Biotonne oder Kompost – was ist besser?

Auf die Biotonne verzichten und einen Komposthaufen anlegen? Das klingt mit Blick auf die Müllgebühren verlockend. Und dem Garten hilft es auch, oder? Was die Experten sagen.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Wer einen Garten hat, kann seine Küchen- und Gartenabfälle selbst kompostieren. Und bekommt einiges dafür: Der reife Kompost kann dem Garten als Dünger dienen. Einmal im Jahr wird er auf den Beeten verteilt. Kann man nun also auf eine Biotonne verzichten, wenn am eigenen Wohnort keine Tonnenpflicht herrscht?
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) rät davon ab. Denn oftmals stehen die Menge an zu kompostierendem Material und daraus gewonnenem Kompost sowie die Größe des Gartens in keinem passenden Verhältnis zueinander. Man bekommt viel zu viel reifen Kompost - und überdüngt damit seinen Garten.
Daher empfehlen die Umweltexperten, eine Biotonne als Ergänzung zum Kompost. Man sollte nur so viel kompostieren, wie man tatsächlich für die Beete braucht - der Rest kommt in die Tonne.
So viel Kompost reicht dem Garten
Der Nabu verweist auf Berechnungen im Auftrag des Umweltbundesamts, wonach der Garten über mindestens 70 Quadratmeter Fläche pro Haushaltsmitglied verfügen sollte, auf denen selbstgemachter Kompost verteilt werden kann. Für einen Vier-Personen-Haushalt wären also mindestens 280 Quadratmetern Garten nötig.
Laut den Naturschützern schreiben manche Kommunen auch eine Mindestgröße des Gartens vor, um dort kompostieren zu dürfen. In der Regel seien dies zwischen 20 und 50 Quadratmeter.
Aber die Kosten für die Biotonne?
Das ist für manche Haushalte ein Argument. Aber der Nabu verweist darauf, dass die Bestellung der Biotonne bei vielen Kommunen nicht mit Mehrkosten verbunden ist. Und wer grundsätzlich Biomüll vom Restmüll trennt und sammelt, kann eine kleinere und damit günstigere schwarze Tonne für den üblichen Müll buchen.
Manche Städte und Kommunen bieten auch besondere Vergünstigungen für die Biotonne an. Zwei Beispiele: In Berlin spart man zwölf Prozent Müllgebühren, wenn man Biomüll abholen und die Hausmülltonne dadurch nur noch alle vier Wochen leeren lässt. Im Landkreis Mainz-Bingen kann man sich als Eigenkompostierer registrieren lassen und 20 Prozent Rabatt auf die Grundgebühr der Biotonne bekommen.
Es kann sich also lohnen, beim lokalen Entsorger nachzufragen, was er anbietet, wenn man als Ergänzung zum eigenen Kompost und der Restmülltonne eine Biotonne haben möchte. (dpa)
Ärger um falsch befüllte Biomülltonnen im Kreis Stade
Seit einem Jahr kontrolliert die Abfallberatung des Landkreises Stade den Biomüll in den Tonnen der Region. In 17 Wohngebieten im Landkreis waren die Abfallberaterinnen unterwegs – in den Hansestädten, aber auch in kleineren Gemeinden. Wer seine Tonne falsch befüllt hat, bekommt einen Hinweiszettel. In besonders krassen Fällen bleibt die Tonne stehen und wird nicht geleert. Es gibt kaum etwas, das die Abfallberaterinnen noch nicht in den Biotonnen gefunden haben, heißt es vom Landkreis. Oft würden darin scheinbar gedankenlos Verpackungen mitentsorgt.
Besonders problematisch seien biologisch nicht abbaubare Stoffe wie Plastik, Glas oder Metall. Rechtlich gesehen verstößt die fehlerhafte Abfalltrennung gegen die Abfallbewirtschaftungssatzung. Das bedeutet: Es kann auch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, wovon die Abfallwirtschaft derzeit noch keinen Gebrauch macht. Positiv fiel bei der jüngsten Kontrolle im Alten Land auf, dass sich in keiner Tonne mehr Kleintierstreu befand – dies muss aus seuchenhygienischen Gründen in den Restmüll, so Landkreis-Sprecher Daniel Beneke.
Viele Bürger im Landkreis entsorgen Biobeutel in Plastiktüte
Die Verwendung von sogenannten Biobeuteln solle eingestellt werden, heißt es von der Abfallberatung. Denn die Beutel benötigen eine längere Zeit zum Verrotten in der Kompostieranlage als die Bioabfälle und müssen als Fremdstoff aussortiert und entsorgt werden. Zudem zeigen Studien, dass geringste Mengen Mikroplastik in den Kompost eingetragen werden. Deshalb formulieren die Beraterinnen den Appell, die Beutel durch Zeitungspapier oder Papiertüten zu ersetzen. Wer auch auf diese Sammelhilfen verzichtet, handelt klimafreundlich, denn es werden Ressourcen durch weniger Abfälle geschont.
Hinzu kommt, dass die Abfallberaterinnen bei den zahlreichen Vor-Ort-Kontrollen festgestellt hätten, dass die kompostierbaren Biobeuten nicht zu einem besseren Trennverhalten beim Verbraucher führen. In vielen Fällen sind die vermeintlich umweltfreundlichen Beutel mit Restabfall gefüllt und auch noch in einer Papiertüte verpackt. Ihren ursprünglichen Sinn, eine Plastiktüte zu ersetzen, sei damit laut Abfallberaterinnen vollkommen verfehlt.
Immer noch viel Papier im Biomüll
„Biotonnen sind keine Papiertonnen“, weist Abfallberaterin Sabine Kiehl auf ein Missverständnis hin, das ihr auch nach einem Jahr Aufklärungsarbeit noch immer begegnet. „Zum Einwickeln von feuchten Küchenabfällen kann zwar Zeitungspapier verwendet werden, ansonsten haben aber Zeitungspapier, Prospekte, Brötchentüten, Pappverpackungen, Taschentücher und Co. nichts in der Biotonne zu suchen.“ Ebenso wie ein „Klassiker“, der immer wieder bei der Sichtkontrolle dabei ist: das Kartoffelnetz, das ebenfalls nicht in die Biotonne gehört. Ungenießbare Kartoffeln sollten ohne Netz entsorgt werden.
Auch haben vermeintlich umweltfreundliche, kompostierbare oder biologisch abbaubare Verpackungen, wie z. B. Joghurtbecher und Co., nichts in den Biotonnen zu suchen.
Wenn der Bioabfall auch weiterhin einen so hohen Anteil an Fremdstoffen enthält, führt das langfristig zu höheren Gebühren, mahnt der Landkreis. Denn ab 2025 haben Kompostieranlagenbetreiber das Recht, auffällig verschmutzte Bioabfalllieferungen abzulehnen – und dann muss der Bioabfall als Beseitigungsabfall verbrannt werden. Das ist vielfach teurer als die Kompostierung. Damit gehe das Fehlverhalten Einzelner dann zu Lasten aller. (dpa/st)

Auch Plastikunrat landet nicht selten in der Biotonne. Foto: AWMdpa