TWieder eine Wolfsattacke: 15 tote Schafe in der Barger Heide bei Stade

Drei tote Moorschnucken der Herde in der Barger Heide. Foto: privat
Der Besitzer spricht von einem Massaker: Von einer Herde in Stade mit ursprünglich 20 Tieren blieben nur zwei nach dem Angriff unverletzt. Er passt in die Jahreszeit.
Stade. Die Kontrolle der kleinen Schafsherde in der Barger Heide in Stade war eigentlich engmaschig. Unter den Tieren befand sich ein Lamm, das noch mit der Milchflasche zugefüttert wurde. Kurz bevor der Sohn der Tierhalter aus Stade-Hagen am Dienstagmorgen wieder zum Füttern losfahren wollte, kam der Anruf. Ein Spaziergänger hatte ein totes Schaf auf der kleinen, umzäunten Koppel gesehen.
Typisch Wolf: Viele Schafe mit Kehlbiss getötet
Die Begehung brachte die Erkenntnis, dass ein oder mehrere Wölfe die 20-köpfige Herde fast ausgelöscht haben. „Wir haben nur zwei unverletzte Tiere gefunden“, sagt der Tierhalter der Schafe. 13 seien schon tot gewesen, zwei davon in einem kleinen Gewässer offenbar auf der Wiese ertrunken. Viele Tiere wiesen einen Kehlbiss auf.
Landkreis Stade
T Wolfsangriff von Hagenah: So unsachlich wird das Thema diskutiert
Ein Kehlbiss ist eine durch einen großen Raubtierangriff verursachte Verletzung im Kehlbereich eines Beutetiers, oft typisch für Wölfe, die das Tier damit töten. Zwei schwerverletzte Tiere mussten von einem Tierarzt eingeschläfert werden. Zwei andere wurden behandelt. Ein Tier wird vermisst.
Tierhalter vermutet mehrere Wölfe als Verursacher
„Bei so viel Fleisch, das gefressen wurde, müssen es zwei oder drei Wölfe gewesen sein“, vermutet der Besitzer. Ein Kadaver wurde außerhalb der Umzäunung gefunden. Ein Rissgutachter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) war nach der Meldung schnell vor Ort und bestätigte den Wolf als Verursacher.

Von dieser Moorschnucke ist nach dem Wolfsriss in Stade nicht viel übrig geblieben. Foto: privat
„Es gab einen guten Zaun. Den Wölfen ist es aber gelungen, unter ihm hindurch zu kommen“, sagt ein LWK-Sprecher gegenüber dem TAGEBLATT. Grundsätzlich ist jeder Tierhalter verpflichtet, seine Tiere wirksam vor Schaden zu schützen.
Die Raubtiere graben sich unter dem Zaun durch
„Die Wölfe haben an drei Stellen versucht, sich durchzugraben. An einer Stelle haben sie es geschafft“, schildert der Schafshalter die Lage aus seiner Wahrnehmung. Durch das Untergraben stuft die LWK den Grundschutz der Herde als nicht gewährleistet ein.
Damit bekommt der Halter keine Entschädigung. Der betroffene Halter kennt aus der Praxis die Situation, dass mal ein Tier getötet wird. Das ist ihm auf einer anderen Wiese schon einmal passiert. „Aber das, was hier geschehen ist, war ein Massaker.“

Wölfe haben eine Schafsherde in der Barger Heide fast ausgelöscht. Foto: privat
Im Spätsommer steigt die Zahl der Wolfsangriffe auf Nutztiere meistens. Die im März oder April geborenen Wolfswelpen haben einen größeren Nahrungsbedarf. Der Wildtier-Nachwuchs - vorrangig Beute der Wölfe - ist inzwischen aber groß und schnell, so dass er keine leichte Beute für den Wolf mehr ist.
Hetze im Internet: Tierhalter bleibt anonym
Der Name des Tierhalters ist dem TAGEBLATT bekannt. Er will aber anomyn bleiben. In der Vergangenheit gab es in den sozialen Netzwerken und durch sogenannte Wolfsschützer Hetzkampagnen gegen die Betroffenen. Zudem ist dieser Personenkreis zuletzt auch vor Ort aufgetaucht und hat die betroffenen Landwirte dadurch verunsichert. Das ist wie berichtet beim Wolfsangriff in Hagenah auf ein Rind so passiert.
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Bei den Tieren der Stader Schafsherde handelte es sich um weiße hornlose Heidschnucken, auch Moorschnucke genannt. Die Tiere stehen auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) für bedrohte Arten. Es ist eine kleine und besonders leichte Schafrasse. Sie wird gerne auf Naturschutzflächen eingesetzt. Fleischschafrassen verdrängen die Moorschnucken aber, weil sie wirtschaftlicher sind.
Nur in Gräpel wurden mehr Schafe getötet
Aus Sicht der Menschen ist die Nähe der Koppel zu der Wohnbebauung in Stade beunruhigend und neu. Die Stader Ortschaft Groß Thun und die neuen Wohngebiete in Riensförde liegen in unmittelbarer Nähe zur Barger Heide.
Der Angriff ist der zweitgrößte Vorfall dieser Art im Landkreis Stade seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland. Im September 2023 hatten Wölfe 55 Schafe bei Gräpel getötet. Diese Wolfsattacke löste damals eine bundesweite Diskussion um den Umgang mit dem Raubtier aus. Beendet ist die Debatte bis heute nicht.

Drei tote Moorschnucken der Herde in der Barger Heide. Foto: privat
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