Video kursiert: E-Autos eine Gefahr fürs Herz?

Bei E-Autos treten elektrische und magnetische Felder auf – wie überall, wo Elektrizität genutzt wird. Foto: Jens Büttner/dpa
Die vermeintliche Nachricht verbreitet sich rasend schnell: Fahrer von Elektrowagen erleiden häufiger einen Herzinfarkt. Das Bundesamt für Strahlenschutz reagiert.
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E-Autos sollen in Deutschland die Zukunft sein, manche Autofahrer hegen hingegen nach wie vor Vorbehalte. In einem Video auf X wird behauptet, Fahrer von E-Autos würden überdurchschnittlich oft Herzinfarkte erleiden. Das stimme mit Berichten von Kardiologen überein. Stimmt das?
In dem Video wird ein Name eingeblendet: Sören Schumann. Auf seinem Instagram-Kanal hat er dieses Video bereits am 1. März 2024 veröffentlicht. In den Kommentaren verweist er auf eine Studie, die er in seinem Video als Quelle erwähnt. Diese Studie stammt von „Beyond Matter“, einer deutschen Firma, die verschiedene Produkte wie Einlegesohlen, Handychips und Kettenanhänger anbietet, die angeblich vor Elektrosmog schützen sollen.
Die Studie ist jedoch nicht wissenschaftlich fundiert. Es handelt sich um eine „nullkontrollierte Feldstudie“, also eine Studie ohne Kontrollgruppen. Zudem wurde die Studie in keiner gutachtergestützten Fachzeitschrift veröffentlicht, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) der dpa mitteilt. Es gebe keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Felder in E-Autos den Cortisolspiegel erhöhen oder Herzinfarkte verursachen, so eine Sprecherin des BfS.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie bestätigt dies. Den Experten sei keine Studie bekannt, die das angegebene Phänomen untersuchen geschweige denn belegen, teilte ein Sprecher gegenüber der dpa mit.
„Strahlung“ in E-Autos nicht gesundheitsschädlich
„Auch wenn umgangssprachlich von Strahlung gesprochen wird: Bei E-Autos treten elektrische und magnetische Felder auf – wie überall, wo Elektrizität genutzt wird,“ erklärt das BfS.
Das bestätigt auch Jürg Eberhard der dpa schriftlich. Eberhard forscht für die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM) in Zürich. Besonders relevant seien dabei die niederfrequenten Felder, wie sie bei Haushaltsgeräten vorkommen, und die hochfrequenten Felder, die durch Mobilfunk entstehen. Diese Felder finden sich sowohl in Elektroautos als auch in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. „Bisherige Untersuchungen zeigen, dass diese Felder bei Elektrofahrzeugen nicht systematisch höher liegen als bei konventionellen Fahrzeugen,“ betont Eberhard.
Und: Die Wirkung der Felder auf den Menschen und die Umwelt sind erforscht. „Solange sich die Immissionen auf die Passagiere unterhalb der international etablierten Grenzwertempfehlungen bewegen, ist nach heutigem Wissensstand mit keinen gesundheitlichen Schädigungen zu rechnen,“ erklärt Eberhard. Das bestätigt auch das Bundesamt für Strahlenschutz.
Autoindustrie „im Sturzflug“ - E-Autos als Ladenhüter
Die deutsche Autoindustrie kämpft mit schwachen Absatzzahlen insbesondere bei E-Autos und blickt nach Darstellung des Ifo-Instituts voller Sorge in die Zukunft. Volkswagen könnte nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges sein, befürchten Experten.
Der Absatz von neuen Autos ist im August im Vergleich zum Vorjahresmonat eingebrochen. Das liegt vor allem an der zuletzt schwachen Nachfrage nach reinen Elektroautos, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervorgeht. Aber auch bei fast allen weiteren Antriebsarten gingen die Zahlen teils deutlich zurück.
Dem KBA zufolge wurden im August rund 69 Prozent weniger Elektroautos neu zugelassen als im August des Vorjahres. Bei Autos mit Dieselmotoren lag das Minus bei 24,4 Prozent, bei Autos mit Benzinmotoren bei 7,4 Prozent. Über alle Antriebsarten hinweg liegt das Minus bei der Zahl der Neuzulassungen bei 27,8 Prozent.
Beim KBA in Flensburg hieß es, der aktuelle Einbruch auf dem deutschen Neuwagenmarkt sei auch auf Sondereffekte aus dem Vorjahr zurückzuführen. Dennoch bleibt festzuhalten: Die Situation auf Neuwagenmarkt ist äußerst angespannt“, sagte Constantin Gall von der Beratung EY zu den Zahlen. „Von einer nachhaltigen Erholung sind wir weit entfernt, die Lücke zum Vorkrisenniveau bleibt sehr groß.“ Im bisherigen Jahresverlauf wurden in Deutschland fast 590.000 Neuwagen weniger verkauft als im Vergleichszeitraum 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Angesichts der wenigen Elektroauto-Neuzulassungen wies EY darauf hin, dass im August 2023 ungewöhnlich viele solcher Fahrzeuge zugelassen wurden. Damals hätten Last-Minute-Käufe gewerblicher Kunden noch die Elektro-Neuzulassungen in die Höhe getrieben – vor dem Auslaufen der staatlichen Förderung für Unternehmen zum 1. September 2023. (dpa)