer kompostierbar und damit umweltschädlich“. Jetzt greift der Landkreis durch.

Von Redaktion Dienstag, 14.11.2023, 05:50 Uhr

Landkreis. Auch im Landkreis Stade werden die sogenannten Biomüllbeutel künftig verboten, wie der Landkreis in einer Pressemitteilung ankündigte. „Sie sind schwer kompostierbar und damit umweltschädlich“, erklärt Abfallberaterin Sabine Kiehl. „Zudem gibt es einfachere Möglichkeiten für eine saubere Entsorgung des Biomülls“, weiß die Expertin.

Der Ausschuss für Abfall- und Kreislaufwirtschaft hat sich bereits für eine entsprechende Satzungsänderung zum 1. Januar 2024 ausgesprochen, die finale Entscheidung fällt der Kreistag in seiner Dezember-Sitzung.

Beraterinnen: Biomüllbeutel sind „überflüssig“

„Biomüllbeutel sind kein Garant für eine gute Biomüllqualität“: Dieses Fazit zieht Abfallberaterin Sabine Kiehl nach zahlreichen Kontrollen von Biomülltonnen im gesamten Kreisgebiet. Auch in Haushalten, in denen die Beutel genutzt werden, landen häufig Restabfälle in der Biotonne. „Die verdrängen daher nicht die Plastiktüten und beugen auch Fehlwürfen nicht vor“, zieht die Fachfrau eine ernüchternde Bilanz.

Außerdem seien sie schlicht überflüssig: Papiertüten oder Zeitungspapier seien bessere Alternativen. „Werden die feuchten Bioabfälle ausreichend in Zeitungspapier gewickelt, bleibt die Biotonne sauber“, sagt Kiehl. „Fliegen und Maden bleiben fern – und das Material kann nicht am Tonnenrand festfrieren.“

So ist es richtig: Der Biomüll wird in Zeitungspapier eingewickelt in der Tonne entsorgt.

So ist es richtig: Der Biomüll wird in Zeitungspapier eingewickelt in der Tonne entsorgt. Foto: Abfallberatung Landkreis Stade

Studien hätten ergeben, dass die Biomüllbeutel eine längere Rottedauer als natürliche Bioabfälle benötigen. Sie seien – auch wenn die Werbeversprechen eine andere Erwartung wecken – nur schwer kompostierbar. „Zudem werden sie meist nicht vollständig abgebaut, so dass der fertige Kompost immer noch Biobeutelschnipsel enthalten kann“, heißt es. Das führe wiederum zu Vermarktungsproblemen im Bereich der Landwirtschaft oder des Garten- und Landschaftsbaus.

„Bioplastik“ bereits per Gesetz verboten

Moderne Anlagen sortieren die Fremdstoffe vor der Kompostierung heraus. Das heißt: Auch die Biobeutel werden heraussortiert und gemeinsam mit den Fehlwürfen in die Verbrennung gegeben. Das erhöht den Sortieraufwand und verursacht höhere Betriebs- und Personalkosten. Zudem fallen durch den höherer Fremdstoffanteil höhere Verbrennungskosten an. Mit der Fremdstoffabscheidung werden auch „relevante Mengen an Organik mit abgetrennt“. Diese stehen damit nicht mehr der stofflichen Verwertung zur Verfügung.

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Deshalb verbieten die meisten Landkreise und Abfallwirtschaftsbetriebe bereits die Verwendung der sogenannten kompostierbaren Biomüllbeutel. Übrigens: Die Entsorgung von sogenannten „Bioplastik-Verpackungen“ oder „bioabbaubaren Kunststoffe“ – sie finden zum Beispiel Verwendung bei Einkaufsbeuteln, Einweggeschirr, Kaffeekapseln und To-Go-Bechern – wurde bereits durch die Bundesregierung über die Bioabfallverordnung verboten.

