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24-Stunden-Reportage

TWenn die Stadt noch schläft: Frühmorgens auf dem Stader Bahnhof

Jeden Morgen um 5.16 fährt die S-Bahn von Stade nach Hamburg.

Jeden Morgen um 5.16 fährt die S-Bahn von Stade nach Hamburg. Foto: Felsch

Zehntausende Menschen aus dem Landkreis Stade fahren jeden Tag mit der Bahn zur Arbeit - um diese Zeit aber nur die wenigsten. Eine Fredenbeckerin liebt dagegen das frühe Aufstehen.

Von Franziska Felsch Samstag, 12.07.2025, 18:40 Uhr

Stade. Erst mal eine rauchen, so viel Zeit muss sein - auch wenn die S-Bahn schon wartet. Es ist kurz nach 5 Uhr auf dem Stader Bahnhof, und Thorsten Höft will zur Arbeit.

Die Sonne lässt sich an diesem Freitagmorgen schon vorsichtig blicken, der leichte Nebel verzieht sich nach und nach. Es ist noch etwas frisch, das Thermometer zeigt 11 Grad an. Aber es soll sommerlich warm werden heute.

Ein paar Vögel zwitschern, sonst herrscht Stille, und Höft fährt wie jeden Werktag mit der Bahn um 5.16 Uhr nach Finkenwerder. Seine Schicht beginnt immer um 7 Uhr. Das bedeutet: Um 3 Uhr klingelt der Wecker.

Das frühe Aufstehen fällt dem 47-Jährigen nicht schwer, selbst nicht im Winter, wenn es draußen kalt und dunkel ist. „Das ist Routine, da gewöhnt man sich dran. Und am Wochenende kann ich ja ausschlafen“, sagt Höft, der zwar bereitwillig seinen Namen nennt, aber nicht fotografiert werden möchte.

Mit Bus, Bahn und Roller von Drochtersen bis nach Finkenwerder

Früher sei er mit zwei Kollegen mit dem Auto gefahren, berichtet der Lagerarbeiter. Da musste er erst gegen 5 Uhr los. Seit er auf die öffentlichen Verkehrsmittel umgestiegen ist, dauert die Anfahrt länger. Zumal immer mal wieder Züge ausfallen - das muss Höft einkalkulieren, will er nicht zu spät zur Arbeit kommen.

Sein Anfahrtsweg ist beachtlich: Von Drochtersen geht es mit dem Bus nach Stade, weiter mit der S5 bis Neugraben und von dort wieder mit Bus und E-Scooter bis zum Werk. Das ganze Prozedere um 16 Uhr, wenn Höft Feierabend hat, noch einmal in umgekehrter Richtung.

Die S5 in Richtung Hamburg füllt sich allmählich. Einige Fahrgäste packen ihre Thermoskanne aus, setzen die Kopfhörer auf, vertiefen sich in ihr Handy oder dösen noch ein bisschen.

Höft drückt auf den Knopf an der Tür, die sich zischend öffnet und steigt ein. Er ist nicht der Letzte. Etliche kommen angerannt, die Treppe im Laufschritt nehmend, und wollen die Bahn noch erwischen, denn die nächste kommt erst in 20 Minuten. Buchstäblich auf den letzten Drücker springen drei junge Männer rein. Einer von ihnen hat einen Coffee to go in der einen Hand, in der anderen eine große Tasche.

Die S-Bahn fährt los, auf dem Bahnsteig ist es jetzt leer. Bis auf einen Mann, der auf der Bank Platz genommen hat und auf den aus Cuxhaven kommenden Zug von Start Unterelbe wartet. Der Mann heißt Elcides Mendes und lebt erst seit einer Woche in Stade.

Zweimal die Woche von Stade nach Bergedorf

Obwohl sein Job auf der anderen Elbseite ist, zog es den 45-Jährigen an die Schwinge. „Weil es ruhiger ist als in der Großstadt. Dafür nehme ich die längere Fahrtzeit gern in Kauf“, sagt der Logistiker, dessen Arbeitsbeginn eigentlich erst um 13 Uhr ist. Aber da er seine Tochter, die in Bergedorf wohnt, zur Schule begleiten will, fährt er von jetzt an zweimal die Woche in aller Herrgottsfrühe nach Hamburg.

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„Das ist okay für mich. Ich hoffe nur, dass die Öffis nicht so oft ausfallen. Aber eigentlich bin ich mit der Verbindung ganz zufrieden“, sagt Elcides Mendes. Womöglich hat er noch nie etwas von der Unzuverlässigkeit der Bahnen aus dem Kreis Stade nach Hamburg gehört. Das wird sich ändern.

Die Regionalbahn hält und jede Menge Reisende steigen aus. Stade ist die Stadt der Einpendler und im Landkreis Stade die einzige Kommune, in die mehr Menschen zur Arbeit rein- als zum Job rausfahren. Nicht zuletzt die beiden großen Arbeitgeber Elbe Kliniken und Kreisverwaltung sind dafür verantwortlich.

Jessica Spät (links) und Sabina Redepenning verkaufen ab 5 Uhr Backwaren und Kaffeespezialitäten.

Jessica Spät (links) und Sabina Redepenning verkaufen ab 5 Uhr Backwaren und Kaffeespezialitäten. Foto: Felsch

Wer nicht sofort weiter muss, kehrt womöglich in die Filiale der Bäckerei von Allwörden im Bahnhofsgebäude ein. „Offiziell öffnen wir erst um 5 Uhr. Aber wenn wir sehen, dass Kunden vorher vor der Tür stehen, gibt es auch schon was“, sagt Sabina Redepenning.

Die 37-Jährige ist Betriebsleiterin bei von Allwörden und betreut 15 Filialen. Heute hat sie die Kollegen im Stader Bahnhof besucht, die seit 3.30 Uhr im Laden sind, um alles vorzubereiten. Brötchen backen und frisch belegen, den gelieferten Kuchen und das Brot einsortieren, Kaffee kochen - alles Routine. Seit fast zehn Jahren gibt es die Filiale im Stader Bahnhof, und sie wird laut dem Unternehmen gut angenommen.

Früh aufstehen? „Dann hat man noch was vom Tag“

„Die meisten unserer Kunden kaufen morgens was zum Mitnehmen: Kaffee, Cappuccino oder Latte macchiato, ein belegtes Brötchen oder Laugengebäck“, weiß Jessica Spät. Anders als ihr Name vermuten lässt, gehört die junge Mitarbeiterin zu den Frühaufstehern. „Dann hat man noch was vom Tag. Gerade im Sommer kann man den Nachmittag gut für sich nutzen“, sagt die 27-Jährige aus Fredenbeck, die bei von Allwörden ihre Ausbildung gemacht hat und gern die Frühschichten übernimmt.

Gleis 1 am Stader Bahnhof. Von hier fahren die Start-Züge bis nach Cuxhaven.

Gleis 1 am Stader Bahnhof. Von hier fahren die Start-Züge bis nach Cuxhaven. Foto: Felsch

Nach und nach füllt sich der Stader Bahnhof. An Gleis 1 steigen ein paar Fahrgäste mit Koffern in den Start-Zug. Weil heute ein Freitag ist, liegt die Vermutung nahe, es könnten Wochenendurlauber sein, die an die Nordsee fahren wollen. Sie dürften sich dafür die richtigen Tage ausgesucht haben, es soll ja sommerlich warm werden.

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Die Bäckerei von Allwörden öffnet um 5 Uhr.

Die Bäckerei von Allwörden öffnet um 5 Uhr. Foto: Felsch

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