TWarum aus den ersten Wölfen rasch viele wurden – Bürgerprotest angekündigt

Ein Rüde, festgehalten von einer Wildkamera im Aschhorner Moor. In Drochtersen und Oldendorf gibt es bestätigte Wolfsfamilien im Landkreis Stade. (Archivbild) Foto: Jägerschaft
Die Überlebenswahrscheinlichkeit der Tiere war hierzulande lange so gut wie nirgends sonst auf der Welt, haben Forscher errechnet. Doch das wird nicht so bleiben. Diese Woche brennen Feuer.
Landkreis/Berlin. Seit die ersten Wölfe vor gut 20 Jahren nach Deutschland einwanderten, hat sich die Art stark verbreitet - aus einem ganz bestimmten Grund, wie eine Studie zeigt. „Die Überlebensraten der deutschen Wolfspopulation waren im Vergleich zu anderen Regionen sehr hoch, sie gehörten sogar zu den höchsten weltweit“, sagte Stephanie Kramer-Schadt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in Berlin. Grund sei vor allem die Vielzahl gut geeigneter Lebensräume gewesen. „Auch der strenge gesetzliche Schutz hat dazu beigetragen.“
Die jährliche Überlebenswahrscheinlichkeit lag bei jungen Wölfen in den zwei Jahrzehnten der Wiederbesiedlung im Mittel bei 75 Prozent, bei erwachsenen Tieren waren es sogar 88 Prozent, wie die in der Fachzeitschrift „Wildlife Biology“ präsentierte Studie ergab. Damit sei sie so hoch wie nirgends sonst auf der Welt gewesen, hieß es vom Leibniz-IZW. Ausgewertet wurden Langzeitdaten der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) in Görlitz.
Deutschland bietet super Reviere
Die höchsten erfassten Überlebensraten für erwachsene Tiere in anderen nicht bejagten Populationen hätten nach vorangegangenen Analysen bei 78 Prozent in den USA und 82 Prozent in alpinen Regionen Europas gelegen.
Ewig weitergehen werde die Entwicklung in Deutschland nicht: Sobald die Tragfähigkeit eines Gebietes erreicht sei, sei jeweils mit einem Absinken der Überlebensrate dort zu rechnen. Noch handle es sich beim Bestand insgesamt um einen sich ausbreitenden. „Wenn die optimalen Lebensräume besetzt sind, wird sich das Wachstum der Population abbremsen“, sagte Kramer-Schadt.
Große Gefahr: der Straßenverkehr
Geeignet sind den Forschenden zufolge vor allem Landstriche, die ausreichend Deckung – beispielsweise durch Wald – und Rückzugsräume bieten, die möglichst weit von Straßen entfernt sind. Immer wieder werden gerade unerfahrene junge Wölfe von Autos überfahren.
Im Mittel wurden Wölfe in Deutschland den Ergebnissen zufolge in den vergangenen Jahren etwa drei Jahre alt. Das höchste nachgewiesene Alter lag bei fast 13 Jahren. Die Zahl der Nachkommen pro Wurf habe im Schnitt bei vier gelegen.
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Schäfer kündigen Mahnwachen gegen Wolfspolitik an
Mit Mahnwachen unter anderem vor dem Landtag in Hannover wollen Weidetierhalter ihren Protest gegen die aktuelle Wolfspolitik und gegen unzureichende Herdenschutzmaßnahmen ausdrücken. Von Mittwoch bis Freitag dieser Woche werde jeweils von 13 bis 16 Uhr demonstriert, teilte der Förderverein der Deutschen Schafhaltung mit.
Besorgt sind die Landwirte nach einem Vorfall zum Wochenanfang, als vermutlich ein Wolf eine Schafsherde nachts in der Nähe von Scheppau im Landkreis Helmstedt angriff. Dabei seien etwa 22 Tiere verendet oder mussten wegen ihrer schweren Verletzungen getötet werden. Die große Herde soll sich bei dem Angriff in Panik in nahegelegene Wälder und sogar auf Straßen verstreut haben.
„Die Helfer mussten die Schafe und Jungtiere mühsam suchen und einsammeln. Trotz dieser alarmierenden Vorfälle bleiben die dringenden Rufe nach einem aktiven Bestandsmanagement der Wölfe unerhört“, hieß es in der Mitteilung.
Großes Mahnfeuer im Hadelner Land angemeldet
Der Förderverein kritisiert zudem die unzureichenden Unterstützungsmaßnahmen für Weidetierhalter und die gestaffelten Kürzungen der Förderrichtlinien. Ein besonderer Kritikpunkt ist die finanzielle Belastung durch den Herdenschutz, die die Förderung des Landes bei weitem übersteige.
Im Land Hadeln im Kreis Cuxhaven ist für Donnerstag (7. November) ein Mahnfeuer als Bürgerprotest von 19.30 Uhr auf dem Turnierplatz Wingst-Dobrock angemeldet. Die Initiatoren sind das Landvolk Niedersachsen, Kreisbauernverband Land Hadel sowie der Hannoveraner Pferdezuchtverein Land Hadeln. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger des ländlichen Raumes hätten Ängste geäußert. Die Veranstalter appellieren an alle, Teil dieses Mahnfeuers zu sein.
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Gnadenlose Verfolgung und Lebensraumzerstörung durch den Menschen hatten in Westeuropa Mitte des 19. Jahrhunderts zur Ausrottung des Eurasischen Wolfs (Canis lupus lupus) geführt. In Deutschland galt er mehr als 100 Jahre lang als ausgestorben. Von Polen kommend wanderten schließlich wieder erste Tiere ein.
In Niedersachsen leben laut der für das Wolfsmonitoring zuständigen Landesjägerschaft seit 2011/2012 wieder dauerhaft Wölfe. Aktuell können 55 Rudel nachgewiesen werden. Der Abschuss von problematischen Tieren ist nur unter strengen Auflagen erlaubt.
Vertreter der EU-Staaten hatten im September mit der Stimme Deutschlands für einen Senkung des Schutzstatus des Wolfes gestimmt - von streng geschützt auf geschützt. Damit wurde der Weg für ein Verfahren frei gemacht, um den Bestand der Wölfe regulieren zu können. (dpa)