Ernüchternde Ergebnisse bei Sichtkontrolle

In der jüngeren Vergangenheit hatten die Abfallberaterin bei den Sichtkontrollen des Biomülls den Einsatz der kompostierbaren Biomüllbeutel kritisiert. Wie berichtet, kontrollierte der Landkreis in regelmäßigen Abständen bei der Müllabfuhr in Sichtkontrollen den Müll - mit ernüchternden Ergebnissen: Nach über einem Jahr der Kontrollen und Aufklärungskampagne landen noch immer zu viele Fremdstoffe im Biomüll.

So zuletzt etwa bei der Kontrolle der Abfallberaterinnen in einer Siedlung mit Einfamilienhäusern in Kehdingen. Von den 133 überprüften Biotonnen seien 13 Prozent auffällig falsch befüllt gewesen. „Wieder waren extrem fehl befüllte Biotonnen bei der Sichtkontrolle dabei: Joghurtbecher, Fleischverpackungen, Plastikmülltüten. In einer Biotonne lagen oben auf Zeitungen und darunter diverse Plastikmülltüten mit Bioabfällen“, kritisieren die Abfallberaterinnen. „Das grenzt schon an Ignoranz.“

Biomüll: Im Kreis Stade drohen jetzt Bußgelder

Bislang wurden diese Tonnen mit einem mahnenden Hinweis des Amtes für Abfall und Kreislaufwirtschaft nicht geleert. Künftig seien auch Ordnungswidrigkeitsverfahren möglich, wie es die Abfallbewirtschaftungssatzung des Landkreises Stade vorsieht, kündigte der Landkreis ein härteres Durchgreifen an - und Strafen.

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In der Abfallbewirtschaftungssatzung heißt es dazu: „Wer andere Abfälle außer Bioabfälle und Grün- und Gehölzabfälle über den Bioabfallbehälter entsorgt, handelt gemäß § 25 Abs.1 Ziffer 3 der Satzung über die Abfallbewirtschaftung im Landkreis Stade (AbfS) ordnungswidrig. Dies gilt auch, wenn dies fahrlässig erfolgt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro geahndet werden.“

Was alles in die Biomülltonne, aber auch in die anderen Mülltonnen gehört, steht auf der Webseite des Amtes „Abfall und Kreislaufwirtschaft“. Die Abfall-App liefert ebenfalls umfangreiche Informationen rund um die Abfallentsorgung. Die App steht zum kostenlosen Download im App-Store von Apple und im Google-Play-Store bereit.

Umfrage: Müllgebühren werden mancherorts steigen

Wegen einer Klimaabgabe werden viele Haushalte im kommenden Jahr einer Umfrage zufolge höhere Abfallgebühren bezahlen müssen. Auf die Frage, ob es als Folge der Einbeziehung von Müllverbrennungsanlagen in den Emissionshandel zu einer Erhöhung kommen werde, antworteten 61 von 100 Vertreter kommunaler Firmen mit Ja, wie aus Unterlagen des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) hervorgeht. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Der Mittelwert der Erhöhung liegt bei 9 Prozent. Dieser Wert beruht aber nur auf 49 Antworten. Manche Firmen, die erhöhen wollen, machten keine konkreten Angaben. Zuvor hatte die „Wirtschaftswoche“ berichtet.

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Für einen vierköpfigen Haushalt, der eine 240 Liter große Restmüll-Tonne mit Leerung im Zwei-Wochen-Rhythmus hat, wären das im Schnitt 22 Euro mehr im Jahr. Dieser Mittelwert bezieht sich nur auf Müllabfuhren, die ihre Preise erhöhen wollen - die Betriebe, die das nicht tun wollen, sind hierbei nicht eingerechnet.

Höhere Personal-, Material- und Energiekosten spielen bei der Gebührenentwicklung auch eine Rolle. Ab 2024 werden Müllverbrennungsanlagen vom Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) erfasst, dann werden pro Tonne CO2 Abgaben fällig.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sieht die neue Regelung kritisch. „87 Prozent der fossilen CO2-Emissionen bei der Müllverbrennung stammen aus nicht recycelbaren und Verbundverpackungen“, sagte er. „Bezahlen aber sollen dafür allein die Bürger, die Industrie bleibt außen vor - das kann doch nicht gerecht sein.“ (bat/dpa/tip)

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