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Handball-Bundesliga

TVom BSV zum BSV: Der brisante Fall Charlotte Kähr

Charlotte Kähr trifft in den Play-downs auf ihren zukünftigen Verein.

Charlotte Kähr trifft in den Play-downs auf ihren zukünftigen Verein. Foto: Jan Iso Jürgens

Noch Buxtehude, bald Zwickau: Die Schweizer Nationalspielerin Charlotte Kähr trifft im Abstiegskampf auf ihren zukünftigen Verein. Ein Wechsel, der Fragen aufwirft.

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Von Tim Scholz
Montag, 21.04.2025, 19:54 Uhr

Buxtehude. „Grüezi in Zwickau, Charlotte Kähr!“, postete der Ballsportverein (BSV) Sachsen Zwickau vor knapp zwei Wochen in den sozialen Netzwerken. Die Schweizer Nationalspielerin wechselt im Sommer nach Sachsen. Ein brisantes Detail wurde allerdings nicht erwähnt: Kähr spielt beim aktuellen Play-down-Gegner Buxtehuder SV.

Nach dem ersten Spiel am Samstag steht Kähr in den Katakomben der Halle Nord und ärgert sich über die Abwehrleistung ihrer Mannschaft. „Wir waren von Anfang an nicht aggressiv genug“, sagt Kähr, die im Innenblock deckte.

Sie hatte wie ihre Mitspielerinnen Probleme mit dem körperlich starken Zwickauer Angriff, und das, obwohl die Sachsen so spielten, wie man es von ihnen erwartet hatte. „Wir haben es einfach nicht hinbekommen“, sagt Kähr.

Kähr konzentriert sich auf den BSV

Buxtehude verlor mit 29:32 und kann entweder mit einem Sieg am Samstag in Zwickau ein drittes und entscheidendes Spiel am 3. Mai in eigener Halle erzwingen. Oder es geht bei einer weiteren Niederlage in die Play-down-Finalserie gegen Neckarsulm oder Leverkusen, in der der Absteiger ermittelt wird. „Wir müssen jetzt zeigen, dass wir mit dieser Drucksituation umgehen können“, sagt Kähr.

Kähr erzielte drei Tore gegen Zwickau.

Kähr erzielte drei Tore gegen Zwickau. Foto: Jan Iso Jürgens

Dass es ausgerechnet gegen ihren zukünftigen Verein um den Klassenerhalt geht, ist für die 23-Jährige kein Thema. „Ich bin noch bis zum Saisonende in Buxtehude und werde alles geben“, sagt sie. Kähr geht davon aus, dass beide Vereine erstklassig bleiben. „Ich habe keine Angst, in der zweiten Liga spielen zu müssen.“

Keine Lust auf ständige Fragen nach ihrer Zukunft

Aber wäre es nicht sinnvoller gewesen, den Wechsel erst nach den Duellen mit Zwickau bekannt zu geben? „Es war eine schwere Entscheidung“, sagt Kähr.

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Bereits im Februar wurde bekannt, dass ihr Vertrag nicht verlängert wird, einen neuen Verein hatte sie zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. „Seitdem wurde ich täglich von allen Seiten gefragt, wie es bei mir weitergeht“, sagt Kähr. Seit der Bekanntgabe ist damit Schluss.

Kähr bestreitet derzeit ihre letzten Spiele für den Buxtehuder SV.

Kähr bestreitet derzeit ihre letzten Spiele für den Buxtehuder SV. Foto: Jan Iso Jürgens

Kähr ist eine Sportlerin, die schon früh buchstäblich nach oben wollte. Im U12-Alter wurde sie Schweizer Meisterin im Klettern. Erst mit 13 Jahren begann sie mit dem Handball, war als Shooterin gefürchtet und träumte vom Ausland und der Champions League.

2021 wechselte Kähr als frischgebackene Schweizer Meisterin, Pokalsiegerin und wertvollste Spielerin der Saison zum Buxtehuder SV und war die erste Schweizer Nationalspielerin der Vereinsgeschichte.

Warum der Vertrag nicht verlängert wurde

Kähr entwickelte sich zu einer festen Größe. Vorne fiel sie durch ihre Wurfgewalt auf, hinten packte sie im Abwehrzentrum zu. Doch in dieser Saison ist von ihren Qualitäten vor allem im Angriff bisher wenig zu sehen. Im Schnitt erzielte die Halblinke nur 2,4 Tore pro Spiel. „Sie hatte Phasen, mit denen sie nicht zufrieden sein kann“, sagt Trainer Dirk Leun.

BSV-Trainer Dirk Leun.

BSV-Trainer Dirk Leun. Foto: Jan Iso Jürgens

Das sieht auch Kähr so. „Ich hatte drei schöne Jahre, aber in diesem Jahr hat nicht mehr so viel zusammengepasst“, sagt sie. Ob sie in Buxtehude nicht mehr glücklich ist? „Eins führt zum anderen: Wenn man sich sportlich nicht mehr so gut fühlt, ist man auch im Leben nicht mehr ganz so glücklich“, sagt Kähr. Es war Zeit für eine Veränderung, das haben Spielerin und Verein erkannt.

Schweizerin spielt wieder befreiter

Doch seit das Ende ihrer Zeit in Buxtehude bekannt ist, läuft es wieder besser. „Ich denke, es ist normal, dass der Druck dann abfällt“, sagt sie. Schon vor wenigen Wochen im Hauptrundenspiel gegen Zwickau gehörte sie zu den stärksten Spielerinnen. „Sie performt wieder besser, ist selbstbewusster“, sagte Leun.

Der Zwickauer Trainer Norman Rentsch.

Der Zwickauer Trainer Norman Rentsch. Foto: Jan Iso Jürgens

In Zwickau freut sich Trainer Norman Rentsch nun über eine „absolute Verstärkung“ und hebt ihre Qualitäten hervor. „Mit ihrem Ehrgeiz und ihrer authentischen Persönlichkeit wird sie unsere Mannschaft und damit unseren Verein weiter voranbringen“, so Rentsch. Kähr freut sich auf neuen Input.

Kähr erlebt historischen Moment

Zudem hat sie bereits die Weltmeisterschaft ab Ende November in Deutschland und den Niederlanden im Blick. In der Länderspielpause haben sich die Schweizer Frauen erstmals für die Endrunde qualifiziert.

Kähr (60 Länderspiele, 62 Tore) ist zwar Stammkraft, kam zuletzt aber nicht mehr so oft zum Einsatz. Bei den beiden souveränen Siegen in den WM-Play-offs gegen die Slowakei erzielte sie drei Treffer. „Wenn man sich schon mal für eine WM qualifiziert hat, möchte man auch dabei sein“, sagt sie.

Ab Sommer will sich Charlotte Kähr dann in Zwickau für das Turnier empfehlen.

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